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Tony Canadas

„Das war ein ganz seltener Tag vor Mavs. Es fing als Paddle Day an. Doch die Wellen wurden mit jedem Set grösser. Nach ein paar Stunden brachen sie ein ganzes Stück weiter draussen, weit vor dem normalen Takeoff-Spot. Keiner konnte die Wellen mehr anpaddeln und so holte Flea kurzerhand seinen Waverunner, packte Barney hintendrauf und zog ihn in diese Pit. Man sieht deutlich, wie die Paddle-in Crew Barney begeistert zuschaut. Danach gab’s an diesem Tag nur noch Tow-ins.“

Eigentlich ist die Half Moon Bay ein ziemlich verschlafenes Nest in Nordkalifornien. Doch wenn im Winter Mavericks zu brüllen beginnt, kann kein Big Wave Surfer die Ohren verschliessen. Und wenn Local Photo Dog Tony seine Objektive zückt, verschmelzen Surfer und Fotograf in einem Rausch aus Adrenalin.

Tony, der Name Canadas hört sich Spanisch an. Woher kommt er?
Canadas kommt aus dem Portugiesischen, mein Grossvater ist Portugiese und von den Azoren mit seiner Familie nach Half Moon Bay in Kalifornien eingewandert. Die Küste und das Klima ähneln sehr der portugiesischen Küste, also arbeitete meine Familie auch hier als Fischer und Farmer.

Du lebst in der Nähe von Mavericks. Ist es nicht recht einsam in dieser Ecke von Kalifornien?
Mavericks liegt am nördlichen Ende der Half Moon Bay. Es ist eine kleine, ruhige Gemeinde direkt am Wasser mit einem kleinen Hafen. San Francisco ist nur 30 Autominuten in Richtung Norden und Santa Cruz eine Stunde in Richtung Süden entfernt. Der Ort Half Moon Bay selbst ist klein, aber das Umland ist einmalig und weltbekannt. Da Mavericks nur ein Winter-Spot ist, bin ich den Rest des Jahres eh unterwegs, um andere Eindrücke mit meiner Kamera festzuhalten. So ist Half Moon Bay der Platz, an den ich immer wieder gerne zurückkehre.

Wie begann deine professionelle Karriere zum Fotografen?
Ursprünglich begann es als Hobby. Meine Anerkennung in dem Business erhielt ich irgendwann durch meinen Lebensstil als Surfer, Traveller und Abenteurer. So war es für mich nur eine Frage der Zeit, bis ich Profi-Fotograf wurde. Meine Leidenschaften Surfen und Reisen kann ich in dem Job optimal miteinander verbinden. Meine Ausbildung und meine Erfahrungen habe ich während meiner jahrelangen Reisen gemacht.

Was waren die wichtigsten Stationen in deinem Leben?
Mein Leben wurde stark geprägt davon, dass ich in der Nähe von Mavs aufgewachsen bin und dort in den frühen 90ern mit Jeff Clark und den Buddies von Half Moon Bay surfen ging. Inzwischen fotografiere ich hautptsächlich in Mavs – schliesslich werden dort jeden Winter die Grenzen im Surfen von den besten Big-Wave-Junkies gesprengt. Keiner von uns weiss, wo das Limit an diesem Spot liegt. Wenn ich mit der Kamera auf Reisen unterwegs bin, ist mir auch sehr wichtig, verschiedenste Menschen und Kulturen kennen zu lernen.

Du bist einer der Big-Wave-Fotografen: Wie gehst du da mit der Angst um? Und was war bislang dein schlimmstes Erlebnis?
Es ist immer ein Risiko, grossartige Bilder von riesigen Wellen zu schiessen. Nimm z.B. Mavericks: Dieser Break fängt erst an zu funktionieren, wenn ein wirklich grosser Swell reinkommt. Es ist unmöglich, den Wassermassen in irgendeiner Weise etwas entgegenzusetzen. Kaum ein Boot fährt bei solchen Bedingungen aus dem sicheren Hafen. Doch genau das ist nun mal die beste Zeit für uns, um Fotos zu schiessen. Ich habe Leute gesehen, die sind mit ihrer 4.000-Dollar-Fotoausrüstung einfach über Bord gegangen. Ich sah Jet-Skis, die samt Fahrer in der Pit steckten und einen kompletten Wipe-out hatten. Vor zwei Jahren gab es diesen Swell, der war so gigantisch, dass einige Leute sogar von 100 Fuss sprachen. Wir waren als einziges Boot draussen auf See, gut vier Seemeilen vor der Küste, als uns die Bedingungen überraschten. Bei der Rückkehr wurde die sichere Hafeneinfahrt durch gigantische Close-out Sets blockiert. Wir warteten also auf eine Lücke zwischen den Wellen, aber es war unmöglich, dort durchzukommen. Wir zogen in sicherer Entfernung unsere Bahnen vor der Hafeneinfahrt und erst nach gut einer Stunde fanden wir unsere Lücke im Set. Die Maschinen des Bootes liefen mit Vollgas. Vor uns rollte der Rücken dieser gigantischen Welle und hinter unserem Boot baute sich dieses riesige Monster auf und drohte, uns einzuholen. Wir hatten Glück.

Gibt es in deinem Leben irgendetwas, was du bereust?
Bis jetzt nicht.

Mit was für einer Kameraausrüstung arbeitest du überwiegend?
Ich arbeite digital und mit Film. Da ich den Winter über Mavericks treu bleibe, benötige ich für diese Jahreszeit lichtstarke Objektive und arbeite vom Waverunner oder Boot aus mit meinem Canon-EOS-System. Für meine Reisen packe ich meine Mittelformatkamera Mamiya 677 mit einem 35-Millimeter-Objektiv ein. Dazu kommen noch das 65- und 150-Millimeter. Und für die meisten Actionfotos benutze ich die eine Mamiya 645 AFD.

Was waren deine ersten verkauften Bilder?
Meine ersten verkauften Bilder habe ich bei einem Mountainbike-Rennen geschossen. Es sind schöne Aufnahmen aus einem Redwood-Wald ganz in der Nähe meines Hauses.

Kalifornien ist die Hochburg des Surfens und es gibt dort eine Menge Fotografen. Wie kannst du da noch Geld verdienen?
Es ist ein harter Wettkampf. Gerade jetzt in der Zeit der Digitalfotografie kann jeder Amateur mit ein wenig Glück ganz gute Bilder hinbekommen. Mein Vorteil ist, dass ich Kontakte zu den weltweit grössten Werbefirmen habe, was mir einen kleinen Vorsprung zu vielen anderen Fotografen verschafft. Doch darauf kann ich mich nicht ausruhen, denn die Qualität jedes einzelnen Fotos muss stimmen. Ausserdem versuche ich, mich immer von den anderen Fotografen hervorzuheben.

Was ist deine spezielle Eigenart? Was machst du, damit deine Bilder was Besonderes werden?
Ich versuche, ganz besondere Momente einzufangen, es kann z.B. eine Momentaufnahme sein von dem Wasser, das von der Wellenlippe abreisst. Oder ein Bild mit einem Blickwinkel, den es vorher noch nicht so oft gab. Am schönsten ist der Augenblick, wenn der Betrachter von meinem Bild sagt: „Wow, unglaublich! Schau‘ dir das an!“

Was ist das Faszinierende an der Surf-Fotografie?
Es sind die Elemente. Nichts ist an ihnen wirklich berechenbar. Mavericks verzeiht niemandem auch nur einen Fehler. Als Fotograf muss ich mich hundertprozentig auf diesen Moment vorbereiten. Ich checke regelmässig die Wetterkarten, damit ich frühzeitig über die entstehenden Stürme informiert bin. Ist der entstandene Swell gross genug, beginnen die Vorbereitungen. Die Kameraausrüstung, das Filmmaterial, das Boot oder der Waverunner – das gesamte Equipment muss in einwandfreiem Zustand sein. Der Tag mit der Action beginnt schon morgens um fünf Uhr und endet erst dann, wenn Wind aufkommt oder die Lichtverhältnisse so schlecht werden, dass gar nichts mehr geht. Das Warten auf die beste Welle oder die beste Action dauert oft stundenlang in ungemütlichen Bedingungen. Ich habe viele Leute gesehen, die ihr Frühstück in dem stetigen Auf und Ab der Wellen wieder an die Möwen verfüttert haben…

Mit wem arbeitest du zusammen?
Ich arbeite eng mit Curt Myers von www.mavfilms.com zusammen. Curt macht die besten Filme über Mavericks. Wir hatten bis jetzt eine grossartige Zeit in auch manchmal turbulenten Situationen. Wir befanden uns schon mehr als einmal in den Händen des Meeres…

Vielen Dank, Tony, für deine Zeit!

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