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AUF & DAVON: Oliver Schaefer per Zufall auf Teneriffa

Geht es euch nicht auch so, dass im Frühling die Reiselust ins schier unermessliche wächst und Jahr für Jahr das Thema Auswandern ans Meer auf den Tisch kommt? Wäre nicht jetzt der richtige Zeitpunkt den Schritt zu wagen? Einfach die Koffer packen und auf unbestimmte Zeit los? Für Oly Schaefer war eigentlich schon immer klar, dass er dem Ruf des Meeres folgen wird. Es war nur die Frage wann und vor allem wohin. Am Ende ist aus einem kurzen Familienbesuch auf Teneriffa 20 Jahre und zwei Kinder geworden. Eine Auswander-Geschichte mit Happy End könnte man sagen und genau der richtige Stoff für eine neue Ausgabe von Auf & davon.

Oliver Schäfer

 

Hallo Oly, wie läuft es und wo steckst du gerade?

Hallo Simon, mir geht es blendend, wie geht es Dir? Ich bin gerade in la Punta del Hidalgo in meiner Wohnung. Habe die Kids zur Schule gebracht, schneller Kaffee, vielleicht ein kurzer Surf und ab in die Arbeit.

Genau so haben wir uns das vorgestellt;) Wenn man Dich im Internet sucht, dann kommt neben deiner Schreinerei TALLAWOOD, ein Artikel über die Surf DM 2005. Erzähl uns mehr davon!

Ja, das waren die Deutschen Meisterschaften in Frankreich/St.Girons. Alle Teilnehmer, Deutsche aus der ganzen Welt (Portugal, Südafrika, Kanaren, Peru, Dominikanische Republik etc.) waren in Zelten oder Vans auf einem Campingplatz untergekommen. Ein Riesenspaß, neue Freunde, viel Surfen und „Good Vibes“. Am Ende habe ich auch noch ganz gut abgeschnitten und bin mit der Deutschen Nationalmannschaft noch im selben Jahr nach Costa de Caparica/Portugal auf die Europameisterschaften gefahren. Sehr schöne Erinnerungen, Erfahrungen und Freunde fürs Leben sind dabei hängen geblieben.

Das klingt nach den guten alten Zeiten des Surfens, als die Deutsche Surfszene noch recht übersichtlich war, aber wir wollen nicht in alten Erinnerungen schwelgen, sondern Fakten;) Seit wann lebst Du auf Teneriffa und wieso genau diese Insel?

Ich bin im Januar 2000 hier angekommen. Alles war eher Zufall. 1999 bin ich das ganze Jahr mit ein paar Freunden, darunter meine damalige Freundin, von England bis Südspanien in meinem Van gereist. Ein Klassiker unter den Surf Roadtrips, der es immer wert ist. In Andalusien meinte meine Freundin, wir sollten ihre Oma auf Teneriffa besuchen, wovon mir all meine Freunde sofort abrieten, da es dort keine Wellen geben sollte. Damals ohne die Socials und mit Internet und Mobiltelefonen in den Kinderschuhen, hieß tatsächlich, dass es nur Wellen auf Fuerteventura und Lanzarote gäbe. Am Ende sind wir dann ohne viel Erwartungen mit dem Schiff ins Unbekannte gefahren. Wie sich kurz darauf herausstellte, hatten sich meine Bekannten in Sachen Wellen sehr getäuscht.

Haha, lustig. Kaum vorzustellen. Wahrscheinlich haben die Locals ihre Insel für sich haben wollen. Aber mittlerweile sind auf Teneriffa einige deutsche Auswanderer unterwegs. Kennt man sich da untereinander, oder macht hier jeder sein eigenes Ding?

Gute Frage, ich würde sagen, das ist eine eher individuelle Entscheidung. Als ich hier ankam gab es kaum eine deutsche Jugend hier, speziell im Norden der Insel. Deutsche Rentner genossen aber schon seit Jahrzehnten die Berge, Wanderwege und das gute Wetter. In meinem Fall ist mein Umfeld bunt gemischt und hat sich einfach so ergeben. Ich glaube im Süden der Insel gibt es eher sowas wie einen nationalen Zusammenhalt. Deutsche, Argentinier usw.

Wolltest Du schon immer ins Warme, oder wie wurde die Idee des Auswanderns geboren?

Es hat mich schon immer in die Ferne gezogen. Ob warm oder kalt war nicht wichtig, das Meer war der einzige unumstößliche Faktor. Dieses innere Drängen die Welt besser kennenzulernen wurde dann irgendwann so stark, dass ich im Alter von 20 Jahren, gegen alle Ratschläge, einfach los musste. Eigentlich wollte ich 1994 nach Südafrika, aber als mir eine Anstellung als Windsurflehrer auf Fuerteventura angeboten wurde, ließ ich alles stehen und liegen und fing dort an zu arbeiten.

Jahre später fand ich mich dann in der oben erwähnten Situation wieder und fuhr nach Teneriffa. Aber sogar dort habe ich eher Tag für Tag und Woche für Woche gelebt, bis mir nach ca. 1-2 Jahren klar wurde, dass sich dieser neue Lebensabschnitt wohl noch in die Länge ziehen würde. Das war dann so vor knapp 20 Jahren.

Oliver Schäfer

Spannende Geschichte. Wenn man als Deutscher viel Surfen möchte bleibt einem dieser Schritt kaum erspart. Hat es sich für Dich nun wirklich gelohnt und wie oft kommst Du ins Wasser?

Meiner Meinung nach gibt es noch Alternativen zum dauerhaften Umzug ins Ausland, aber um qualitativ gute Wellen zu surfen und bestimmte Spots in- und auswendig kennenzulernen ist Auswandern sicher eine sehr gute Lösung. Ich bin hier glücklich und außer endlosen Atlantik-Swells hat mir die Insel noch viel mehr geschenkt.

Ich habe hier zwei wundervolle Töchter, viele Freunde, eine Arbeit, die mir gefällt und etliche Alternativen zum Surfen. Aber um auf Deine Frage zu antworten, zur Zeit bin ich ca. zweimal die Woche im Wasser. Die ersten Jahre war ich monatelang täglich Surfen, teilweise dreimal am Tag, aber mit der Zeit kamen mehr Interessen und Verantwortungen hinzu. Seit ein paar Jahren ist mein Leben viel ausgeglichener und ich bin dankbar dafür nicht immer unter Strom wegen der Wellen zu stehen. Mittlerweile kann ich an guten Tagen sagen: “Heute hab ich keine Zeit, aber das Meer ist auch morgen noch da.” Das tut irgendwie gut.

Dadurch genieße ich auch jede Session umso mehr. 3-4 mal die Woche wäre ideal, glaube ich, da hätte ich gerade noch genug Zeit für die Arbeit, Familie und andere Dinge, die mir wichtig sind.

Jeden zweiten Tag im Wasser – das könnte ich mir auch gut vorstellen, aber was sind die größten Schwierigkeiten in einem fremden Land Fuß zu fassen?

Hier auf den Kanaren muss man sich unter anderem an die endlose Bürokratie gewöhnen, an Unzuverlässigkeit auf vielen Ebenen. Die Sprache ist natürlich auch wichtig, die lernt man aber recht schnell. Viel schwieriger sind die Faktoren, die nicht von einem selber abhängig sind. Freunde zu finden – ich meine „echte“ Freunde. Das geht auch nicht von heute auf morgen. In Ländern wie Marokko oder Indonesien sind die genannten Punkte teilweise noch schwieriger, auch wegen der kulturellen Unterscheide. Ich habe Land auf Sumatra gekauft und dort gibt es noch ganz andere Hürden zu bewältigen.

Das können wir uns gut vorstellen. Auch die lokale Surfszene in Tenne ist bekannt recht bissig zu sein. Stimmt das und wie schaffst Du es Dich dennoch zu behaupten?

Ja das stimmt, hier verteidigt man die lokalen Ressourcen. Der Lokalismus im Vergleich zu anderen Orten an denen ich sonst noch surfen war ist unübertroffen, wobei ich bis jetzt noch nie auf Hawaii war. Um hier in Ruhe zu surfen und nicht ständig anzuecken ist das Prinzip des “sich behaupten” schon einmal falsch. Mit der “Kopf durch die Wand” Technik kommt man hier nicht weit. Wenn man Zeit genug mitbringt, Respekt zeigt, die lokalen Regeln lernt und sich an sie hält, wird man langsam anerkannt. Am Ende lernt man, dass manchmal hinter den grimmigsten Gesichtern die liebsten Menschen stecken.

„Give respect to gain respect“ – der Klassiker. Beruflich bist Du Schreiner und baust auch lauter tolle Sachen rund ums Wellenreiten. Baust Du auch eigene Surfboards?

Nein, dafür ist leider keine Zeit. Aber ich habe gerade einen Auftrag für ein Singelfin, das nur zur Deko dienen soll. Dennoch – damit der Shape authentisch ist, mache ich dieses Brett in Zusammenarbeit mit einem lokalen Shaper (@naturalglide.surfboards). Darüber hinaus arbeite ich seit einem Jahr an einem wunderschönen Projekt mit zwei Freunden, drei Boards aus Agaven zu machen. Da aber die bezahlten Aufträge Vorrang haben und meine Freunde auch diverse Verantwortungen haben, steht es in den Sternen, wann ich mit meinem neuen Agave-Singelfin ein paar kraftvolle Atlantikswells surfen werde…

Oliver Schäfer

Die letzten zwei Jahre waren sicher auch für Dich nicht einfach, wie hast Du es geschafft und wie hat es Dein Leben bzw Deine Einstellung verändert?

Ja, auch hier war viel los, sogar Militär auf den Straßen. Aber Schreiner durften außer ein paar Wochen zum Arbeiten aus dem Haus. Ehrlich gesagt habe ich die zusätzliche Zeit mit der Familie zu Hause sehr genossen und als es wieder an die Maschinen ging, hatten durch mangelndes Reisen viele Leute ein paar Euro für neue Möbel übrig. Surftechnisch durfte man im näheren Umkreis fast immer auf’s Wasser und da ich in zwei Minuten zu Fuß an den ersten Spots bin, hat das auch einigermaßen hingehauen.

Dann hast Du es sicher besser erwischt als viele andere in Spanien, die monatelang in Quarantäne eingesperrt waren. Besteht bei Euch die Option wieder zurück nach Deutschland zu kommen und wenn ja, warum?

Alle Optionen sind offen, ich bin nur hier, weil ich auf meine innere Stimme gehört habe. Wer weiß, was sie morgen sagt;) Aber wie schon erwähnt, bin ich gücklich hier und meine Mädchen sind auch noch jung und jegliche Distanz steht außer Frage.

Wäre ja auch zu doof die Wärme & Wellen gegen Kälte und Großstadtdschungel zu tauschen. Aber was vermisst Du am meisten, wenn Du an Deine Heimat denkst?

An Deutschland? Das Bier. Nein, um ehrlich zu sein, seit dem ich weg bin, hab ich erst gelernt Deutschland richtig zu schätzen. Die Menschen, die Jahreszeiten, meine Familie und Freunde… da gibt es vieles.

Heimat ist und bleibt Heimat! Ein schönes Ende für das nette Gespräch, aber gib uns noch einen kurzen Ausblick. Was hast Du für die nächste Zeit geplant und was dürfen wir bei unserem nächsten Teneriffa Urlaub nicht verpassen?

Meine täglichen Pläne sind so viel zu surfen wie möglich, Zeit mit der Familie verbringen, die Schreinerei voranbringen… Ende April fliege ich nach Santander auf die Spanischen Nationalmeisterschaften in Rythmischer Gymnastik an denen meine Töchter teilnehmen und im Mai hoffe ich ein paar Freunde in Galizien zu besuchen. An Plänen fehlt es nie.

Klingt spannend! Last Words? Danksagung oder so;)

Danke an eure Leser! Geht weiter surfen und wenn ihr noch nicht surft, dann probiert es aus. Viel Spaß!

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