David Kuhn von Burgsdorff ist Deutschlands neuestes Big-Wave- Phänomen. Der in Südafrika lebende Wiesbadener hat sich als Lieblings-Spot die haiverseuchten Gewässer von Dungeons rausgesucht. Bisher galt er dort nur als der „German dude“ im Line-up, doch wir wären nicht SURFERS, wenn wir nicht auch solch unentdeckten Talenten zu einen Namen verhelfen würden. Aufgepasst, Leute, hier kommt David Kuhn von und zu Big Wave!
Hallo David, wie geht’s dir!? Was hast du vor diesem Interview als Letztes gemacht?
DK: Na, es geht so. Ich habe leider vor einigen Tagen bei einem Wipeout mein Brett an den Kehlkopf geschmettert bekommen und mir eine Blutung in den Stimmbändern zugezogen. Ich konnte drei Tage nicht reden und nichts essen, aber jetzt geht’s langsam wieder besser! Shit happens.
Aua! Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich das erste Mal über Alan, unseren Fotografen, von dir gehört. Wie konntest du dich als deutscher Big-Wave-Surfer so lange vor uns verstecken?
DK: [lacht] Keine Ahnung! Ich surfe schon seit einigen Jahren mit meinen Freunden große Wellen, meistens aber eher abgelegene Spots, also ohne Fotografen.
Seit wann wohnst du in Afrika? Und wo genau?
DK: Ich lebe jetzt seit drei Jahren in Kapstadt. Unser Haus liegt am Strand, circa zehn Minuten von Dungeons.
Was treibst du in Südafrika?
DK: Ich bin gekommen, um meinen Master in Entwicklungspolitik an der Uni hier zu machen. Zurzeit arbeite bei einer Menschenrechtsorganisation, die ich vor zwei Jahren mitgegründet habe – checkt www.passop.org! Wir arbeiten mit Flüchtlingen, die überall aus Afrika hierher kommen. Ist zwar immer viel los, aber ich habe trotzdem genug Zeit, um die ganze Küste hier nach Wellen zu erforschen!
Erzähl mal kurz und knapp über dich im Allgemeinen: Wo bist du geboren, wie zum Surfen gekommen, was machst du, um deine Brötchen zu verdienen?
DK: Ich bin in Wiesbaden geboren. Meine Eltern sind Diplomaten, also sind wir als Kinder viel rumgekommen. Ich habe mittlerweile in Togo, Mosambik, Kuba, Belgien, Ost-Timor, Hawaii, England und in der Slowakei gelebt. Der Rest meiner Familie lebt aber in Deutschland, also bin ich so oft wie möglich dort. Ich stand zum ersten Mal mit sieben Jahren auf einem Surfbrett. Mein Vater und mein Bruder sind auch in alle möglichen Extrem-Sportarten verliebt.
Dein Nachname klingt spannend. Was hat es mit dem von Burgsdorff auf sich? Ich hab mal gegooglet, gehörst du zu dem brandenburgischen Adelsgeschlecht?
DK: [lacht] Na ja, mein Großvater ist zwar in ir gendeinem Schloss aufgewachsen, aber unserer Familie ist das Ganze egal. Ein Tag in einem Entwicklungsland macht einem klar, dass Adel oder irgendein unangebrachter Stolz absolut lächerlich sind.
Seit wann hast du Gefallen an großen Wellen?
DK: Ich bin mit 16 Jahren zum Studieren nach Hawaii gezogen, seitdem surfe ich große Wellen. Ich ertrage keine Crowds und Big-Wave-Surfen gibt mir diese Freiheit. Anstatt sich dauernd um Wellen zu streiten, gibt es im Big-Wave-Surfen eine Art Kameradschaft. Man passt gegenseitig auf sich auf und feuert die anderen an. Außerdem ist der Adrenalinkick natürlich schwer zu überbieten.
Was ist für dich das Besondere an Dungeons?
DK: Dungeons ist wirklich ein einzigartiger Ort. Nicht nur die Welle selbst, aber die ganze Umgebung. Es liegt am Fuß einer 200-Meter-Klippe genau neben einer Robbenkolonie, wo sich Weiße Haie gerne ihr Mittagessen besorgen. Das Wasser ist eisig kalt und das Wetter ist oft nebelig. Die Welle selbst ist schwierig zu surfen, weil es keinen Peak gibt, an dem die Wellen immer brechen; stattdessen paddelst du auf ei- ner Fläche von einem Fußballplatz herum und hoffst, dass du am richtigen Ort bist, wenn der Set durchkommt. Wenn es klappt, ist es nicht nur ein Drop, sondern ein richtig langer Ride.
Wie muss man sich dort die Big-Wave-Community vorstellen? Wie viele Leute surfen dort regelmäßig und was sind das für Charaktere?
DK: Im Gegenteil zu Spots wie Mavericks oder Waimea, wo du mit 50 anderen Typen im Wasser bist, sind es in Dungeons nur etwa 10 bis 15. Im Winter, wenn die großen Swells regelmäßig kommen, sind natürlich auch Profis wie Greg Long, Mark Healey oder „Twiggy“ da, aber die Crowd ist immer gelassen und wir verstehen uns alle gut. Big-Wave-Surfer können manchmal ziemlich Furcht einflößend sein, die haben irgendwie alle riesige Kiefer! Manche wie Ian Armstrong lächeln eher selten und reden noch weniger. Aber andere sind total lustig drauf. Das Tolle ist, dass alle zusammenhalten. Wenn jemand einen Hai sieht, dann setzen wir uns eng nebeneinander und ziehen die Füße auf die Bretter. So werden viele Geschichten gesammelt und Freundschaften geschlossen. Es hat zwar ein, zwei Jahre gedauert, aber jetzt bin ich als „German dude“ total akzeptiert.
Haie? Sieht man die oft da draußen? Was für Haigeschichten habt ihr euch denn so zuletzt erzählt?
DK: Ja, schon. Ich habe in den letzten drei Jahren hier schon viermal Haie im Wasser gesehen. Wie viele Haie mich in der Zeit gesehen haben, will ich gar nicht wissen! Ein Freund hat mir vor kurzem erzählt, dass er neulich beim Surfen war, als ein Weißer Hai aus dem Nichts keine zehn Meter neben ihm aus dem Wasser gesprungen ist und eine Robbe gejagt hat.
Bist du der Contest- oder eher Freesurf-Typ?
DK: Auf jeden Fall Freesurfer.
Hast du bestimmte Ziele, die du mit deinem Surfen erreichen willst?
DK: Mein Ziel ist eigentlich nur, weiter durch die Welt zu reisen und gute Wellen zu surfen – je größer sie sind, desto besser. Und hoffentlich einen Sponsor zu finden, was beim Big-Wave- Surfen gar nicht so einfach ist.
Na, mit diesem Interview sollte das doch ein Leichtes sein! Wird man dich demnächst mal in heimischen Nord- oder Ostsee-Wellen sehen können bzw. vielleicht bei der deutschen Meisterschaft?
DK: Ich hoffe sehr, bald mal wieder in Deutschland zu sein! Leider werde ich die deutsche Meisterschaft verpassen – ich bin bald für ein halbes Jahr mit zwei meiner Brüder auf einem Road Trip quer durch Afrika unterwegs. Vielleicht nächstes Jahr.
Wir wünschen dir so oder so viel Spaß! Danke für deine Zeit!
DK: Sehr gerne!
photos: Alan Van Gysen
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