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Bruce Irons

Bruce Irons ist der ungeschliffene Diamant des Pro-Surfens. Niemand springt höhere Aerials, niemand zieht tiefer in die Barrel. Und nicht nur auf dem Wasser schlägt der 27-Jährige grosse Wellen: „When I was young, I was very little, but I was the biggest, cocky, loudmouth punk fucker ever!“ Eine Einstellung, die ihn in der Welt des Pro-Surfens öfter anecken lässt als die Kugel im Flipperautomat. Contests surft er lieber wie eine Freesurf-Session, macht mehr Spass! Die Judges finden das allerdings nicht so lustig. Das Resultat: Er dümpelt nur im Mittelfeld der ASP Tour umher. Dass das aber nicht am Mangel seines Talents liegt, beweisen eindrucksvoll die Siege bei den wichtigsten Events im Surfen, den Pipeline Masters und dem Eddie Aikau. Bruce weiss genau, wann er Gas geben muss. Doch sind Siege wirklich das Wichtigste in seinem Leben? Was hat sein Leben wirklich geprägt? Wir baten den Rockstar des Surfens um Rede und Antwort!

Bruce‘ erste Welle
„In der Nähe meines Elternhauses fliesst ein Fluss ins Meer und bildet einen kleinen Rivermouth mit perfekt laufenden kniehohen Wellen. Ich erinnere mich noch gut an das Gefühl, als ich dort das erste Mal hinauspaddelte. Die erste gestandene Welle fühlte sich so cool an und ich wusste sofort, dass ich das für immer machen wollte.“

Die erste Barrel
„Bevor ich in den Genuss meiner ersten Barrel kam, musste ich in eine Menge Close-outs ziehen. Ich übte immer auf meinem Boogieboard und liess mich im Shorebreak verprügeln. Und noch bevor ich es das erste Mal wieder aus einer Barrel herausschaffte, liebte ich diesen Anblick der sich über mich werfenden Welle. Das Gefühl, als es irgendwann auch mal klappte, war unbeschreiblich!“

Der erste Sponsor
„Ich war zehn Jahre alt und stand an diesem Tag meinen ersten 360° auf der Welle von Pine Trees. Richard Woolcott [heutiger Besitzer von Volcom; Anm. d. Red.] wurder zufälligerweise Augenzeuge davon und sprach mich an, ob ich nicht von Quiksilver gesponsert werden wollte. Ich meinte nur: ,Yeah, klar!‘ Also gingen wir rüber zu seinem Auto, wo er mir ein viel zu grosses T-Shirt und eine Shorts gab. Trotzdem war ich stoked. Verrückterweise ist er heute mit Volcom immer noch mein Chef und sponsert mich.“

Der Tag, an dem Bruce um ein Haar die Schule abbrach
„Ich packte gerade so die achte Klasse. Als ich das Zeugnis in den Händen hielt, rutschte meine Motivation für die Schule endgültig in den Keller. Ich spielte daraufhin immer wieder mit dem Gedanken abzubrechen. Meine Noten in Englisch und Naturwissenschaften waren grausam. Meine Eltern wollten natürlich, dass ich mich durchbeisse, was ich wegen ihnen auch getan habe.“

Der Tag, an dem er seinen Abschluss bekam
„Oh, das war der grösste Tag ever! Zu wissen, nie wieder in diese verkackte Schule gehen zu müssen, war grossartig. Die Wochen danach stand ich auf, wann ich wollte, surfte den ganzen Tag und genoss die neue Freiheit. Es war fantastisch!“

Der erster Kuss
„Ich glaube, das war am Valentinstag. Ich gab meiner Freundin ein kleines Geschenk und sie zog mich sofort hinter die Schule und küsste mich. Ein echt lustiges Gefühl war das, es war mir aber auch ein bisschen peinlich.“ [lacht]

Zweiter Platz bei den Pipe Masters 1998
„Ich stand kurz vor meinem Abschluss in der Schule. Ich qualifizierte mich das erste Mal für die Pipe-Trials. Alles lief gut und am Ende gewann ich die Trials sogar. Die Wellen waren in diesem Jahr perfekt, endlich bekam ich meine Chance zu zeigen, was in mir steckt. Ich kämpfte mich immer weiter durch die Heats und schaffte es schliesslich bis ins Finale. Bis fünf Sekunden vor Schluss lag ich sogar noch auf Platz eins. Das wäre wirklich zu schön gewesen… [lacht] Nach über zehn Heats war ich völlig am Ende, dafür war ich mit 17 Jahren Zweiter der Pipe Masters. Was will man mehr?“

Sieg bei den Pipe Masters 2001
„Das war ein unglaublicher Moment! Ich wollte so sehr gewinnen. Der Sieg hat für all die Mühen und Anstrengungen der Jahre zuvor entschädigt.“


»Zu Wissen, nie wieder in diese verkackte Schule gehen zu müssen, war grossartig. Die Wochen danach stand ich auf, wann ic
»Zu Wissen, nie wieder in diese verkackte Schule gehen zu müssen, war grossartig. Die Wochen danach stand ich auf, wann ic

Der Tag, an dem Volcom das Pipehouse kaufte
„Ich erinnere mich noch, als wir für den Win-ter ins neue Pipehouse einziehen konnten. Alle sind völlig durchgedreht und meinten nur: ,Ach, du Scheisse, wir haben ein Haus genau vor Pipeline!‘ Es war anfangs zwar ziemlich renovierungsbedürftig, aber heute ist es das beste Haus an der North Shore. Allein der Blick, da flippst du aus! Zuvor hingen wir alle immer in Velzyland bei Braden Dias ab. Nun gehört uns das Haus für immer!“

Der 21. Geburtstag
„Ich hab‘ bereits einige grosse Geburtstagspartys im Volcom-Haus gefeiert, aber der 21ste war mit Abstand die grösste Party, die das Haus ja erlebt hat. TSOL, die legendäre Punkband, spielte und brachte die Wände zum Wackeln. Es kamen so viele Leute, dass das Haus beinahe aus allen Nähten platzte.“

Sieg beim Memory of Eddie Aikau 2004
„Bei weitem der beste Tag in meiner Surf-Karriere. Mich für die Tour zu qualifizieren war eine Sache, die Pipe Masters zu gewinnen eine andere, aber den Eddie zu gewinnen, das war das Grösste. Ich meine, dass ich überhaupt eingeladen wurde, war schon ein Traum. Am Ende des Tages aber die Siegertrophäe hochzustemmen… Die Trophäe erinnert mich heute jedes Mal an den schönsten Tag in meinem Leben.“

Die Eltern wohlhabend gemacht zu haben
„Es ist cool, die eigenen Eltern in den verfrühten Ruhestand schicken zu können. Sie haben die Jahre zuvor sehr hart für mich und meinen Bruder gearbeitet. Mein Dad war Tischler und hat für seine Kohle hart schuften müssen. Meine Mom jobbte, so oft sie konnte, in verschiedenen Läden als Verkäuferin. Jetzt managen sie unser Leben, das ist echt cool! Ich habe irgendwann mal ein Auto bei einem Contest gewonnen und es meiner Mutter geschenkt. Sie freute sich riesig.“

Quiksilver-Pro-Finale in Hossegor 2004
„Der Contest war der Hammer, ich hätte nie damit gerechnet, bis ins Finale zu kommen! Dass ich dort auch noch auf meinen Bruder treffen sollte, setzte dem Ganzen die Krone auf. Ich habe zuvor auf der Tour nur abgelost. Als ich am Tag des Finales aufwachte und aufs Meer schaute und es noch grösser als die Tage zuvor war, dachte ich: ,Fuck, ich kann hier echt was reissen!‘ Doch im Finale verlor ich noch ein paar Mal die verschissene Priority und Andy griff sich die besseren Wellen ab und gewann. Wie auch immer, drauf geschissen, das nächste Mal schlage ich ihn wieder!“

Andy in Cloudbreak geschlagen
„Andy hat mich im Laufe der Jahre schon um einiges öfter geschlagen, aber in Fidschi hatte ich ihn. Ich glaub‘, ich bekam eine Zehn und eine Neun und er fing an, mir reinzudroppen. Er war so gepisst und frustriert, dass er mich ein paar Mal aufs trockene Riff schicken wollte. Andy im Contest zu besiegen ist super, aber noch besser wird’s, wenn er so genervt reagiert. Er liebt seine Wut, so pusht er sich. Nach dem Heat ging er in sein Zimmer, zerbrach vor Wut ein Board und warf Gegenstände gegen die Wand. Ich liebe, es wenn er ausrastet!“


»Eine Zahnspange tragen zu müssen ist das schlimmste der Welt. Als sie mir das scheiss Ding herausnahmen, war das ein echt
»Eine Zahnspange tragen zu müssen ist das schlimmste der Welt. Als sie mir das scheiss Ding herausnahmen, war das ein echt

Der Tag, an dem die Zahnspange entfernt wurde
„Eine Zahnspange tragen zu müssen ist das Schlimmste der Welt. Als sie mir das Scheiss-Ding herausnahmen, war das ein echter Segen. Ich fühlte mich endlich wieder hübsch. [lacht] Ich musste sie zweieinhalb Jahre tragen und es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. Als sie draussen war, meinte ich nur: ,Yes, I’m back!‘ Dieses Gerät war wie Autofahren mit angezogener Handbremse. Ich hatte diesen riesigen Schneidezahn, weshalb ich die Spange tragen musste, aber ehrlich gesagt glaube ich, auch ohne sie wären meine Zähne heute okay. Na ja, was soll’s…“

Das erste Treffen mit seinem Vorbild Archy
„Ich erinnere mich noch ganz deutlich, als Matt Archbold und Noah Budroe nach Kauai kamen und Pine Trees surften. Das war so cool, denn es kommen nicht viele Pros nach Kauai, die bleiben alle immer auf Oahu. Ich kannte ihn nur von Videos, doch plötzlich surfte er vor meiner Nase und hing anschliessend auf unserem Parkplatz ab. Das war so cool! Sie surften die schlechtesten Wellen, doch ich erinnere mich noch daran, wie gut sie in diesen Wellen surften. In diesem Moment wusste ich, ich wollte eines Tages auch Surf-Pro werden.“

Andy wird Weltmeister
„Als Andy Weltmeister wurde, war das ein einschneidender Moment für mich. Ich hätte nie gedacht, dass er es schaffen könnte, ich glaub‘, er selbst war genauso überrascht. Ich freute mich unglaublich für ihn. Es löste auch etwas in mir aus, ich begann, den ganzen Contest-Kram viel ernster zu sehen.“

Qualifiziert für die WCT 2004
„Es war eine grosse Erlösung, als ich mich endlich für die WCT qualifizieren konnte. Denn weisst du was? Ich war kurz davor, den ganzen Quatsch einfach abzubrechen. Die ganze WQS war so nervig: Ständig waren die Wellen mies, ich war frustriert, surfte schlecht und das Einzige, worauf ich Bock hatte, war einfach, als Freesurfer zu arbeiten. Der Ehrgeiz trieb mich schliesslich weiter und der Aufstieg in die Top 44 sollte folgen.“

Nach einem Jahr noch immer in der WCT
„Die Qualifikation war schon eine grosse Erlösung, aber mich nach einem Jahr wieder zu qualifizieren war noch viel besser! Nach all der harten Arbeit, um in die Tour zu kommen, wollte ich auf keinen Fall wieder absteigen. Doch das Jahr lief nicht besonders gut, ich dachte nur: ,Bitte, bitte, schiebt mich nicht zurück in die QS!‘ Um Haaresbreite blieb ich dabei und gewann am Ende der Saison sogar den Eddie. Beides passierte innerhalb einer Woche und die anschliessenden Weihnachtsferien waren die besten Ferien überhaupt. Ich freute mich riesig aufs neue Jahr, alles war perfekt.“


»In Hanalei Bay wurde ich von einer dicken Close-Out-Welle lange Zeit unter Wasser gehalten. Zurück an der Oberfläche
»In Hanalei Bay wurde ich von einer dicken Close-Out-Welle lange Zeit unter Wasser gehalten. Zurück an der Oberfläche

Die Helicopter-Session vor Bali
„Andy und ich wurden samt unserer Freundinnen für fünf Tage nach Bali geflogen. Alles wurde bezahlt: das Essen, Unterkunft, Bier… Und alles, was wir dafür zu tun hatten, war, einen menschenleeren, perfekten Spot zu surfen. Es war so ein lustiger Trip! Das einzig Unheimliche war, dass wir in unserer Unterkunft Geister hatten. Ich meine das ernst, wir haben alle nachts unabhängig voneinander gruselige Stimmen gehört, wirklich! Am nächsten Morgen packten wir ganz schnell unsere Koffer und zogen in ein anderes Hotel.“

Tow-in-Session in monströsen Teahupoo-Wellen
„Es gibt nichts auf der Welt, was süchtiger macht, als in diese Monsterwellen getowed zu werden. Wenn du das erste Mal dort rausgehst und dir die gewaltigen Sets anschaust, denkst du nur: ,Nie im Leben werde ich dort surfen!‘ Aber sobald du dich in die erste getraut und überlebt hast, geht’s nur noch: ,Okay, gib mir die grösste Welle, die reinkommt.‘ Nach jeder Welle willst du eine noch grössere, eine noch gemeinere als die letzte. Nach so einer Session denkst du: ,Okay, jetzt kann ich alles surfen.'“

Nach einem Wipe-out Blut husten
„In Hanalei Bay zog ich in eine dicke Close-out-Welle und wurde für eine lange Zeit unter Wasser gehalten, so lange wie noch nie zuvor. Ich kam gerade noch rechtzeitig zurück an die Oberfläche, atmete einmal tief ein und sah direkt über mir die Lippe der zweiten Welle des Sets auf mich niederbrechen. In dem Moment dachte ich: ,Fuck, das ist zu viel!‘ Glücklicherweise hatte ich die Leash am Bein und konnte mich an ihr zurück an die Oberfläche ziehen. Als ich mich wieder sammelte und mein Brett zu fassen bekam, war ich bereits einen weiten Weg in die Bucht gewaschen worden. Meine Lungen schmerzten tierisch, und als ich hustete, kam Blut mit hoch. Koby Abberton war mit derselben Welle in die Bucht getrieben worden. Es hatte solide 15 Fuss und starke Strömung. Ich weiss nicht mehr warum, aber ich paddelte wieder hinaus, surfte noch eine Welle und traf mich anschliessend mit Koby auf dem Parkplatz. Wir holten uns ein Zwölfer-Pack Bier und begossen die Session.“ [lacht]

Überschlag mit einem Auto
„Ich fuhr mit meinem Freund Kamalei und drei anderen Kumpels eine Strasse auf Oahu entlang, als Kamalei am Steuer einschlief. Das Auto kam von der Strasse ab und überschlug sich sofort. Wir wirbelten umher und rollten noch einige Male übers Dach. Kamaleis Kopf geriet dabei aus dem Fenster und schrabbte über den Boden. Er hatte Glück, das Einzige, was ihm passierte, war, dass er ein Büschel Haare verlor. Wir anderen blieben unverletzt. Das war für mich ein Zeichen und ich werde so schnell nicht wieder bei übermüdeten Fahrern ins Auto steigen.“

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