Der Südafrikaner Kwezi Qika ist der erste schwarze Surfing Champion. 2005 verewigte er sich mit dem Sieg der südafrikanischen Juniorenmeisterschaft in den Geschichtsbüchern. Heute, drei Jahre später, gilt er als Vorbild für viele farbige Kids. Kwezi hat durch das Surfen den Weg aus dem Ghetto gefunden – weg von den Drogen, der Armut und der Gewalt.
Der Muizenberg-Local auf dem Weg nach oben
Als Kwezi mit elf Jahren das erste Mal zum Surfen nach Muizenberg kam, hatte er ein gebrochenes Brett unterm Arm und konnte nicht schwimmen. Doch gesegnet mit viel Talent fiel es dem jungen Qika leicht, die Wellen in der False Bay zu meistern. Das ist jetzt acht Jahre her. Kwezi hat seither viel Zeit auf dem Wasser verbracht und einige nationale Contests gewonnen. Als erster Schwarzer schaffte er den Sprung ins elitäre südafrikanische Springbok Team. Mit diesem Team ging er auch international für sein Heimatland Südafrika an den Start: Bei den World Games in Huntington/Kalifornien war er als Ersatz für den auf vier gesetzten Matthew „Mouse“ Moir dabei und zudem bei den Weltmeisterschaften in Anglet/Frankreich im letzten Jahr am Start.
Kwezis Traum ist es, der erste schwarze Weltmeister im Longboarden zu werden. Jede freie Minute wird an diesem Traum auf dem Wasser gearbeitet: Die Tricks werden erweitert, verschiedene Boards gesurft und mit anderen Surfern ausgetauscht.
Ghetto Life
„Ich weiss, dass ich fokussiert bleiben muss und keine Drogen oder anderen Ärger an mich ranlassen darf.“ Das ist gar nicht so leicht, wenn man wie er im Township Ocean View lebt, wo Gangs, Drogen, Kriminalität und Alkohol allgegenwärtig sind.
Zwei seiner Freunde, die gleichzeitig mit ihm angefangen hatten zu surfen, sind bereits hinter Gittern. Das Leben im Township ist hart und als Surfer gilt er dort eher als Exot. Wenn man Kwezi einen Lift nach Hause gibt – von Muizenberg nach Ocean View sind es circa 15 Minuten –, fühlt man sich dort doch ein bisschen unsicher, vielleicht sogar unwohl.
Doch sobald er bemerkt, dass man es mit der Angst zu tun bekommt, entschärft er die Situation: „Relax bruh, nothing is gonna happen when ur with me!“ Und auch die Leute in den kleinen Häusern grüssen freundlich: „Hey Kwezi! What’s up, how was the surf?“ Er wohnt dort mit seiner Mutter, seinen Geschwistern, Cousins und Cousinen, die sich jeweils zu dritt ein Zimmer teilen! Trotz seiner Herkunft versucht er alles, um seinem Weg treu zu bleiben, und besucht seit einiger Zeit das False Bay College.
Sein Wunsch ist es, irgendwann mal wieder in die USA zu fliegen, um mehr Zeit mit seiner in den Staaten lebenden Freundin Hannah zu verbringen. Die beiden trafen sich, als Hannah in einer Surfschule in Muizenberg jobbte. „Es ist schon etwas merkwürdig, hierher zurückzukehren, wenn man einen Monat in Kalifornien gewesen ist, ein bisschen wie vom Himmel zur Hölle“, sagt Kwezi. „Aber es motiviert mich und macht mich stärker, meinen Traum zu verwirklichen.“
The Black Americans
Eine der gefürchtetsten Gangs in Kapstadt, die auch in Kwezis Heimatort Ocean View ihr Unwesen treibt, sind die Black Americans. Auch der kleine Kwezi musste schon Bekanntschaft mit diesen üblen Typen machen. Sie verfolgten ihn, wollten ihm Angst einjagen, denn der Kleine war smarter und vor allem dank seines Sponsors Puma immer gut gekleidet.
Kwezi konnte ihnen immer entwischen, aber so richtig wohl in seiner Haut war ihm nie. Als er dann aber eines Tages der erste schwarze Longboard-Juniorenmeister Südafrikas wurde, was selbst dem Anführer der Black Americans nicht verborgen blieb, der dies auf der Titelseite des „Cape Argus“ las, hatten Kwezi und seine Familie endlich ihre Ruhe, was auch bis heute noch so ist.
Meine erste Begegnung mit Kwezi
Vor vier Jahren traf ich Kwezi in Muizenbergs Corner. Er fiel gleich auf: viele Wellen, viele Tricks und pechschwarz! Wie er die ganze Zeit über am Lachen ist, umgibt Kwezi eine besondere Aura auf dem Wasser, die ihn hervorhebt vom Rest. Einen so positiven Surfer hatte ich zuvor noch nicht auf dem Wasser getroffen. Sein Potenzial auf dem Brett war deutlich zu sehen, nur hatte er ganz klar ’ne Krücke unter den Füssen. Ich sprach ihn auf sein verbeultes und zigmal geflicktes Brett an – wir reden hier von einem schweren Single Fin, kaum konkav, mit runden Rails und konvexem Bottom. Nichts mit hektischen Turns oder artistischen Manövern, dachte ich, und bat ihm mein Log an. Kwezi zeigte gleich bei der ersten Welle, wie vielseitig man das Board surfen kann, und wollte es nicht mehr abgeben. Gestoked von dem Brett und mit einem Grinsen, das immer breiter wurde, surfte Kwezi das Brett in seiner vollen Länge: Hang Fives, Hang Tens und klassische Drop Knee Turns… the list goes on.
Wir tauschten Namen und Telefonnummern auf dem Wasser und es vergingen ein paar Wochen, bis wir uns wieder trafen. Wieder wurden Bretter getauscht, wurde begutachtet, wie hart der junge Qika abgeht, und wieder mit staunenden Blicken beobachtet, wie schnell er war, obwohl er keine Surf-DVDs studiert hatte oder versuchte, irgendwelche Moves zu kopieren. Immer höflich und mit viel Respekt den anderen Surfern gegenüber im Line-up gibt er eine Vorbildfunktion für die anderen schwarzen Kids aus der Umgebung ab, für die das Wasser sonst nie ein Thema war. Surfen war in Apartheid-Zeiten „for whites only“ und Bretter und Wetsuits waren viel zu teuer. Mittlerweile sieht man immer mehr schwarze Surfer im Line-up von Muizenberg. Bleibt zu hoffen, dass auch sie ihre Chance bekommen, sich weiterzuentwickeln, um international mitzumischen. Das Potenzial auf dem Wasser und die Einstellung an Land bringt Kwezi mit – man darf gespannt sein, wie weit er kommen wird.
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