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Niggi Brueggen

Mit Marlon, Melvin und Nicolau von Rupp haben wir schon beeindruckend gute Aushängeschilder deutschen Surfens. Doch wirklich gelernt haben die Jungs ihr Können eher im wellenreichen Ausland als in deutschen Gewässern. Stellt sich die Frage: Haben Nord- und Ostsee denn nicht genügend Qualität, um gute Surfer hervorzubringen? Die Antwort lautet: Doch, haben sie! Nicolai „Niggi“ Brüggen ist der beste Beweis. Der Sylter Blondschopf hat das Surfen von der Pike auf vor seiner Haustür gelernt und zählt inzwischen zu den besten Surfern der Republik. Nicht nur Strandspaziergänger sind von seinen Fähigkeiten, fette Aerials in den Küstennebel zu ziehen, schwer begeistert. Somit wird es höchste Zeit, das sympathische Nordlicht mal näher kennen zu lernen!

SURFERS: Niggi, wie kam es zu den Aerials? Ist ja nicht gerade ein häufig gesehenes Manöver auf der Nordsee…

Niggi: Ich weiss auch nicht so recht. Ich habe es das erste Mal bei Thomas [Lange] gesehen und danach in etlichen Surf-Videos. Daraufhin habe ich es so lange probiert, bis es irgendwann geklappt hat.

Wann und wo hast du mit dem Surfen angefangen?
Begonnen habe ich als 14-Jähriger. Ich hab‘ damals acht Inliner-Rollen gegen ein 6’0″ Old School Fish eingetauscht. Das Brett stand aber erst eine ganze Weile in meinem Zimmer rum, bevor ich tatsächlich mit dem Surfen angefangen habe. Meine Freunde Tim und Tom Surtmann und deren Vater Gaston, der damals schon am Surfen war, nahmen mich eines Tages mit und seitdem bin ich dabei.

Wie ist es, auf einer „Schickimicki-Insel“ wie Sylt aufzuwachsen? Bekommt man viel von der High Society mit und gucken die Surfer schon mal schräg an? Ist Surfen akzeptiert?
Ich sag‘ es mal so: Wenn man jemandem erzählt, dass man von Sylt kommt, ist die erste Reaktion eigentlich immer: „Du bist doch bestimmt von Beruf Sohn!“ Aber das ist hier in denn meisten Fällen nicht so. Sylt hat auch Sozialbauten und Arbeitlose. In den Medien wird bloss meist das Dorf Kampen als Sylt verkauft, die Reichen und Schönen. Natürlich muss ich auch wie die meisten anderen hart für mein Geld arbeiten gehen. Wassersport ist aber auf der Insel sehr akzeptiert, die Kitesurf Trophy und den der PWA World Cup sind die besten Beispiele. Fürs Wellenreiten ist das Longboard-Festival an der Buhne 16 zur festen Instanz geworden.

Wie lebst du selbst? In einem dicken Reetdachhaus oder in einer Studentenbude?
Ich wohne zurzeit alleine in einer Zweizimmer-Mietwohnung inmitten von Westerland. Die ist zwar nicht ganz billig, aber irgendwo muss man ja wohnen.

Du arbeitest momentan als Rettungsschwimmer am Strand von Kampen. Ist es, wie sicher viele Kids denken, ein Traumjob?
Klar, die meisten denken, es ist ein lockerer Beruf, was man in manchen Teilen auch nicht abstreiten kann. Es liegt aber auch viel Verantwortung bei einem. Es geht immerhin darum, Menschen im Notfall das Leben zu retten. Für mich selbst ist es ein cooler Job. Man ist den ganzen Tag an der frischen Luft und am Meer. Man bekommt gutes Geld, aber der Job geht nur vier, fünf Monate im Jahr; das muss man auch sehen.

Du wirst nun schon seit 2004 von O’Neill gesponsert. Wie ist es dazu gekommen?
Eigentlich nur durch Zufall. Ich war Anfang 2004 in Australien und Indonesien unterwegs und hatte immer Kontakt zu meinem Freund Ole Wolsbeck, der damals noch bei Tonix in Kiel gearbeitet hat und auch O’Neill-Teamfahrer ist. Ich habe ihm ein paar Surf-Pics geschickt und eines Tages meinte er, dass noch ein Platz im O’Neill Team frei wäre. Er hätte schon mit denen gesprochen und sie hätten mich gerne dabei.

Woher nimmst du die Motivation, immer wieder in die kalte Nordsee zu springen?
Sylt ist halt meine Heimat und ich habe in diesem kalten Wasser und kurzen, meist nicht so grossen Wellen Surfen gelernt. Es ist halt „back to the roots“. [lacht]

Du bist einer der wenigen deutschen Surfer, die Aerials springen, und hast das mehr oder weniger alles in heimischen Gewässern gelernt. Das schliesst auf eine Menge Talent und Potenzial. Hast du nie darüber nachgedacht, Sylt zu verlassen und an eine Küste mit konstanten Wellen zu ziehen, um eine Karriere à la Marlon einzuschlagen?
Ich bewundere natürlich Jungs wie Thomas Lange oder Marlon Lipke. Ich könnte mir aber ein so stressiges Leben nicht vorstellen, obwohl ich es gerne mal ausprobieren würde. Du reist von einem zum nächsten Contest und bist so gut wie nie zu Hause. Ich habe zwar auch schon den einen oder anderen Contest mitgesurft, allerdings würde ich mich eher als Freesurfer sehen wollen, der zum Beispiel von guten Fotos lebt. Ich würde gerne mal woanders leben und hoffe, dass dies auch noch passieren wird. Die Welt ist so gross, und wenn ich mich mal wirklich auf irgendeinem Trip irgendwo sehr heimisch fühlen sollte, bleibe ich vielleicht einfach da. Wer weiss?

Wenn man sich in Deutschland umhört, hat man in den letzten Jahren immer wieder böse Geschichten über die Sylter Szene gehört: Localism, Schlägereien etc. Was ist dran an diesen Vorwürfen?
Die böse Sylter Surf-Szene… Es gab wirklich mal Schlägereien im Wasser, auch verstärkten Localism oder Autoschäden. Ich finde aber die jetzige Local-Szene sehr entspannt. Es kommt immer darauf an, wie man sich als Tourist verhält. Das ist doch überall so. Ich finde es bloss teilweise sehr schade, wenn alle Sylter Surfer immer noch über einen Kamm geschoren werden.

Wie hat sich die Surf-Szene bei euch entwickelt? Thomas Lange war sicherlich einer der Ersten, der das New-School-Surfen auf die Insel gebracht hat. Gibt’s viele Kids, die das Shortboard dem altgedienten Longboard vorziehen?
Thomas Lange hat natürlich viel bei uns auf Sylt verändert. Er zeigte, dass man mit Nordseewellen mehr anstellen kann, als sie nur kurz runterzurutschen. Inzwischen gibt es hier eine Menge wirklich guter Surfer wie Melf Lange [nicht Bruder von T.L.], Tim und Tom Surtmann, Benni Steensbeck, Jens Volquardsen, um nur einige zu nennen. Das Longboarden hat auf Sylt ebenfalls wieder stark zu genommen, zum Beispiel durch den Einfluss des Longboard-Festivals, aber die meisten jüngeren Kids wirst du auf dem Shortboard finden.

Was waren deine besten Ergebnisse?
Meine besten Ergebnisse waren ein erster Platz beim Kingtide Shoot-out Surf Contest auf Sylt 2003 und ein zweiter Platz beim Soulwave in Dänemark 2005 [knapp an Kauli Seadi gescheitert; Anm. d. Red.].

Was hältst du von der deutschen Surf-Szene?
Die Szene ist in meinen Augen sehr gemischt. Die einen leben und surfen den Traum, wie ihn Surf-Filme wie „Endless Summer“ vermitteln, oder wie Surfen in den Medien verkauft wird: lange Haare, bunte Blumen, immer cool und lässig, Drogen, viele Frauen etc. Andere sind da bescheidener und halten sich mit Klischees eher zurück. Nur weil man surft, sollte man sich nicht plötzlich zu cool finden.

Willst du noch irgendetwas sagen, was du schon immer mal sagen wolltest? Jetzt hast du die Gelegenheit.
Ich möchte mich noch gerne bei meinem Vater bedanken, bei O’Neill und deren Mitarbeitern wie Ole W., bei Gero von Fatum und bei all denen, die mich unterstützen. Grüsse hätte ich natürlich an viele Leute. Ich grüsse einfach alle, die sich von mir gegrüsst fühlen wollen.

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