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Specials

Goons of Doom

Für manche sind sie die schlechteste Band der Welt, für andere die Zukunft der Surf-musik. Aber egal welche Meinung man vertritt, Surf-Punk Oscar Ozzie Wright und seine Band Goons of Doom leben ihre Musik. So legten sie auf ihrer letzten Tournee Neuseeland in Schutt und Asche. Konzerte, Radiointerviews, Bier und Gesang standen auf dem Tourplan. Aber auch die Wellen bekamen ordentlich ihr Fett weg. Julien Wilde, der offizielle Goons-of-Doom-Biograf, war mit dabei und berichtet.

Blood on the Streets

Oscar Wright alias Fang Fite the Wizard of Death rockte mit seinen Goons of Doom dermassen die vier Wände des „Blue Note“, Wellingtons bekanntester Travestie-Karaokebar, dass es beinahe die Fundamente des altwürdigen Ladens weggeblasen hätte. Den Verstärker bis zum Anschlag hochgedreht, mit engen schwarzen Jeans, Lederjacken, Kippen und Jack Daniel’s wurde heute Abend der akustischen Gitarre, der Folk- und Soul-Musik der Kampf angesagt. Es war so laut, so zornig und es war definitiv ein harter Tritt in den Arsch der heutigen Surf-Musik. Diese Goons of the Doom machten nicht nur Musik, sie führten eine Revolution an und das spürten auch die beiden Fans…

Performance of a Lifetime

Drei Wochen später. Ein ganz anderes Publikum feuerte Oscar aus einem ganz anderen Grund an. Die Band war auf der anderen Seite von Neuseelands Nordinsel angekommen und blickte auf gleichmässige, sechs Fuss hohe Wände, die in die Bucht von Raglan rollten. Die Wellen brachen von „Indicators“ bis zum anderen Ende der Whale Bay und boten einem diese ultimativen Rides, bis die Beine brennen. Oscar hatte sich sofort in die Fluten gestürzt und nahm die Raglan-Schönheiten so kompromisslos ran wie drei Wochen zuvor die Bühne im „Blue Note“. Nur dieses Mal raste er nicht vor zwei Punks auf der Bühne hin und her, sondern perfekte Lines entlang. Er zauberte meterhohen Spray in die klare Luft, zog Roundhouses und lange Floater, schaute vergnügt in die Tube und haute im nächsten Moment einen riesigen Aerial raus. Seine Performance brachte die Leute im Wasser zum Ausflippen.

Eine Woche später verwandelte sich Ozzie wieder vom Surfer zurück in den Wizard of Death. Der zweite Gig der Tour stand auf dem Plan und Raglans Konzerthalle war nach dem eher schwach besuchten Auftritt in Wellington restlos ausverkauft. Die Goons waren bereit, der hungrigen Meute ordentlich einzuheizen. Eigentlich hätte Oscar ja fix und fertig sein müssen. Er verbrachte die ganze letzte Woche von frühmorgens bis spätabends auf dem Wasser und ritt jede Welle so lang, wie er nur konnte. Trotzdem stand er nun topfit im „Salt Rock Café“, um das erste Lied des Abends, „Napalm“, eine Kriegserklärung an das, was heutzutage als Surf-Musik bezeichnet wird, ins Mikro zu brüllen. Hinter dem Schlagzeug machte sich Cutthroat Cowboy warm. Manche sagen, er sei der erste Drummer seit Led Zeppelins legendärem Jon Bonham, der mit einer derartigen Boshaftigkeit ins Fell schlägt. Seine Erklärung dazu: „Ich stelle mir einfach die Gesichter der anderen Bandmitglieder vor – und aus irgendeinem Grund will ich so hart wie möglich auf sie einschlagen. Ich habe schon drei Schlagzeuge kaputtgemacht und wir sind erst seit zwei Jahren eine Band.“

Als der Rest der Combo ihre Plätze eingenommen hatte, zählte Cutthroat sie an: „One, two, three, four…“ Mit seiner typischen rauen, verzweifelten Stimme und seinem Iggy-Pop-zittrigen Körper schrie Oscar ins Mikrofon: “ I’d rather smoke Napalm from a bong than hear another fuckin‘ Jack Johnson song!“ Als sich die Musik durch Raglans Abendluft ausbreitete, mutierte der Schauplatz sofort zu einem brodelnden Moscher-Kessel. Die ganze Stadt war anwesend und allen schlug’s den Schalter raus. Den Surfern, Rockern, Hippies, Drogenabhängigen, Christen, den deutschen Zimmermännern auf der Walz und sogar ein paar Müttern und Vätern. Eine Filmcrew war extra aus Auckland angereist, um das Konzert zu dokumentieren und minderjährige Kids schlichen sich am Türsteher vorbei. Es war ein totales Chaos, drei Stunden lang.

Gegen Ende des Abends näherte sich die Doku-Crew dem Wizard of Death. Er war von Schweiss durchnässt und trank Wein aus der Flasche. „Das war ja eine ganz schön intensive Show nach solch einem Surf-Tag, du musst total fertig sein! Wann nimmst du dir die Zeit zum Schlafen?“ Oscar lacht: „Schlaf? Was zum Teufel ist das?“

Who are G.O.D.?

Wer genau sind eigentlich die Goons of Doom? Hat da draussen vielleicht schon mal jemand einen Song von ihnen gehört oder gar das Album gekauft? Wurden sie je im Radio gespielt? Woher, verdammt noch mal, kommen sie und was, zum Teufel, gibt ihnen das Recht, gleich eine eigene Tour durch Neuseeland zu machen?

„Die Goons of Doom sind bloss fünf Kumpels auf einer Surf-Rock-Reise“, erklärte Killerwhale Goondog, der charismatische, aber dennoch oft missverstandene Lead-Gitarrist. Er sass zusammen mit dem Rest der Band in einem Radiostudio in Gisborne und beantwortete die Fragen, die ihm vom Disc Jockey gestellt wurden. Killer versteckte sich ruhig und gelassen hinter seiner dunklen Sonnenbrille. Eine Kippe klemmte zwischen seinen Lippen, eine andere steckte hinterm Ohr und in seinem Schoss drehte er gerade eine dritte. „Wir wollten den wahren Surf-Rock nach Neuseeland bringen. Deshalb sind wir hier.“ Bang Bang Bunny Fang ist das einzige Mädchen in der Band. Die Blondine gleicht inmitten der unendlichen Dunkelheit, die sie auf der Bühne umgibt, einem Lichtstrahl. „Wir sind beste Freunde, die einfach einen Riesenspass haben und sich ständig totlachen. Es ist nichts Ernstes, das ist es auf jeden Fall nicht für mich.“

Der DJ kratzte sich am Kinn. Es war unübersehbar, diese Goons beeindruckten ihn nicht besonders. Aber das hatte noch einen anderen Grund. Er würde nämlich vor der Morgendämmerung noch die etwa 50 „Bikey Zomby“-Plakate wieder wegreissen müssen, die von den Goons am Abend zuvor auf das ganze Studiogebäude geklebt wurden, um für ihre Gisborne-Show zu werben. Nachdem der erfolglose Wellington-Gig doch ein wenig am Ego der Band gekratzt hatte, mussten die Goons noch einmal etwas unternehmen. Der DJ war darauf versessen, irgendeinen kleinen Skandal aufzudecken, um den Hörern die Goons abspenstig zu machen. Und er schien auch etwas gefunden zu haben: „Ihr hasst also alles, was als Surf-Musik bekannt wurde? Jack Johnson, John Butler Trio und diese Art von Bands?“, fragte er und wusste dabei ganz genau, wie beliebt diese Musik ist. „Ich hasse sie nicht“, erwiderte Cutthroat, „keiner von uns hasst sie. Wahrscheinlich würden unsere Songs sogar ganz ähnlich klingen, wenn man bei allen Verstärkern den Stecker rausziehen würde. Es ist bloss so, dass, wenn fünf Leute auf der Bühne stehen und alle total abgehen und die Drums so mächtig sind, es ziemlich klar ist, dass man letztendlich nicht mit einer Mucke dasteht, die wie Jack Johnson klingt. Akustische Musik hat ihren Platz, nur hat sie diesen nicht im Punkrock.“ Und der Wizard of Death erklärte: „Unser Ziel ist es, gute Live-Shows zu spielen, so dass die Leute ausrasten. Die Band will einfach Spass haben und ist da draussen, um eine gute Zeit miteinander zu verbringen, das ist alles.“

Der Radio-DJ seufzte, als ob ihn plötzlich nichts mehr aus der Fassung bringen könnte, und leitete das Ende des Interviews ein: „Okay, das waren also die Goons of Doom, die heute Abend in ,Scotty’s Bar‘ auftreten werden. Wenn ihr also noch nichts Besseres vorhabt – wieso checkt ihr sie nicht einfach mal aus? Wir spielen jetzt einen ihrer Tracks von der neuen EP ,Bikey Zomby‘. Er heisst ,She Wore Rat Skin Boots’…“ Er blickte zur Band, als sie das Studio verliessen. „… und das hier ist eine Frühstückssendung, also gehe ich mal davon aus, dass dies eine radioverträgliche Nummer ist, nicht wahr, Jungs?!“

Die Goons nickten und gingen raus. Als sie die Strasse betraten, ertönte der Song aus einem kleinen Lautsprecher über dem Eingang des Studios. „OH SHIT! I think that I’m gonna pop. Mumma I’m GONNA FIGHT A FUCKIN‘ COP!“ – nicht ganz so familienfreundlich, wie es der DJ wohl gerne gehabt hätte. Dennoch ein besonderer Moment für die Band: Es war das erste Mal, dass ein Goons-of-Doom-Song im Radio gespielt wurde. Und es würde vermutlich nicht der letzte sein.

Natural Ecstasy

Nach dem Radiointerview verbrachten die Goons of Doom den Tag damit, sich in perfekten drei bis vier Fuss hohen Gisborne-Wellen den Arsch abzusurfen. Die Sonne schien, der Wind blies offshore und das Wasser war umwerfend kiwigrün. Doch sie hatten die Wellen nicht für sich alleine. Ein Volcom Contest lief in vollen Zügen und die Band sass mit einigen der viel versprechendsten Surf-Talenten Neuseelands im Line-up. Maz und Jay Quinn, Luke Cederman, Brent Rasby, Chris Malone und Chris „Choppy“ O’Leary, um nur einige von ihnen zu nennen.

Als der Contest gegen Abend zu Ende ging, luden Choppy und seine Jungs die Goons zu sich nach Hause ein und liessen sie eine Woche in einem ihrer Zimmer pennen. Die Goons nahmen das Angebot dankend an, obwohl das Zimmer dreckiger war als Ozzies Unterhose. Surf-Mags und stinkende Klamotten bedeckten den Boden bis hin zur Decke, in jeder Ecke des Zimmers waren Bretter, Neoprenanzüge und Wax. Sticker klebten auf jeder denkbaren Oberfläche und uralte Bierflaschen versteckten sich unter den Sofas. Die Duschnische ähnelte einem schwarzen Moor. Man hatte ständig Angst, dass eine boshafte Kreatur aus dem Ausguss kommen und einen in den dreckigen braunen Schleim runterziehen würde, der eh schon jedes Mal bis zum Knöchel stieg, wenn man den Wasserhahn aufdrehte. Die Goons fühlten sich trotzdem wohl und wohnten gerne dort, vor allem weil Mr. und Mrs. O’Leary, die ein viel hygienischeres Leben in dem gemütlichen Palast einen Stockwerk über ihnen führten, jede Nacht ein festliches Essen zubereiteten. Doch in der letzten Nacht wurde nicht gekocht. Diese Nacht war wieder eine Konzertnacht.

Die PR durch das Radiointerview schien was gebracht zu haben. Das „Scotty’s“ war brechend voll, die Stimmung bombastisch. Allerdings hatte das ganze Surfen und Feiern einen der Goons Kraft gekostet. Vaughan Dead, der grosse, dünne und schwer tatöwierte Gitarrist, hatte sich erkältet und nicht mal mehr genug Energie übrig, um auch nur einen Furz zu lassen.

Wenn man wollte, dann könnte man Maz und Jay Quinn für Vaughans Verfassung verantwortlich machen, denn am Vorabend hatte Quinny verhängnisvollerweise seinen besten Sponsor kontaktiert: Die Kiwi-Brauerei Lion Red hatte netterweise 40 Kisten Bier auf seiner Veranda hinterlegt, damit sie ein kleines Barbecue nach dem Surfen veranstalten konnten – den Musikern zur Ehre. Um vier Uhr in der Früh waren die Goons immer noch bei Maz am Saufen und gaben im Lounge-Zimmer aus dem Stehgreif ein paar rotzige Songs zum Besten. „Shit!“, rief Maz plötzlich, als er den Kühlschrank öffnete, um eine neue Runde auszuteilen. „Da sind nur noch sechs Bier!“ Eine Minute später waren die dann ebenfalls verschwunden.

Die Band versuchte verzweifelt, Vaughan für den Gig wieder aufzupäppeln, aber es nutzte alles nichts. Der Kater und die Erkältung hatten ihn zu einem Häufchen Elend zusammengerafft. Dann tauchte plötzlich ein kleiner, verkiffter Typ mit Dreadlocks auf, die dicker waren als seine Beine. „Probier‘ das“, sagte er und drückte Vaughan zwei ominös aussehende schwarze Pillen in die Hand. “ Es ist natürliches Ecstasy. Keine Angst, es ist völlig legal, du kannst es überall kaufen. Es ist nur Koffein oder so was.“ Vaughan schluckte sie und eine Stunde später kehrte das Leben in ihn zurück und er stand auf der Bühne.

Der Auftritt war gigantisch und wurde später von Bang Bang Bunny Fang als einer ihrer besten Gigs überhaupt beschrieben. „Wir waren wirklich mit dem Publikum connected, so wie wir es noch nie gewesen waren. Alle sind völlig ausgetickt. Es lag etwas in der Luft – oder vielleicht war was in den Drinks. Keine Ahnung, was es war, aber alles passte, die Nacht war perfekt!“ Sie hatte Recht. Es war eine glühende Performance voller punkiger Hymnen und alle saugten sie nur so in sich hinein. Vor allem Vaughan Dead schien mit jedem Lied immer weiter aufzudrehen. Im Laufe des Abends spielte sein Kiefer dann plötzlich verrückt und es sah beinahe so aus, als würde er versuchen, seinen eigenen Unterkopf auffressen zu wollen. Nach der Zugabe stürmte er direkt aufs Klo, um eine Dreiviertelstunde lang zu kotzen. Danach sah er so fertig aus wie nie zuvor – und das soll was heissen! „Wow, dieses natürliche Extasy ist heftig! Und ich habe doch nur zwei davon geschluckt.“ Das war eine schlechte Nachricht für Killerwhale, der soeben 13 davon geschmissen hatte…

Call from Hell

Die Goons of Doom surf-rockten heftigst die Nordinsel Neuseeland. Sie hatten Wellen, sie hatten ein gutes Publikum und am allerletzten Tag erhielten sie auch noch einen Telefonanruf. Es war ihr Manager aus Australien. „Glückwunsch, Jungs, sie haben heute Früh euren Song auf Triple J gespielt! Die Tour geht also weiter. Macht euch so schnell wie möglich auf den Rückweg, die Heimat braucht euch!“

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