Nach dem Interview hat Seamus es eilig. Trotzdem besteht er darauf mir noch einen 5-minütigen Crashkurs auf seinem irischen Banjo zu geben. Dann brechen wir ein wenig überhastet auf. Mit einem Stapel wild zusammengewürfelter Unterlagen auf dem Schoß sitze ich auf seinem Beifahrersitz. Nun ist mir auch klar, woher sein Spitzname „Shambles“ kommt (deutsch: Ein heilloses Durcheinander).
Nachdem wir Dienstag schulterhohe Wellen ganz für uns hatten, sind wir am Donnerstagmorgen nicht die Ersten, die in das Lineup von Easky Right paddeln. Die Bedingungen sind dafür aber umso besser. Statt schulterhohen Wellen läuft es heute leicht überkopfhoch. Etwa fünf bis zehn Surfer teilen sich die perfekten Wände. Heute teilt sich die „Crowd“ ein wenig auf, denn neben der eigentlichen Welle läuft noch ein kleiner Slap weiter rechts, der immer wieder nette, kleine Barrels wirft. Gerade im Wasser bekomme ich gleich die erste Welle. Der Speed der Welle passt genau zu meinem, ich flitze in wunderbaren Schlangenlinien über eine scheinbar endlose Wand. Mit Jubel springe ich aus der Welle, wir surfen an diesem Tag knapp acht Stunden. Das Beste: Kaum ein Set geht vorbei, ohne dass wir unsere Wellen bekommen, denn es sind kaum Surfer im Wasser!
Es geht aber auch anders: Für das Wochenende ist ein solider Swell mit 15 Sekunden Periode angesagt. Während die Wellen bis nachmittags auf sich warten lassen, füllt sich das „Pudding Row“, ein beliebtes Café in unmittelbarer Nähe des Spots, mit Surfern, die sich vor dem anstehenden Surf noch ein Irish Breakfast genehmigen. Wie immer ist es spannend das Herannahen eines guten Swells zu beobachten. Wir nehmen uns vor, nicht gleich bei dem ersten guten Set dem Herdentrieb zu folgen, denn die Setpausen sind noch ewig lang. Aber das, was wir kurze Zeit später deutlich überkopfhoch auf das Riff brechen sehen, lässt uns alle guten Vorsätze vergessen. Im Lineup sind nun 20 Surfer, die Stimmung ist aber vergleichsweise gut, wenn man es mit so manch einer Erfahrung in Spanien oder Frankreich vergleicht. Und das Surf-Niveau ist nicht ganz so hoch wie in den südeuropäischen Line-ups. Klar, es gibt auch hier diejenigen, die für „Urlaubs-Surfer“ unerreichbar bleiben, aber eben nur ein Paar. So bekommen wir an einem Sahne-Tag unseren „fair share of waves“. Denn egal in welche Richtung man guckt, aus dem Wasser kann man überall unzählige Wellen sehen, die nahe der Perfektion an die Küsten laufen.
Hier als mellow Pointbreak, dort als double overhead Barrel. Für uns ein denkwürdiger Tag, der lange in Erinnerung bleiben wird! Dasselbe kann man für die komplette letzte Augustwoche sagen. Während man beim Anblick dieser Wellen anfangs noch wie verrückt ums Auto gesprungen ist und vor lauter Hektik den Neo falschherum anzog, stumpft man nach einer Weile ganz schön ab. Ich surfe so viel, dass ich mich schon dabei erwische, wie ich mich in einen warmen Pub wünsche statt noch einen Spot abzuchecken.