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Stacy Peralta

Ohne den Einfluss von Stacy Peralta würden wir heute noch Rollschuh fahren und Tony Hawk & Co. wären möglicherweise arbeitslos. Er war einer der Fackelträger der Skateboard-Revolution und hat eine Jugendkultur ins bzw. zum Rollen gebracht. Das war vor 30 Jahren und der heute 48-Jährige Pool-Pionier hat viel erlebt. Der Kalifornier ist die slackige Verkörperung des Tellerwäscher-Klischees. In seinem Fall lautet die Story: vom Skate-Punk zum Hollywood-Regisseur.

Stacy, wann bist du das letzte Mal in einem Pool geskatet?
Ungefähr vor einem Jahr, davor war lange Pause. Es war fantastisch, wieder einen Carve zu ziehen! Es war vom Feeling irgendwie anders als zu Teenager-Zeiten. Der schwerelose Moment während des Turns verging wie in Zeitlupe. Obwohl ich ein bisschen aus dem Training bin, kam es mir immer noch vor wie eine natürliche, alltägliche Bewegung. Das verlernt man nie.

Du bist einer der einflussreichsten Skate-Pioniere. Was hat es bedeutet, Teil des legendären Zephyr Skateboard Teams zu sein?
Das Team war unser Leben. Wir waren nicht die angesagten Typen, die in der High School Football oder Baseball gespielt haben. Skateboarden war die einzige Möglichkeit, auf uns aufmerksam zu machen. Es war die einzige Sache, die uns wichtig war. Von den Z-Boys aufgenommen zu werden und das Shirt des Teams tragen zu dürfen bedeutete alles, denn es repräsentierte unsere Träume. Es war eine Ersatzfamilie. Ausserdem bedeutete es, dass du es wirklich draufhast, denn die Messlatte zur Aufnahme lag verdammt hoch. Wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft von Gesetzlosen. Die Z-Boys waren ein Synonym für Freiheit und Unabhängigkeit. Genau das hat die Sache so interessant gemacht.

Was hat die Z-Boys aus Dogtown von den anderen Skateboardern der Zeit unterschieden?
Wo wir lebten, machte den Unterschied. Wir waren allesamt Surf-Fanatiker, und wenn die Wellen schlecht waren, gingen wir skaten. In Dogtown gab es eine Reihe von Schulhöfen mit betonierten wellenförmigen Seitenmauern. Diese Architektur war einzigartig und wir haben uns darauf spezialisiert, diese urbanen Betonwellen mit dem Skateboard zu surfen. Dieser Surf-Skate-Style, dieser Flow war unser Markenzeichen.

Die Z-Boys haben mit dem Skaten in Pools neue Massstäbe gesetzt. Wie kam es dazu?
Kalifornien erlebte in den 70er Jahren die schlimmste Trockenzeit der Geschichte und es gab in L.A. jede Menge ausgetrocknete Pools, zu denen wir uns heimlich Zugang verschafften, um darin zu skaten. Von daher hatten wir optimale Voraussetzungen, in den Pool-Wänden das Skateboard erstmals in die Vertikale zu bringen. Wir haben damit den Status Quo verändert und die Entwicklung des Skateboardens vorangetrieben. Wir haben einen aggressiven Skate-Stil kreiert, der sich als der so genannte Dogtown-Style etabliert hat. Er repräsentierte die toughen Bedingungen, in denen wir gross geworden sind. Wir sind in der „Love, Piece und Blümchen“-Zeit der 60er Jahre geboren, aber wir wuchsen in einer völlig anderen Welt auf – nämlich in einem heruntergekommenen Teil von Los Angeles. Unsere Gegend wurde von Gangs regiert und unser Stadtteil war alles andere als hip.

In der Dogtown-Doku sagst du: „Endlich war ich gut in irgendetwas in meinem Leben. Skateboarden war mein Ticket.“ wofür?
Es war min Ticket für eine Zukunft. Ich dachte früher, dass ich wohl irgendwann als Klempner enden würde. Ich hatte keine gute Ausbildung und ich hatte keine Ahnung, was ich mit meinem Leben anfangen sollte. Ich dachte nicht, dass ich zu irgendetwas taugte, abgesehen von Surfen und Skateboarden. Das Skateboarden hat mir buchstäblich Türen in meinem Leben geöffnet, von denen ich niemals gedacht hätte, dass ich dort auch nur anklopfen würde.

Mit der Firma hast du die legendäre Bones Brigade ins leben gerufen. Woran hast du erkannt, dass diese zuvor unbekannten Talente die Zukunft den Sports prägen würden?
Ich wollte keinen anderen Firmen bereits bekannte Skater abwerben. Also habe ich mir eine Hand voll talentierter Amateure herausgepickt und sie ausgebildet. Jeder Einzelne hat sich als Glücksgriff erwiesen, denn das Team um Mike McGill, Steve Caballero, Lance Mountain, Tommy Guerrero und last but definetely not least Tony Hawk hat durch seine Impulse Skateboarden für immer verändert. Die Jungs haben genau an der Stelle weitergemacht, wo die Z-Boys aufgehört haben.

1991 hast du Powell Peralta verlassen. Warum?
Ich habe mich innerhalb der Company im Kreis gedreht. Wenn ich geblieben wäre, würde ich immer noch das tun, was ich damals die letzten zehn Jahre getan habe: Anzeigen bauen, Skate-Videos produzieren, Teams zusammenstellen und coachen. Ich musste herausfinden, wo meine dadurch vernachlässigten Stärken und Interessen lagen. Ich habe auf meine innere Stimme gehört, die mir sagte, dass ich Filme machen und Regie führen sollte.

Wie hast du den Fuss in die Tür nach Hollywood bekommen?
Durch meine Skateboard-Videos. Ich habe mit Powell Peralta unter anderem das erste Skateboard-Video der Welt („The Bones Brigade Show“) auf den Markt gebracht. Zu dem Zeitpunkt, als ich mit dem Gedanken gespielt habe, aus der Firma auszusteigen, haben einige wichtige Leute meine Videos gesehen und ich habe Angebote bekommen, bei Fernsehprojekten Regie zu führen. Diese Tür nach Hollywood hat sich Spalt für Spalt geöffnet und plötzlich war ich drin im Business.

Lass mich ein Zitat aus deiner Surf-Dokumentation „Riding Giants“ einwerfen: „Surfen war nichts, das man machte; es war etwas, zu dem man wurde. Es war mehr als ein Sport, es war vielmehr ein Statement.“ Diese Worte könnten auch aus „Dogtown“ stammen.
Das stimmt. In beiden Fällen handelt es sich um Kids, die nach Identität suchen, um Kids, die zu irgendetwas dazugehören wollen. Du führst nicht bloss einen Sport aus, sondern du nimmst Begleiterscheinungen an, die damit in Verbindung stehen: den Dresscode, die Sprache – sprich, den Style, den du lebst. Skaten und Surfen bieten dir eine Kultur an, über die du dich definieren kannst.

Skateboarden hat sich in den letzten 30 JAhren verändert. Hat sich der Sport in die richtige Richtung entwickelt?
Grösstenteils ja. Der Sport ist sehr professionell geworden. Egal wie viele Skate-Parks gebaut werden und wie stark man versucht, den Sport zu kommerzialisieren und stubenrein zu machen, Skateboarden wird immer illegal bleiben. Skateboarden wird als Subkultur niemals aussterben, solange es irgendwo Asphalt gibt.

Wie hat sich der Style-Aspekt im Skateboarden verändert?
Es gibt heute keinen Style mehr! „Going big“ heisst das Zauberwort der Gegenwart. Wir leben im Zeitalter des Extremismus. Jeder Sport wird bis an die Grenzen getrieben und das Fass droht überzulaufen, denn man kann die Physik und die Erdanziehungskraft nicht besiegen. Wenn das Limit erreicht ist, wird die nächste Herausforderung sein, die Moves so schön und so ansehnlich wie möglich zu performen – und dann kommt Style ins Spiel.

Wie wichtig war euch Style in den 70ern?
Style war das Allerwichtigste. Style hat eine gewisse Ästhetik, die man nicht faken kann. Wenn wir jemanden gesehen haben, der krampfhaft versuchte, stylish zu skaten, haben wir das gecheckt und ihn des Feldes verwiesen. Einen geilen Style bekommt man durch Zeit. Wenn jemand einen grossartigen Skate-Style hatte, war klar, dass der Typ jahrelang hart dafür trainiert hat und die Moves lebt.

Was hältst du von rail-Tricks oder Sprüngen über Mauern?
Wie gesagt, wir leben in einem Zeitalter des Extremismus. Skateboarden hat heute eine gewisse Stunt-Ästhetik. Skater machen Stunts. Die einzige Sache, die mir am heutigen Skaten bitter aufstösst, ist, dass es heute kaum noch das Rollen im Sinne von Gleiten involviert. Wenn die Skater ihren Stunt gestanden haben, skaten sie nicht weiter. Sie steigen ab, klammern das Board unter den Arm, laufen zurück und wiederholen den Trick. Ich bin froh, in den 70ern Skateboard gefahren zu sein. Ich mag den Flow viel mehr als dieses Stakkato-Skaten mit Unterbrechungen.

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