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INTERVIEW: Alex Wippel – der österreichische Big Wave Surfer

Header Image: Kronen Zeitung/Heavywaterfilms

Alex Wippel ist ein echter Waterman. Er liebt es sich mit dem Element Wasser zu messen und das hat den Österreicher zu einem Big Wave Surfer gemacht.

Geboren in Graz – Aufgewachsen in Kalifornien – 1993 nach Maui gezogen und seit zwei Jahren lebt er nun Nazaré – das Mekka der Big Wave Surf Elite. Alex war bei den letzten XXL Swells vor Ort und wir haben ihn zu einem Interview nach dem letzten Big Wednesday getroffen.

Foto: Konstantin Reyer

Name: Alex Wippel
Nationalität: Österreich
Wohnort: Nazaré Portugal
Alter: 44
Beruf: Pro Big Wave Surfer
Towin seit: 1994
Stance: Regular
Team: Rafale Tapia, Sergio Cosme, Nicolau von Rupp
Sponsoren: Krone.TV; TAP Air Portugal; Porsche Wien Nord; Yamaha Marine Austria

Dein Lebenslauf liest sich sehr spannend. Klingt als hättest Du Dein Leben dem Surfen gewidmet. Ist das so?

Ich lebe seit 2 Jahren permanent am Praia do Norte in Nazaré und bin somit der einzige Big Wave Surfer, der bis auf wenige Tage ständig vor Ort ist. Mein Pendeln beschränkt sich auf Besuche meiner Tochter in Graz und Sponsoren/Medientermine. Big Wave Surfen in der Form, in der wir es betreiben, bedeutet den Aufwand ein kleines Unternehmen zu führen und lässt wenig Zeit für anderes. Mein Leben dreht sich im Moment praktisch ausschließlich um die Wellen am Praia do Norte und mein Team.

Du bist in Österreich mittlerweile ein Action Sport Star. War das ein harter Weg?

Große Wellen zu surfen ist an sich schon eine Herausforderung, der aufwändige Teil und Voraussetzung dafür ist es, ein Team zu schaffen und zu erhalten. Driver, 2nd rescue, spotter, filmcrew. Unser Equipment ist teuer und der finanzielle Aufwand ist enorm, wir kämpfen jede Saison, um unseren Traum am Leben zu erhalten. Es ist ein harter Weg aber der beste Job der Welt.

Foto: Konstantin Reyer

Medial wird das Big Wave Surfen, gerade in Nazaré, extrem ausgeschlachtet. Einerseits gut für die Szene, aber der Kampf um die größten und spektakulärsten Wellen ist nicht ganz ungefährlich, oder?

Für Nazaré stellen die Big Wave SurferInnen einen wesentlichen Wirtschaftsfaktor dar. Der „Gigantes do Nazaré“ Contest 2019 wurde im TV von 200 Mio. Menschen gesehen! Krone.TV in Österreich sendete meine „8or80 show“ Episoden wöchentlich im Fernsehen.

Wir pushen jeden Tag die Limits am Wasser, und genieren damit nicht nur footage sondern erweitern dadurch unsern Handlungsspielraum, auch was Sicherheit anbelangt. Wir surfen und fahren unsere Jetski mittlerweile in Bedingungen, die vor 2 Jahren noch als unsurfbar galten: onshore und alle Swellrichtungen. Wir müssen den bequem verfügbaren Sicherheitsbereich verlassen, um, hoffentlich erfolgreich, auf ein neues Niveau an Sicherheit zu gelangen.

Mit der Aufgabe sicheren Terrains erschließt sich uns die Dimension der Offenheit, des Nicht-Fixiertseins. Dies ist die Voraussetzung dafür, Alternativen entdecken zu können. Das Neuschaffen von anspruchsvoller Sicherheit stellt eine Herausforderung dar, sie benötigt Entwicklungsanreize in Form offener Situationen, ungelöster Probleme, unbeantworteter Fragen, also von Unsicherheiten, die es zu bewältigen gilt.

Foto: Konstantin Reyer

Im Wasser gelten andere Spielregeln als in der gesellschaftlichen Kommunikation. Die Natur kommuniziert schließlich nicht mit dem Menschen, sie schweigt und folgt ihrer eigenen Logik und Wellen sind indifferent gegenüber kommunikativen Steuerungsansprüchen. Die Elemente, die in der Natur anzutreffen sind, lassen zudem nur bestimmte körperliche Bewegungsabfolgen zu, andere werden unbarmherzig sanktioniert und mit potentiell letalen Ergebnissen bestraft.

In großen Welle messen wir uns mit Kräften der Natur und im Moment der Aufgabenbewältigung zählen Qualitäten wie Mut, Geschicklichkeit und physisch-organische Einsatzbereitschaft sowie die Fähigkeit, Naturgesetze zu dechiffrieren und in dieser Welt der prinzipiellen Andersartigkeit situationsangemessen zu reagieren. Wir sind Meister der Anpassung und des situativen Entscheidens, wann und wie zu handeln ist. Die Natur ist dabei der Taktgeber, Begrenzer und Ermöglicher unseres Handelns.

Mit bis zu 20 Teams gleichzeitig im Lineup erscheint es teilweise etwas ungeordnet im Wasser. Gibt es hier eine gewisse Absprache oder Regeln?

Unsere Regeln beim tow-in unterscheiden sich nicht von den Regeln beim Surfen. Unsere Spotter an Land haben den Überblick und kommunizieren mit uns über Funk, trotzdem ist es natürlich für die Driver und Rettungsfahrer nicht immer ganz einfach den Verkehr im Auge zu behalten. Starker Wind und die tief stehende Sonne sind oft ein Faktor, der unsere Wahrnehmung beeinflusst. Wenn jemand stürzt, muss alles sehr schnell gehen und das kann für Zuschauer unorganisiert wirken. Wir sprechen uns innerhalb des Teams natürlich ab und trainieren schließlich auch alle möglichen Routinen. Die Teams untereinander sprechen sich kaum ab, da vertrauen wir schon darauf, dass jeder weiß, was er tut.

Gibt es eine gewisse Rangordnung wie an der North Shore? Also Locals first oder so?

Nein, jeder bekommt die Wellen, die er möchte. Man sollte allerdings vorsichtig sein, was man sich dort draußen wünscht, denn der Wunsch könnte Erfüllung gehen:-)

Sicherlich hattest Du auch schon einige brenzlige Situationen erlebt. Welcher Zwischenfall hat dich am meisten geprägt?

Es sind weniger die Situationen, in denen ich selbst in Gefahr war, als die Situationen, in denen jemand anderer betroffen war. Beim letzten Swell bin ich für mein Team 2nd rescue gewesen und Sergino hat Francisco Porcella in eine Bombe am 2.Peak gezogen. Ich bin ihnen gefolgt um den Pick-up zu sichern, konnte nur sehen, dass Francisco weit an die inside surfte und plötzlich riss die Funkverbindung ab und ich konnte Serginio und Franciso nicht mehr sehen. Es war schon spät, fast dunkel, kein weiteres Team am Wasser und ich konnte als 2nd rescue mein Team nicht mehr finden, ein Horror.
Als es schließlich stock-dunkel war, bin ich zurück in die Marina und gemeinsam mit Rafael und Nic mit meinem Truck an den Strand gefahren. Dort haben wir sie dann gefunden, etwas erfroren, aber ok. Serginio erzählte mir dann, dass sich beim Pick-up von Francisco die tow-line im Jetski Impeller verfing und den Jetski im Rückwärtsgang hielt. Er musste rückwärts in eine Welle am 2nd peak fahren und diese hat sie dann erwischt.

Foto: Heide Hansen

Letzte Saison, als Marcello Luna am first peak stürzte war ich gerade an der Inside und sah, dass er sehr schnell in Richtung Felsen getrieben wurde. Das war ein schlimmer Moment, ich konnte ihn nicht erreichen. Lucas Chumbo und Alemao haben ihn buchstäblich im letzten Moment vor einer Katastrophe bewahrt.

Das Thema „Ertrinken“ ist in Nazare präsenter denn je und wir erinnern uns an die Rettungsaktion von Scooby vor wenigen Tagen. Wie geht man mit dieser Angst um?

Angst ist mein Begleiter und ich möchte diesen Filter nie löschen. Furcht und Angst sind aktivieren Kräfte, die für die Bewältigung gefährlicher Situation erforderlich werden. Angst mobilisiert verschiedene physiologische, biochemische, sensitive und psychologische Veränderungen und diese bündeln und steuern gesammelte Erfahrungen zu einem bestmöglichen Krisenmanagement. Wichtig ist, mit Angst umgehen zu lernen und den Übergang in Panik zu vermeiden und das wird durch Kompetenzerweiterung erreicht.

Du bist in einem Team mit Nic von Rupp und Sergio Cosme. Wie kam das und wie teilt Ihr Euch auf?

Ich bin mit Sergio schon seit Jahren befreundet und wir haben schon zusammen gearbeitet, als er mit Koxa surfte. Wenn ich eine Wunschliste an drivern und 2nd rescues an das Christkind schreiben dürfte, stünde Serginios Name ganz oben. Serginio und Rafael Tapia haben mich mit Nic zusammen gebracht. Ich kenne Nic auch schon seit langer Zeit und herrscht großes gegenseitiges Vertrauen. Wir sprechen uns jeden Tag ab, wie wir uns aufteilen und das hängt stark davon ab, ob wir gerade für Medien oder Sponsoren arbeiten oder trainieren. Beim letzten Swell filmte Nic für Sponsoren, da steht diese Produktion im Vordergrund. Wir kriegen alle meistens genug Wellen, Serginio ist durch seine außerordentlichen Skills am Jetski Dreh- und Angelpunkt unseres Teams was unsere Sicherheit anbelangt. Wir achten darauf, dass er auch oft genug am Ende der Leine ist.

Nics Jetski hat beim BIG WEDNESDAY ziemlich gelitten. Was genau ist passiert?

An der Inside in Nazaré zu fahren ist eine Gratwanderung und setzt jahrelange Erfahrung voraus. Der Shorebreak kommt teilweise aus allen Richtungen und die Strömung ist enorm. Wir müssen eine Öffnung nach draußen finden und das ist manchmal nicht ungefährlich. Es ist extrem viel Luft und Sand im Wasser an der Inside und trotz der 300 PS unserer Jetski bekommen wir nicht immer genug Schub vom Impeller, und dann reicht es schon aus, einen Bruchteil einer Sekunde zu langsam zu sein. Das war eben am Big Wednesday der Fall. Eine große Wellen am Praia do Norte bedeuten 500.000 Tonnen Wasser und das ist selbst unseren Yamaha Jetskis zu heftig:-)

Was machst Du wenn es mal keine XXL Wellen gibt? Gehst Du auch „normal“ Wellenreiten, also ohne Schlaufen und Jetski?

Nazaré hat so viele große Tage und ich verbringe dadurch viel Zeit am Wasser und haben lange Tage an den Swell Tagen. Die Zeit zwischen den Swells verbringe ich damit zu trainieren, mein Equipment zu pflegen und im Garten zu arbeiten. Ich surfe eigentlich fast ausschließlich im Sommer gemeinsam mit meiner Tochter. An den guten Surftagen im Winter bin ich driver für Rafael am Foil.

Ich bin von meiner Ausbildung Organisationsentwickler und Management Trainer. Ich veranstalte mit diesem background Seminare und workshops in Nazaré über „Managing Fear“ und „Safety Awareness“ im Zuge dieser Veranstaltungen nehmen wir die Teilnehmer auch mit aufs Wasser und vermitteln ihnen unserer Perspektive des Praia do Norte, vom Jetski aus.

Wie sind Deine weiteren Pläne für die nahe Zukunft?

Große Wellen am Praia do Norte zu surfen und jeden Abend mit meinem Team heil zu unseren Familien zurück zu kehren.

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