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Maya Gabeira

Frauen und grosse Wellen, das passt nicht zusammen! Frauen sind einfach zu zerbrechlich und zu ängstlich, sich dieser Naturgewalt zu stellen. Oder täuschen wir uns da etwa? Die 21-jährige Brasilianerin Maya Gabeira beweist spektakulär das Gegenteil. Innerhalb von fünf Jahren hat sie sich vom Big Wave Rookie zur bekanntesten Big-Wave-Surferin aller Zeiten entwickelt. Ben Mondy hat den Aufstieg dieser Ausnahme-Surferin für uns beobachtet.

Es war ein Dezembertag wie aus dem Bilderbuch. Das Finale des O’Neill World Cup auf Hawaii spitzte sich zu und Sunset lief mit 15 Fuss und Offshore so gut und gross, wie es werden kann. Ich sass im Auto mit dem Fotografen J.P. Van Swaye. Nur mühsam schlängelte sich die Blechlawine den Kam Highway entlang. Während ich gestresst vor mich hin schwitzte und trotzig immer mal wieder auf die Hupe drückte, klingelte mein Handy und Maya Gabeira zeigte, dass ich nicht mal ansatzweise so gestresst war wie sie. Zusammen mit Big-Wave-Surfer Carlos Burle sass sie schon auf dem Jetski im Hafen von Haleiwa und war bereit, einige der Outer-Reef-Wellen Oahus zu scoren. J.P. sollte mit auf dem Jetski rausfahren, um die Action zu dokumentieren. Durch den Stau waren wir spät dran und letztlich war ich schuld, da ich das Shooting organisiert hatte. „Es sind 20 Fuss und es läuft perfekt!“, schnappte sie in den Hörer. „Wir warten schon seit einer halben Stunde! Wir fahren jetzt los, es ist zu gut zum Warten!“

Ich lernte schnell, dass man ein starker Mann sein muss, wenn man sich zwischen Maya und grossen Wellen stellt. Glücklicherweise ist ihr Landsmann, Tow-Partner und Big-Wave-Legende Carlos Burle ein solch starker Mann. „Kein Stress, wir warten noch 15 Minuten!“, hörte ich ihn in im Hintergrund. Seine ruhige Stimme nahm etwas Druck von meinen Schultern. „Sie ist bloss heiss, endlich aufs Wasser zu kommen, es ist nichts Persönliches!“

Am Ende schaffte es J.P. noch rechtzeitig und Carlos und Maya surften einige 20-Fuss-plus-Bomben. Es war eher eine durchschnittliche Session für eine Frau, die innerhalb kürzester Zeit zur besten Big-Wave-Surferin der Welt aufgestiegen ist.

Wie kommt ein Mädchen aus Rio und Tochter eines bekannten brasilianischen Politikers dazu, die heftigsten Wellen der Welt zu surfen? „Ehrlich gesagt fing ich das Surfen erst mit 14 Jahren an“, erzählt Maya, als sie sich nach der Session beruhigt und umgezogen hatte. „Mein damaliger Freund war verrückt nach Surfen. Da hat es dann auch bei mir klick gemacht.“

Drei Jahre später, der Freund war schon längst Geschichte, stieg Maya Gabeira in einen Flieger mit Ziel Hawaii. Einige Monate wollte sie dort verbringen, was ihren Eltern so gar nicht passte. „Meine Eltern fanden, dass das keine gute Idee wäre und ich lieber zur Schule gehen sollte. Meine ältere Schwester schloss gerade ihr Psychologiestudium ab. Dass ich in so jungen Jahren lieber alleine die Welt bereisen wollte, gefiel ihnen gar nicht. Sie sahen darin keine Zukunft. Und ehrlich gesagt, den Punkt kann ich sogar nachvollziehen.“

Doch Maya verliebte sich in den Hawaiian

Way of Life und grosse Wellen faszinierten sie zutiefst. „Ich war sicher nicht frei von Angst, ganz im Gegenteil. Selbst heute noch habe ich Angst vor grossen Wellen. Aber dank meiner Einstellung und der Suche nach Herausforderungen bringe ich mich dazu, die Grenzen immer weiter zu verschieben und immer wieder neue Dinge auszuprobieren. Über die Jahre wurden so Situationen, die ich früher noch als sehr unangenehm empfunden hatte, angenehmer. Ausserdem bin ich verdammt dickköpfig und gebe niemals auf. Ich kann 500-mal nacheinander hart gewaschen werden, steige aber immer wieder aufs Brett.“

Als Maya 2004 Augenzeuge von Bruce Irons’ legendärer 25-Fuss-Welle beim Eddie Aikau wurde, war das ein Schlüsselerlebnis für sie und hat sie endgültig auf ihrem Weg bestärkt. „In dem Jahr fing ich an, Waimea- und Sunset-Wellen zu surfen. Ich lieh mir grössere Boards von auf Hawaii lebenden befreundeten Brasilianern. Die ersten wirklich grossen Wellen waren extrem aufregend. Doch als ich gesehen habe, was beim Eddie Aikau ging, dwar mir klar, dass ich alles probieren würde, eines Tages auch solche Wellen surfen zu können. Dieser Tag, als Bruce in den mächtigen Shorebreak zog, öffnete mir die Augen. In den folgenden Jahren verbrachte ich die meiste Zeit auf Hawaii und jedes Mal, wenn es in der Bucht brach, war ich draussen.“

Von rund 30 Leuten, die dort regelmässig surfen, war sie zusammen mit Jamiela Starr die einzige Frau. Doch Maya hält nicht viel von Statistiken. „Inzwischen kenne ich die Leute im Line-up sehr gut. Es macht für mich keinen Unterschied, ob ich die einzige Frau im rauen Ozean bin, denn was für mich zählt, ist das wachsende Selbstvertrauen, das sich mit jeder Welle verfestigt. Wenn man weiss, was zu tun ist und wo man sitzen muss, wirst du auch deine Wellen bekommen, egal wie gross die Welle oder die Crowd ist.“

Ganz offensichtlich führt Mayas Kombination aus Erfahrung und Einstellung zu einer Menge Medieninteresse. Ihre Sponsoren unterstützen sie bei ihrer Karriere und es lässt sich allmählich ein Leben damit finanzieren. Doch für Maya ist dies zweitrangig; wie bei so vielen Big-Wave-Surfern sind es der Thrill und die Suche nach noch grösseren Wellen, was sie antreibt. „Ich fange gerade an, gutes Geld mit meiner Leidenschaft zu verdienen, doch wie am ersten Tag konzentriere ich mich voll und ganz darauf, wer ich sein will. Ich weiss, welche Wellen ich mit wem surfen will, und das ist mein Antrieb.“

Ihre gesunde Einstellung kam ihr schliesslich im Mai 2007 zugute. Ein gewaltiger Swell war für Teahupoo vorhergesagt und die gesamte Big-Wave-Welt buchte Flüge nach Papeete. Auch Maya beobachtete, was dort auf der Satellitenkarte im Internet vor sich ging. „Ich war gerade wieder auf Hawaii und bereitete mich auf die Saison vor. Alle sprachen über den Swell. Schliesslich überredeten mich meine brasilianischen Freunde, mit ihnen mitzukommen. Ich sagte mir die ganze Zeit, ich bräuchte ja nicht zu surfen, wenn es zu krass würde. Vielleicht würde es ja einen Tag später weniger brutal sein. Mein Ziel war also, dieses Naturspektakel zu beobachten und ein Gefühl für den Spot zu bekommen, um es für einen anderen Versuch in der Zukunft zu nutzen.“

Als sie mit dem Who’s who des Big-Wave-Surfens nach Tahiti flog, sah sie keinen Anlass, diesen Plan zu ändern. „Ich sprang auf den Flieger und kam einen Tag vor dem Swell an. Viele der anderen Big-Wave-Surfer sassen in meinem Flieger und mir wurde schlagartig klar, dass ich nicht mal ansatzweise auf dem Level war wie die Jungs. Ich meine, Laird Hamilton war dabei und ich dachte nur: ,Oh, mein Gott, was mache ich hier eigentlich?!‘ Das bestärkte mich in meinem Vorhaben, nur zusehen zu wollen. Ich hatte überhaupt keine Erwartungen an diesen Trip“, erinnert sich Maya.

„Der Plan wurde in dem Moment über den Haufen geworfen, als Carlos auftauchte“, erzählt sie verlegen weiter. „Am Morgen des grossen Tages klopfte Carlos um vier Uhr früh an der Tür und fragte nicht einmal, ob ich es versuchen wollte. Es war schon entschieden. Für ihn war es ganz einfach. ,Hier ist ein Tow-Board, los geht’s!‘ Ich hatte nie wirklich auf einem Tow-Board geübt. Er drückte es mir einfach in die Hand, da es das einzige Goofy-Board im Haus war.“

Im Morgengrauen liefen bereits 20 bis 25 Fuss hohe Brecher über das Riff, gerade noch die Grösse, die Teahupoo verträgt. Auf das Drängen von Carlos und der Red Bull Crew, die gerade für das Filmprojekt „Inside Teahupoo“ drehte, surfte Maya einige der härtesten Wellen, die je eine Frau gesurft hat. Auch Wipe-outs, die die meisten Männer heulend in die Lagune gespült hätten, hielten Maya nicht davon ab, sich immer wieder diese Welle zu schenken.

„Ich hatte einige echt schlimme Stürze gleich am Anfang und hab mir dabei auch arg wehgetan. Es war wirklich gruselig und ich musste sehr mit mir kämpfen, das zu vergessen. Es war die grösste Überwindung meines Lebens, dort surfen zu gehen. Aber wenn jemand, dem du vertraust, dir sagt: ,Komm, nimm das Seil!‘, dann weisst du, solch eine Chanche wird es vielleicht nie wieder geben. Du musst also danach greifen!“

Und das ist das, was Maya Gabeira auch weiterhin macht. Gerade kam sie von einem Big-Wave-Trip aus Alaska zurück und mit süssen 21 Jahren hat sie Sessions in Waimea, Mavericks und Teahupoo auf dem Kerbholz. Ich bin mir sicher, dass dies gerade erst der Start zu einer nie zuvor gesehenen Karriere ist – ebenso wie ich weiss, dass man sich besser nicht zwischen Maya und eine Welle stellt!

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