Story & Text: Kassandra Schneider
Surfer und Nazi-Symbole vereint eine langjährige Liaison. Das ist peinlich – denn unsere Szene glänzt nicht gerade mit Diversität. Zeit, mit der Vergangenheit und dem Thema “Surf-Nazis” aufzuräumen.
Hawaii-Hemden mit Ukulele, zottelig-langhaarige Gestalten, seltsame Handzeichen und schon beinahe nervtötende Gelassenheit. Eine kleine Blase fröhlichen Strandlebens, Aussteiger und Sinnsuchende vereint unter der Flagge von Abenteuer und Freiheit. Ein Lebensstil, der unter diesen klischeehaft-sperrigen Begriffen als Dasein abseits der Gesellschaft romantisiert wird. Mit der Surfszene assoziiert der unbedarfte Strandbesucher vieles. Aber sicher nicht die Ideologie und Symbolik der Nationalsozialistischen Partei, die in Deutschland 1933 die Macht übernahm und den Tod von 6 Millionen Juden veranlasste. Wtf sollen also Surf-Nazis sein?
Soldaten der Sturmabwehr, die Wellen am Sylter Strand abreiten?
Der erste Surf an deutschen Stränden wird tatsächlich erst auf 1953 datiert. Etwas stört die Reihe kitschig-verklärter Assoziationen – der leise nagende Verdacht, das Südseeparadies könnte doch nicht so idyllisch und Surfen neben all dem New-Age-Gelaber elitär und ausgrenzend, gar diskriminierend und rassistisch sein.
Wir Surfer selbst können über die von Vorurteilen gefärbten Ausschmückungen sowieso nur schmunzeln, denn wir wissen – sie fangen lediglich einen kleinen Teil der Realität ein. Wer sich in der Szene bewegt, dem ist klar: Unter der sonnenbeschienenen Oberfläche schlummern so einige Probleme. Das Postkartenmotiv samt Hibiskusblüten und Ukulelen-Klängen in rosagefärbtem Abendlicht wird überschattet von einer dunklen Wolke aus
Territorialgehabe. Einschüchterung und Machtdemonstration gehören zur Surf-DNA wie „Hang Loose“, Wax und Wetsuit. Sich Respekt an einem Surfspot zu verschaffen kann Jahre dauern. Bis es so weit ist, leben die meisten von uns in Angst, als „Kook“ enttarnt und mit Spott und Verleumdung gestraft zu werden – schlimmer als auf dem Schulhof.
Frage: Wie wird es dann wohl Menschen im Line-up ergehen, die nicht nur wegen ihrer Surfskills, sondern aufgrund von Hautfarbe, Glaube, Geschlecht oder sexueller Orientierung ohnehin bereits Diskriminierung in der Gesellschaft ausgesetzt sind?! Es sollte nicht als Überraschung kommen, dass unser geliebter Sport tatsächlich eine unschöne Vergangenheit hat, deren Einflüsse bis heute noch spürbar sind. Zeit, sich mit dem Theman “Surf-Nazis” auseinander zu setzen. Let’s dig into history!