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Marlon who?

Das Unmögliche ist möglich geworden: 2009 surft mit Marlon Lipke erstmals in der Geschichte des Surfens ein Deutscher auf der Dream Tour mit. Was das für das Surfen hierzulande bedeutet, kann man nur erahnen, was das aber für Marlon bedeutet, fanden wir heraus. Wir statteten ihm für ein paar Tage beim Training in der Nähe von Ericeira einen Besuch ab.

Surfers: Spannender hätte dein Aufstieg in die ’CT nicht verlaufen können! Du bist als Neunter in der WQS-Rangliste nach Hawaii geflogen. Die Top 15 steigen auf, zwei Events lagen noch vor dir. Was ist dann geschehen?
Marlon: Ich bin beim ersten Event in Haleiwa als 64ster rausgeflogen und fünf Jungs, die hinter mir lagen, sind an mir in der Rangliste vorbeigezogen. Drei von ihnen sind sogar bis ins Finale gekommen und haben so ordentlich Punkte gesammelt. Schlechter hätte es nicht beginnen können und ich rutschte auf Platz 15 ab. Der zweite Event war dann Sunset [einer der drei Triple Crown Events; Anm. d. Red.]. Es war echt gross und ich -hatte meinen Spass, aber Phil MacDonald lag knapp hinter mir und brauchte nur ein paar mehr Punkte, um auch noch an mir vorbeizuziehen. Ich wusste, dass es dort superschwer würde. Schliesslich habe ich meinen Heat knapp gegen C.J. Hobgood mit 0,8 Punkten oder so verloren und bin tatsächlich auf Platz 16 gelandet. Und das im letzten Event des Jahres, es war echt frustrierend! Aber eine einzige Chance hatte ich noch: Mein Kumpel Tiago [Pires] müsste nur einen Heat weiterkommen, um sich doppelt zu qualifizieren, dann wäre ich auch wieder quzalifiziert gewesen. Tiago schrieb mir aber während des Events, dass er sich verletzt hatte und nicht weiter surfen konnte. Da ich aber eh nicht mehr an diese Chance geglaubt hatte, war ich nicht zu sehr enttäuscht. Es war eh schon so viel auf Hawaii schief gelaufen…

Trotzdem bist du jetzt dabei.
Ja, die ASP vergibt drei Injury-Wildcards für WCT-Fahrer. Es waren aber nur zwei Jungs verletzt, daher entschieden die Offiziellen, den dritten Platz an mich zu vergeben, da sonst niemand dafür in Frage kam.

Wie hast du das erfahren?
Ich stand gerade in einer Bar mit Bier in der einen und Dartpfeilen in der anderen Hand. Um zwölf oder ein Uhr nachts rief Melvin [Marlons Bruder, surft u.a. für Protest; Anm. d. Red.] an. Ich ging nicht ran, da er sicher wieder nur wissen wollte, wie viele Chicks hier rumlaufen würden. Kurz darauf schaute mein Kumpel, mit dem ich unterwegs war, auf sein Handy und auch er hatte neun Missed Calls auf seinem Display stehen. Schliesslich ging ich ran und Melvin meinte nur: „Fuck, du hast die Wildcard! Im Internet steht gerade, Dean Morrison, Aritz und 16 th placed Marlon Lipke hätten sich qualifiziert!“

Und dann?
Es fühlte sich an, als wenn meine Füsse plötzlich vom Boden abheben würden! Ich bin aber wohl mehr durch den Alkohol am Boden gewankt als wirklich abgehoben. Nach ein paar Shots bin ich nach Hause und Melvin war noch wach. Er hat erst mal zwei Currywürste gebraten. Die waren so gut! [lacht] Ich kann es aber immer noch nicht wirklich realisieren. Ich kann gar nicht glauben, dass ich mein Ziel tatsächlich erreicht habe. Wenn ich darüber jetzt so nachdenke, könnte ich echt einen Monat am Stück feiern! Nun bin ich aber erst mal nach Ericeira gezogen. Hier kann ich in Ruhe trainieren und mit meinem Shaper alles für die Tour besprechen.

Hatte es dich komplett unerwartet getroffen oder hattest du noch auf die Wildcard spekuliert?
Ich wusste gar nicht, dass es solch eine Möglichkeit gibt! Im Freudentaumel habe ich nachts noch Quirin [Rohleder, sein Manager] angerufen. Der war aber am Schlafen und wollte mir nicht zuhören. Er meinte nur: „Ja, ja. Bis ich nichts Öffentliches höre, glaube ich dir nicht.“ Schliesslich bekam ich aber so viele SMS und Anrufe, dass es klar war.

Hast du denn nie einen Anruf oder Brief von jemandem Offiziellen bekommen?
Anfangs nicht, da habe ich es auch nur aus dem Internet erfahren. Ich hatte die ganze Zeit schon Angst, dass ich zum Quik Pro nach Australien fliegen und man mich beim Einschreiben fragen würde: „Marlon who?“ Irgendwann rief aber Greg Puget von der ASP Europe an und gratulierte mir.

Wie hast du den anschliessenden Tag verbracht?
Ganz normal. Bin surfen gegangen und rumgecruist.

Wie viele Jahre warst du jetzt auf der WQS?
Vier Jahre. Mit 21 Jahren surfte ich das erste Mal auf der ’QS, obwohl ich nicht jeden Contest mitgemacht habe. Mit 22 habe ich mich an der Schulter verletzt und musste Events absagen. Als ich 23 war, musste ich mich noch von meiner Schulteroperation erholen und konnte vier Monate nicht anständig aufs Wasser. Und 2008, mit 24 Jahren, war ich schliesslich das erste Mal zu 100 Prozent dabei und habe keinen Event ausgelassen.

Was wäre passiert, wenn du es nicht geschafft hättest? Wärst du es noch mal angegangen?
Als ich so ein Pech auf Hawaii hatte, dachte ich echt, ich höre auf mit Surfen. Ich hatte keinen Bock mehr und war total frustriert. Aber nach einer Weile beruhigte ich mich wieder und machte weiter. Durch solche Momente muss man durch und die wird es auch immer wieder im Leben geben. Es war letztlich eine gute Lektion und ich hab es dann auch als solche gesehen. Umso besser natürlich, dass es nicht so gekommen ist.

Hättest du jemals gedacht, dass du eines Tages mit Kelly & Co. in der ersten Liga surfen würdest?
Nee, überhaupt nicht. Ich wusste anfangs noch nicht mal, dass es die ’CT überhaupt gibt. Ich bin nicht so ein Surf-Geek, der sich nur mit dem Surfen beschäftigt. Ich habe Spass daran, aber sobald ich aus dem Wasser komme, mache ich gerne auch andere Dinge.

Hättest du es denn je für möglich gehalten?
Ehrlich gesagt erst im Laufe der Saison. Es waren immer mal Momente da, die mir zeigten, dass ich es schaffen könnte. Erst nach Hossegor dachte ich: „Fuck, noch zwei gute Resultate und ich bin drin.“ Zuvor bin ich bloss step by step meinen Zielen nachgegangen: Erst hatte ich die Junioren-Tour gewonnen, dann war ich das erste Mal 120ster auf der ’QS, dann 80ster, 60ster und dann kam der grosse Sprung.

Was ist das Grundlegendste, was sich kommende Saison verändern wird?
Hoffentlich alles. Ich werde versuchen, mein komplettes Surfen zu verändern, was ich auch machen muss, ansonsten kann ich da nicht -mithalten.

Wie willst du das machen?
Keine Ahnung so richtig. Ich muss erst mal wieder mich selbst finden, meine Motivation und mein Surfen aufbauen. Im Moment bin ich etwas burned out. Das, obwohl der letzte Event einen Monat her ist.

Worauf freust du dich dieses Jahr am meisten und wovor hast du -Respekt bzw. Angst?
Ich will jeden Event der Dream Tour geniessen. Ich will endlich dabei sein und mit den besten Surfern der Welt die besten Wellen der Welt surfen. Auf der WCT wird es hoffentlich so sein, dass ich vor jedem Event denke: „Yes, noch ein Contest!“ Bei der WQS war es eher so: „Oh nee, nicht noch einer…“

Zusammen mit dir sind jetzt sieben Europäer auf der Tour. Wie erklärst du dir diesen Anstieg an Euros?
Wir haben immer einen auf die Mütze bekommen, aber nie aufgegeben. Europa hat die Wellen und die passende Contest-Infrastruktur. Es war einfach nur eine Frage der Zeit.

Hast du schon Tipps und Tricks von dem ein oder anderen ’CT-Kollegen bekommen?
Ja, sie sagen, man muss von Anfang an bereit sein und sich mental drauf vorbereiten. Wenn man auf der ’CT ist, muss man noch mal eine Schippe extra drauflegen.

Wo siehst du dich am Ende des Jahres?
Das kann ich erst nach einigen Event sagen. Ich versuche, erst mal so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln, der Rest kommt im Laufe des Jahres.

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