Konstantin Arnold hat im letzten Jahr wohl den Traum der meisten deutschen Surfer gelebt. Ein Jahr in Australien und Indonesien immer auf der Suche nach den besten Wellen. Hier ein kleiner Bericht wie es so war:
Australien
Neun Monate Surfen. Wie eine vom Doktor verschriebene Droge, die man pflichtbewusst morgens, mittags und abends zu sich nimmt. Es scheint als wäre man ein Teil von den Menschen, die am Meer groß geworden sind. Urlaubscharakter hat urplötzlich lediglich noch das Skype-Gespräch in die heimischen Breitengrade. Ganz unorthodox bleiben beim allabendlichen Bier zwei Fuß gleich zwei Fuß, weil keiner einem Glauben schenkt, wenn man quadriert wie ein richtiger Deutschtourist. Und dennoch sind die wirklich guten Jungs von einer unglaublichen Bescheidenheit geprägt, auch wenn sie mit 16 bereits Parko in D’bah Contests abgesägt hatten. Thomas Stubbs, Kai Hing, Blake Wilson und Dimity Stole sind nur ein paar Namen, die sich bereits über Queenslands Grenzen ausgebreitet haben. Paddelt man an einem Turn der eben Genannten vorbei, hat man das Gefühl jemand wirft Handgranaten in eine Welle. Surft man jeden Tag mit den Jungs bemerkt man den eigenen Fortschritt so sehr, wie die sich drehende Erde.
Singapur
Insgesamt waren es über 30 Stunden, die ich am wohl aufregendsten Flughafen der Welt verbringen durfte. Aber nicht wie im futuristischen Surfmovie mit zwei Freunden und einem MacBook! Nein, alleine und das ganz ohne technischen Schnickschnack des 21. Jahrhunderts. Neben basalen Bedürfnissen wie Essen, Schlafen und Bewegung verbrachte ich die Zeit damit ein paar Zeilen zu Papier zu bringen, aus denen im Endeffekt dieser Text geworden ist.
Indonesien
Dreieinhalb Stunden später wurde mein westlich geprägter Horizont gesprengt. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was es war. Der unzähmbare Verkehr, die fast flüssige Luft oder mein Driver, der mir so viele Fragen stellte, das ich mit dem Antworten gar nicht mehr hinterherkam. Ich verbrachte eine ganze Zeit in Keramas und sollte in naher Zukunft weiter nach Bukit, um nach sechs Monaten das Mädchen wiederzutreffen, für das es sich zu Warten gelohnt hatte. Wir bereisten Lembongan, wurden in Lombok übers Ohr gehauen und hatten eine unglaubliche Zeit, in einer Welt, in der man sogar die Polizei kaufen konnte. Menschen zwischen Missgunst und Interesse. Indonesien ist eine Hure! Wunderschön und dreckig zugleich. Ein Gegensatz folgt dem Nächsten und man surft Bilderbuchwellen inmitten von Treibmüll und brechreizendem Surftourismus. Ich hatte in sechs Wochen mehr Barrels als in den Urlaubsgeschichten deutscher Surftouristen und keinen nennenswerten Kontakt mit scharfem Riff. Ist es über Kopf hoch, die richtige Tide und die erste Setwelle, bei der man die Insight völlig in den Sand gesetzt hat, gibt es Saures. Ansonsten hat man aber solch einen Ständer im Wasser, dass es schon fast wehtut diese ozeanischen Schönheiten anzupaddeln.
Singapur
Ironie des Schicksals oder einfach fehlendes Buchungstalent? Eine Antwort auf diese Frage konnte ich während meines zweiten Aufenthalts über 30 Stunden nicht finden. Während meine Freundin den direkten Anschlussflug bekam, durfte ich zum zweiten Mal „Bear Grills: Flughafenepisode“, spielen.
Zuhause
Das Erste was passiert, wenn man nach zwei Monaten Indonesien wieder vor dem heimischen Kleiderschrank steht, ist das vier Jahre alte Bintang Tanktop in den Restmüll zu werfen. Verstärkt wird der Drang zu dieser Handlung in meinem Fall noch durch mein Auslandssemester in Australien. Doch was passiert danach? Uni, Leben um zu Arbeiten und Termine einhalten? Bei welchem Resozialisationsprogramm kann ich mich eintragen? Nebenwirkungen sind das frühe Aufwachen, das frühe Einschlafen und ein sportliches Vakuum, das nicht mal durch eine gute Skatesession, gefüllt werden kann. Hätte ich nicht so eine schöne Freundin, wäre ich wohl nie wieder gekommen.
Bildergalerie
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