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Jordy vs Julian

Fotograf Bill Morris und Schreiberling Nick Carroll begaben sich auf einen Trip entlang Australiens Ostküste. Mit im Gepäck: jede Menge Foto-Equipment bei Billy, ein Satz gespitzte Bleistifte bei Nick und zwei der momentan meistgefeierten Young Guns der Welt, Julian Wilson und Jordy Smith! Zwei, die vielleicht schon bald den Weltmeistertitel innehaben, dabei aber unterschiedlicher nicht sein könnten. Nick Carroll hat sie auf dem Trip beobachtet und stellt sie uns vor!

JORDY
„Er erinnert mich irgendwie an einen Hai“, sagt Julian Wilson, während er Jordy durch die Windschutzscheibe beim Surfen beobachtet. Jordy mit seinen 1,86 Metern und 95 Kilo liegt gerade in der Inside eines barrelnden Beachbreaks, bereit, mit dem nächsten Weisswasser an Land zu kommen. Er hat bereits über zwei Stunden gesurft, sieht aber nicht wirklich zufrieden aus. Er sieht eine kleine Section im Weisswasser und springt auf sie wie eine Katze. Smack! Slash! Skim! Carve! Binnen weniger Sekunden ist das bisschen Welle bis zur Unkenntlichkeit von vier der schnellsten, kraftvollsten Turns des modernen Surfens zerstückelt worden. Als Jordy erst auf dem Strand vom Brett steigt und zu uns zum Auto gelaufen kommt, meint Julian nüchtern: „Schau ihn dir an! Ich habe ihn noch nie zufrieden eine Session beenden sehen. Ich glaube, er ist einfach nur ein grosser, böser Südafrikaner.“ Diese beiden 20-Jährigen sind unterschiedlich wie die Seiten einer Münze; das Einzige, was sie verbindet, ist ihr angeborenes Talent! Julian, der entspannte, gut aussehende Junge aus Noosa, und Jordy, der grosse, kraftvolle Bursche aus Durban, dem viele nachsagen, dass er spätestens in drei Jahren mindestens einen Weltmeistertitel in der Tasche haben wird. Sie sind hier zusammen mit Jordys Vater Graham Smith, Fotograf Bill Morris und mir auf einem Surf-Trip an einem einsamen Surf Spot in der nördlichen Ecke von New South Wales.

„Jordy geht hier nur so hart ab, weil er weiss, dass Julian ihm zuschaut“, erklärt Jordys Vater. Jordy steht in den letzten vier Jahren unter ständiger Beobachtung der globalen Surf-Maschinerie, seit er sich durch sein ultramodernes -Power-Surfen an die Spitze der neuen, jungen Generation südafrikanischen Surfens positioniert hat. Er ist der Einzige neben dem Kalifornier Dane Reynolds, auf dessen selbstbewusste Ankündigungen auf einen Weltmeistertitel man etwas geben sollte. Vor zwei Jahren schnappte Jordy Julian nach einem heissen Duell den World-Junior-Titel vor der Nase weg – nur wenige Monate, nachdem Julian das Gleiche mit ihm und dem Titel der World Amateur Juniors gemacht hatte. 2007 gewann Jordy schliesslich die ASP World Qualifying Series in seinem allerersten Versuch – und das mit einem Vorsprung, durch den er schon zwei Monate vor Ende uneinholbar weit vorne lag. Seither teilen sich die beiden die Siegerpodeste. Julian räumt dabei hauptsächlich in Australien die Trophäen ab, Jordy im Rest der Welt.

Neben seinen Siegen im letzten Jahr sorgte Jordy zusätzlich für grosse Schlagzeilen, als er im Zentrum des grössten Sponsorengerangels seit Kelly Slaters Debüt 1990 stand. Nike warf sich damals mitten in das Gezerre um den Südafrikaner. Gerüchten zufolge sollen sie ihm fünf Millionen US-Dollar für einen Dreijahresvertrag angeboten haben. Die gesamte Surf-Industrie hielt damals den Atem an. Keiner war begeistert, dass sich ein solch riesiger Sportgorilla in ihr Geschäft einmischte. Am Ende unterschrieb er aber bei der Firma, die geholfen hat, Surfen gross zu machen! O’Neill hat mit Sicherheit nicht so viel Geld ausgespuckt, trotzdem entschied sich Jordy für sie. Auf die Frage hin, warum er damals den fetten Köder von Nike nicht schlucken wollte, meint er: „Hey, man weiss nicht, wie die ganze Geschichte ausgegangen wäre. Ich bleib lieber bei einer Firma, die tief im Surfern verankert ist und da ihre Wurzeln hat.“ Eine ziemlich reife Entscheidung für einen 20-Jährigen, der ausser von seiner physischen Erscheinung sehr jung für sein Alter wirkt!

Ausserhalb des Wassers ist Jordy immer für einen Spass zu haben. Er liebt es, Witze auf anderer Leute Kosten zu machen. Auf unserem Trip die Küste hoch ist er immer der Erste, der morgens aus dem Bett kriecht. Und während Julian noch schläft, schleicht sich Jordy in dessen Zimmer und nervt ihn so lange, bis der es nicht mehr aushält und ebenfalls aus dem Bett klettert. Im Wasser surft Jordy stundenlang und experimentiert immer wieder an neuen Moves. Dabei steht er Sachen, die noch nicht mal einen Namen haben. Sein Surfen ist extrem kraftvoll und trotz seiner Grösse büsst er nichts an Geschwindigkeit ein.

JULIAN
Währenddessen wirkt Julians Surfen fast schon spielerisch leicht. Man sieht sofort, dass Surfen für ihn so einfach ist wie für andere Leute Fahrradfahren. Er verkörpert das Klischee des blonden, braun gebrannten australischen Supergrommets. Dabei ist er aber ein sehr netter, wohl erzogener, immer freundlicher und unkomplizierter Junge. Julian surft, seit er ein Baby gewesen ist, die Wellen seiner Heimatstadt Noosa an Queenslands Sunshine Coast und kann so ziemlich alles auf einem professionellen Level surfen, was ihm unter die Füsse kommt, ganz egal ob Longboard, Shortboard, Fish oder was auch immer! Tausende Stunden auf dem Wasser haben ihn schon in seinen jungen Jahren zu einem sehr routinierten Surfer gemacht. Seine beiden älteren Brüder Bart und Sebastian sind ebenfalls talentierte Surfer. Bart ist sein Fulltime-Manager, sein Vater ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, den es aber nur am Wochenende aufs Brett zieht. International ist Julian durch das Video seines Sponsors Quiksilver bekannt geworden, als er in „Young Guns 3“ mit seinem radikalen New-School-Surfen für Furore sorgte.

Billy Morris kennt Julian und dessen Talent schon sehr lange. Mit zehn zarten Jahren machte Julian bereits den ersten Foto-Trip mit Billy. Morris erzählt, er wäre total geschockt gewesen, wie hart Julian schon in dem Alter am Rippen war! Doch der frühe Ruhm brachte beim jungen Julian auch Probleme mit sich. „Ich glaub, er ist schon ein paar Mal wegen des Ganzen ausgeflippt. Er hat wohl mal seiner Mom erzählt, er wüsste mit dem Druck nicht gut umgehen.“ Nachdem Billy mir das abseits der Jungs ins Ohr geflüstert hat, greife ich sofort zum Telefon und rufe Julians Mutter Nola an. Sie weiss sofort, was Billy meinte. „Der Grund dafür ist, dass Julian kein sehr ausgeprägtes Ego besitzt“, sagt sie. Dann erzählt sie noch etwas Spannendes: „Er bekam nicht nur durch das Surfen eine Menge Aufmerksamkeit geschenkt. Es gab da mal so einen Modellwettbewerb für Kinder, bei dem man einen Jahresvertrag bei einer Schuhfirma gewinnen konnte. Ich hatte damals spontan ein Bild von Julian eingeschickt. Er gewann den Wettbewerb und es endete damit, dass er über vier Jahre die Kataloge und Anzeigen der Firma schmückte. Er stand also von Anfang an im Rampenlicht. Er war damals sechs Jahre alt und hatte das, glaub ich, gar nicht so wirklich realisiert“, erzählt sie weiter. „Er fuhr einfach auf seinem Skateboard ein wenig vor der Kamera herum, während die anderen Fotos machten. Er mochte die Photoshoots zwar nicht besonders, wusste aber, dass er dadurch Geld bekam, um sich ein neues Skateboard kaufen zu können. Irgendwann fand er heraus, dass es doch etwas Besonderes ist, vor der Kamera zu stehen, und drohte etwas abzuheben. Er war aber in seinem Familienumfeld so gut verankert, dass er sich schnell wieder besonnen hat.“

Nach dem Gespräch mit Nola kratze ich mich am Hinterkopf und denke darüber nach, ob ich wohl gerne in Julians Haut stecken würde: Er wird seit jeher von der Kamera geliebt, in Fashion-Katalogen gefeiert, haut im Alter von zehn Jahren gestandene Surf-Fotografen von den Socken und bleibt trotzdem in seinem gutbürgerlichen Umfeld Noosa Heads „down to earth“. Nach kurzem Überlegen: Klar, ich würde sofort tauschen wollen! Denn so wie ich ihn hier kennengelernt habe, glaube ich, ist Julian der glücklichste Surfer der Welt. Er geht seinen ganz eigenen Weg und versucht auch erst gar nicht, mit Jordys pyrotechnischem Surfen mitzuhalten. Doch dann, am Ende unseres Trips, haut Julian plötzlich den Trick der Woche raus. Er schiesst das Face der Welle hoch, hebt senkrecht ab, grabbt das Board mit beiden Händen und dreht sich irgendwie über Kopf und noch mal um 360 Grad. „Das ist das erste Mal, dass ich die Sushi Roll gestanden habe“, grinst er uns entgegen.

Die Competition mit Jordy auf diesem Trip hat sich wohl doch ausgezahlt. Ich bin gespannt, welcher der beiden als Erstes einen Weltmeistertitel in seine Heimat bringt! Behaltet sie im Auge!

Marlon sagt…
Jordy Smithers? Von den „Simpsons“? Nein, im Ernst: Ihr habt ja im Interview [ab Seite 36] gelesen, dass unser Verhältnis nach dem Contest in Durban nicht mehr das beste ist. Aber davon mal abgesehen fährt Jordy ’ne geile Linie, fährt supersmooth, nichts ist forciert und sein Surfen erinnert mich extrem an Parkos. Zu Julian: Ich finde es cool, wie er sein Ding durchzieht. Vielleicht ist er noch nicht solch ein auffälliger Charakter wie Dane Reynolds oder Jordy, aber der Junge hat Talent ohne Ende, und wenn er mit den Jahren seine Technik noch weiter ausfeilt, kann er es extrem weit bringen. Ich kenne ihn nicht persönlich, aber was ich bisher von Julian gesehen habe, kommt echt sehr cool rüber!

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