Man nehme neun der besten Pros der Welt, 31 Wohnmobile, zwei Safaribusse, zwei Jetskis, ein Schlauchboot und fertig ist O’Neills neuester Streich in Sachen innovativen Surf-Entertainments. Die mit 50.000 US-Dollar dotierte Freesurf Challenge The Mission führte vom 17. bis 25. Mai entlang der französischen Atlantikküste auf der Suche nach den besten Wellen des Landes. Wer am Ende gewann, wer am Ende sein Wohnmobil zu Schrott fuhr und wer am Ende über wen lästerte, lest ihr hier!
Wer die SURFERS in den letzten zwei Jahren aufmerksam gelesen hat, hat sicher mitbekommen, dass O’Neill vor zwei Jahren ein neuartiges Contest-Format ins Leben rief. Das The-Mission-Konzept geht weg vom klassischen Regelwerk eines ASP-Events hin zu einem „regelfreien“ Freesurf-Contest, bei dem am Ende trotzdem ein stolzes Preisgeld von 50.000 US-Dollar ausgeschüttet wird. „Regelfrei“ heisst, die geladenen Fahrer judgen sich selbst und bestimmen, wo und wann gesurft wird.
Nachdem The Mission in den letzten beiden Jahren in der paradiesischen Südsee abgehalten wurde, hatten wir uns bereits mit einem Schwung neuen Boardshorts und literweise Sonnencreme bewaffnet. Doch kurz bevor wir gen Flughafen marschieren wollten, schauten wir uns die Einladung noch einmal genau an. Oha! Dort stand: „Welcome to The Mission 2008 France! Bringt bitte Schlafsäcke mit, ihr reist im Wohnmobil. Vom 17. bis 25. Mai begeben wir uns mit neun der besten Pros der Welt auf die Suche nach den besten Wellen Frankreichs. Egal ob sie in Les Landes, in der Bretagne oder am Mittelmeer brechen, wir fahren hin! Die Crème de la Crème internationalen Surfens ist mit an Bord: Ian Walsh aus Hawaii, Cory Lopez aus Florida, Hugo Savalli aus Réunion, Jarred Howse, Julian Wilson und Adam Robertson aus Australien, Tim Boal aus Frankreich und Michel Bourez aus Tahiti. The Mission France – wir freuen uns auf euer Kommen!“
Was? Frankreich? Wohnmobile? Mittelmeer? Bevor wir realisierten, was hier geschah, standen wir schon neben anderen dickbäuchigen, Alkohol vernichtenden Journalisten auf dem Startplatz der Mission im französischen Anglet. Zwischen einer Wagenburg von 31 Wohnmobilen, zwei mächtigen Safaribussen und einigen anderen mobilen Spassmachern begann also unsere Campingtour XXL.
Nach der ersten Nacht in Anglet und einem kleinen Warm-up-Surf setzte sich der gewaltige Konvoi langsam in Bewegung. Gestartet wurde jeweils in Fünfergruppen, damit Anglet nicht von einer unendlichen Schlange an Womos lahm gelegt würde. Unsere Fünfergruppe verlor sich schon nach der ersten Autobahnauffahrt in eine Zweiergruppe, der Rest fuhr die ersten Kilometer in die falsche Himmelsrichtung.
Da aber jedes Wohnmobil mit einer Karte ausgestattet wurde, machten wir uns keine Sorgen um den Rest und schossen die ersten 380 Kilometer die Küste hoch. Ziel war die kleine Halbinsel von Ile d’Orléon. Als auch das letzte Wohnmobil Stunden später zur Abenddämmerung den Campingplatz gefunden hatte, wurden die ersten Blechschäden begutachtet. Mein Womo-Mitbewohner Steven, ein niederländischer Freelancer, hatte bei einem riskanten Manöver, um einem Motorradfahrer auszuweichen, auf der Brücke rüber zur Ile d’Orléon den Bordstein geschrammt und den Camper – und somit auch uns – um ein Haar 15 Meter in die Tiefe gestürzt.
Ansonsten schafften wir es unfallfrei zum ersten Etappenziel. Von den anderen Campern kamen ein paar angeknackste Aussenspiegel hier, ein paar zerbeulte Stossstangen dort und der erste platte Reifen bei Contest-Speaker Dave Mailman hinzu. Gesurft wurde an dem Tag nicht, es war flach wie ein „Pannkucken“, wie die holländischen O’Neill-Mitarbeiter Bram und Jelle feststellten. Daher begaben wir uns wieder auf die Autobahn, weitere sechseinhalb Stunden weiter gen Norden ins Herz von Asterix’ und Obelix’ Heimat in die Bretagne.
La Torche war für die kommenden Tage unsere Heimat. Wir bildeten auf einer Wiese in der Nähe des Spots ein gigantisches Runddorf, das die Gallier nicht besser hätten bauen können. Die Wellen blieben aber leider auch in den kommenden Tagen hier recht klein. Das SUP, das Stand-up Paddleboard, wurde so zur Freizeitbeschäftigung Nummer eins der Pros. Insbesondere Jarred Howse tobte sich mit 360’s und Tandemfahrten darauf aus.
Trotz der Wellengrösse wurde jeder Ride der Pros vom mitreisenden Kamerateam gefilmt und so erste Footage für den Contest gesammelt. Am Ende durfte nämlich jeder Fahrer aus dem kompletten Videomaterial seine besten zwei Minuten raussuchen und vor der gesamten Mannschaft präsentieren. Daraufhin sollten einen die anderen acht Fahrer bewerten, und wer am Ende die beste Performance hinlegte, würde Sieger und 25.000 Dollar Preisgeld kassieren.
Wenn wir nicht am Strand abhingen, blieb viel Zeit, um sich mit den Jungs zu unterhalten. Auf die Frage nach dem grössten Unterschied zwischen einem normalen Road Trip und The Mission antwortete das venezolanischen Heissblut und O’Neill-Rider Justin Mujica: „Das Ganze hier ist sicher der grösste Road Trip aller Zeiten. Wo hat man denn schon mal einen Road Trip mit 31 Wohnmobilen? Sonst bin ich nur mit ein paar Leuten unterwegs. Das surferische Level ist auf meinen privaten Trips in der Regel auch nicht so hoch. Cory, Julian, Jarred, Ian… alles Weltklasse-Surfer. Hier ist so viel Movement, ständig sind wir unterwegs, fahren hierhin, dorthin, man hängt 24 Stunden am Stück mit den Jungs ab, feiert und hat einfach eine gute Zeit.“
In La-Torche verbrachten wir drei Tage, bevor wir uns eine Stunde weiter gen Osten nach Quiberon aufmachten. Eine Stunde, wenn man sich nicht verfährt – wir brauchten locker drei… In Quiberon blieben wir einen Tag, surften, sammelten Footage und checkten die Wellen im Internet: Die besten Wellen des Landes würden in den letzten Tagen des Trip im Süden in Les Landes zu finden sein, wo wir den Trip starteten.
Also hiess es, Motoren an und zurück – gute acht Stunden Fahrt – nach Souston. Und so verbrachten wir viel Zeit auf der Strasse und auf Campingplätzen und die Gruppe wuchs immer weiter zusammen. Auf die Frage, was die schlimmste Eigenschaften der einzelnen Wohnmobil-Mitbewohner seien, lachte Justin Mujica über Hugo Savalli: „Er fährt echt so langsam, unglaublich… Nein, im Ernst, Hugo ist einer meiner besten Freunde, daher ist alles okay zwischen uns ausser als das Chemieklo voll war und keiner Bock hatte, es zu leeren…“
Und auf die Frage, was der australische Wunderknabe Julian Wilson über Ian „Walshy“ Walsh als übelste Eigenschaft zu sagen hätte: „Ich habe manchmal etwas Angst, wenn er am Steuer sitzt: Er fährt echt so beschissen! Aber sonst ist alles super, es ist ein grosses Abenteuer und das erste Mal, dass ich auf einem Camping-Trip bin. Leider hat eine Essensschlacht auf der Autobahn unseren Camper ziemlich arg hergerichtet.“
Wie wir auf dem Campingplatz von Souston feststellten, waren sie nicht die Einzigen, die die Idee der Essensschlacht hatten. Ein Camper sah schlimmer aus als der andere…
Neuer Swell erreichte Souston und Umgebung und brachte die Jungs noch mal in ordentlichen Wellen zum Performen. Julian, Cory Lopez und Adam Robertson stachen in den letzten Tagen Surfen hervor. Das Level war dadurch, dass der Event keinen einschränkenden Regeln unterlag, extrem hoch und kreativ! So sassen wir schliesslich nach insgesamt zehn Tagen The Mission zusammen und die Fahrer schauten sich ihre einzelnen Zweiminüter an, um den Sieger zu ehren. In den Reihen der Journalisten munkelte man schon die Namen Wilson, Robertson und Lopez.
Und wir sollten Recht behalten, auch die Pros stimmten in dieser Reihenfolge ab, so dass der 19-jährige Aussie Julian zum Sieger der Mission gekrönt wurde. „Ich bin völlig überwältigt! Das Contest-Format hat jeden an seine Grenzen gepusht. Es war zwar ein Wettkampf, aber mit wirklich viel Spass und ohne jedes Konkurrenzdenken. Mit den Essensschlachten und all dem Blödsinn wird der Trip für mich unvergesslich.“ Damit drückte Julian wohl die geteilte Meinung aller insgesamt 80 Anwesenden aus. The Mission 2008 fand zwar nicht in der Südsee statt, aber der Spassfaktor war hier um einiges höher! Daher freuen wir uns schon, wenn es nächstes Jahr heisst: Welcome to The Mission 2009!
Ergebnisse
1. Julian Wilson (Australien)
2. Cory Lopez & Adam Robertson (Australien)
3. Tim Boal (Frankreich)
4. Justin Mujica (Portugal)
5. Hugo Savalli (Réunion)
6. Michel Bourez (Tahiti)
7. Jarred Howse (Australien)
8. Ian Walsh (Hawaii)
Kilometer Gesamt: ca. 2.600
Die Flotte im Überblick: 31 Wohnmobile, zwei Safaribusse, zwei Pkw mit Jetskis auf einem Anhänger, ein Pkw mit einem Schlauchboot auf einem Anhänger
Übergelaufene Chemieklos: zwei
Platte Reifen: einer
Dreckigstes Wohnmobile: Ian Walshs und Julian Wilsons
gesurfte Spots: vier
Rechnung für Schäden und Endreinigung von Avis an O’Neill: 2.466,59 Euro
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