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Travel

Tonga – Crocodile Islands

Seit dem 25. März, dem Datum, an dem das Projekt „QUIKSILVER CROSSING“ startete, hat die „Indian“ bereits 15.000 Kilometer im Pazifik zurückgelegt. Dabei kreuzte es viermal die imaginäre Linie des Äquators. Wir berichten von zwei Etappen der Mission: Crocodile Island und Chocolate Island. Die Idee des Quiksilver Crossing lautet: findet neue Wellen und berichtet vom Zustand der Riffe unseres Planeten.

Genau in diese Richtung, also nach Tonga, bewegt sich unser Flug Mitte Juni. Dieses Mal ist der Trip allerdings für die Grommets reserviert. Der Jüngste unserer Gruppe heisst Jeremy Flores. Mit seinen elf Jahren ist er gerade mal so gross wie drei Papayas und wiegt in nassem Zustand 30 Kilo. Jeremy ist verrückt nach Surfen in all seinen Formen und mehr noch nach Schokolade. Weiterhin ist da noch Ryan Hakman, „Mister Sunsets“ Sohn, und Jonathan Gonzales von den Kanaren. Begleitet werden die Youngsters von Quiksilver Europe Teammanager Peyo Lizarazu. 24 Stunden auf den Sitzplatz im Flugzeug gefesselt, dazu noch einmal 24 Stunden Warterei auf diversen Flughäfen… eine verdammt lange Reise. In Auckland, unserer letzten Landung, bei der wir noch Ministöpsel Jeremy mit Schokolade notversorgen müssen, wartet bereits Peyos Pendant für Australien, Teammanager Andrew Murphy, auf uns. Er begleitet den jungen Corey Ziems, sozusagen als Anstandsdame.

Unsere Ankunft auf Tonga ist eine wirkliche Erleichterung für alle. Michael Burling, ein junger talentierter Local Surfer, erwartet uns mit seinem Vater, dem das kleine Camp auf der Hauptinsel gehört. Das Boot wird nicht vor zwei Tagen erwartet: 48 Stunden also, um sich an das Klima und die Zeitumstellung zu gewöhnen. Und natürlich, um die Leute kennenzulernen. Zwei Sachen fallen einem hier sofort ins Auge: zum einen die unzähligen Kirchen, ungefähr eine auf 80 Einwohner. Und zweitens die Einheimischen, deren Format an Obelix erinnert – wirklich BIG. Glücklicherweise aber haben diese Doppelzentner auf Beinen ein Herz, das genauso gross ist wie der Rest ihrer Anatomie, und ihre Freundlichkeit ist über jeden Zweifel erhaben. Im Camp zieht plötzlich ein altes vergilbtes Foto meine Aufmerksamkeit auf sich. Der Local Surfer, der darauf zu sehen ist, wiegt mindestens anderthalb Doppelzentner und surft auf einem Longboard. Michael erklärt, dass es sich hierbei um keinen Geringeren handelt als seinen König. Sein Name lautet: Taufa´afau Topou, der Fünfte. Das Foto ist von ’66, nicht gerade von heute, aber der Geist ist der Gleiche geblieben.

Am nächsten Tag kommt endlich unser Boot – und schon sind wir auf der Fahrt. An Bord muss erst mal das Leben strukturiert werden: Wir sind zu viele und der Platz in den Kabinen macht Schwierigkeiten. Michaels Vater begleitet uns als Guide im Archipel und Max steht uns als Mechaniker zur Seite. Zum Glück, denn ein Teil des Motors fällt aus und kann nicht repariert werden. Dennoch setzt der Motor bald darauf wieder ein, wie von Geisterhand. Die Geisterhand heisst übrigens VB, eine australische Bierdose, die bis nach Fidschi das defekte Teil ersetzt. Die Surf-Zwerge waren nachts einfach zu verstauen, wir aber mussten mit den Tischen in der Messe Vorlieb nehmen. Sobald wir die grosse Fahrrinne verlassen haben, öffnet sich der Ozean vor uns. Verstreut liegen hier und da einige paradiesische Inselchen. Ein Anblick wie auf einer Postkarte. Unsere Augen suchen in Erwartung die Wellen, die uns ein Fax heute morgen fest angekündigt hatte. Wale und Delfine geben uns den Weg vor. Die Kinder kreischen aufgeregt.

Nach fünf Stunden gelangen wir an unseren ersten Anlegeplatz. Die Insel zeichnet sich vor dem azurfarbenen Himmel ab. Auf ihrer ganzen Länge ist sie umsäumt von hohen Palmen und eine unglaubliche Lagune zieht sich in sie hinein… Schon einen Moment später erkennen wir das Weisswasser der Wellen links von der Fahrrinne. Sekunden später sind die Kids klar zum Loslegen. Kaum wird der Anker geworfen, höre ich schon eine Reihe von „ploufs“. Die erste Session findet auf einer linkslaufenden Welle in kristallfarbenem Wasser statt. Der Swell ist nicht sehr gross, vielleicht vier, fünf Fuss, aber von perfekter Qualität. Die Welle läuft etwas kurz und beim Spiel vom „Pull in die Tube“ hat der kleine Kanare als Meister dieses Spots mit seiner perfekten Backside die Nase ganz weit vorn. Der Tag endet mit einem glanzvollen Sonnenuntergang und am darauf folgenden Tag taucht die Insel mit feuerrotem Himmel aus dem Wasser wieder auf. Eine magische Aufeinanderfolge – wir sind im Paradies der Farben gelandet! Der Swell ist mager, reicht aber für die Grösse unser Kiddies aus. Das ist ein Ort wie im Traum und wenn ich eine Paradiesinsel malen sollte, würde sie nicht anders aussehen.

In den Momenten der Ruhe, in denen es den Kids ein wenig an Vorstellungskraft fehlt, wetteifern sie einfach darum, wer die besten Spässe draufhat. Jeremy ist besonders hitzig. Mit elf Jahren hat man schliesslich richtig Spass daran, Ältere zu ärgern. Es wird Zeit, mit ihm mal ein Hühnchen zu rupfen und so kommt ein neuer Zeitvertreib auf: „Schmeisst die Kleinen über Bord!“ An einigen Tagen bekommen die kleinen Pflanzen mehr als achtmal das Recht, über Bord zu fliegen – abgesehen von den unzähligen Malen, bei denen sie selber ins Meer springen, bevor man sie erwischt. „NEIN! NEIN BITTE… PLOUF!“ Martin, unser Kapitän, trägt erst seinen Teil zu dieser Übung mit bei, als er entdeckt, dass seine Reserve an Schokolade regelmässig von den lustigen Kleinen geplündert wird.

Am nächsten Morgen stösst auch Josh Hoyer dazu. Das Wasserflugzeug, welches ihn bringt, ermöglicht uns, die Gegend mal von oben zu betrachten. Vom Himmel aus eröffnet sich uns eine ganz neue Perspektive. Mir wird bewusst, welch grosses Glück diese Kinder doch haben, solche aussergewöhnlichen Möglichkeiten zu bekommen: Flugzeug, Boot, Jet-Ski, eine verlorene Insel inmitten des Pazifiks…

Diese verlassene Insel inspiriert uns später zu einer Schatzsuche, die Andrew und Paul eines Morgens bei wenig Swell organisieren. Andrew zeichnet dazu eine Karte im reinen Piratenstil mit Gebrauchsanweisung darunter: „Nachdem ihr vom Felsen herabgestiegen seid, sucht den grossen Bananenbaum etc. etc.“ Am Ende des Weges ist zur Belohnung eine grosse Tafel Schokolade vergraben… Die Kinder rennen los in ihr Abenteuer. Jetzt müssen wir nur noch einen Namen für diesen perfekten Ort finden. Wir sitzen auf dem Felsvorsprung, essen den „Schatz“ auf, beobachten die Indian, als es uns plötzlich einfällt: „SCHOKOLADENINSEL“ soll sie heissen – die perfekte Beschreibung für diesen Trip der Grommets.

Die super Surfbedingungen und die geringe Grösse bringen jedes Teammitglied dazu, sich einbringen zu können. Die Ausnahme macht nur Peyo, der gerade mal die Backsider bekommt und sich bei dieser Grösse der Welle auch mit ihren Launen rumschlagen muss. Die Korallen des Riffs fixieren dich nämlich schon direkt beim Takeoff mit Feinschmeckerblick: Die Wellen, die zur Tube werden, vernichten dich manchmal am Ende, indem sie dir den Ausgang versperren und zumachen. Ein Meter mehr Höhe und es würde sich zeigen, was dieser Spot noch zu bieten hat.

Wir verlassen unser kleines Paradies mit Bedauern, um weiter im Norden nach neuen Wellen zu suchen. Leider ändert sich das Wetter. Es sieht unfreundlich aus und wir fahren in einen grauen Himmel. Die Chance auf eine rechtslaufende Welle bekommen wir allerdings nicht, finden nur linkslaufende Wellen, die wir von Tour zu Tour surfen. Der Swell ist ziemlich mager, aber die Kids profitieren davon und das ist schliesslich das Wichtigste.

Ein kurzer Ausflug zur Nordgruppe des Königreichs zeigt uns eine andere Seite dieser Inseln: die Einöde. Kaum Menschen scheinen hier zu leben. Die wenigen Märkte sind geschlossen und dem kleinen Jeremys steht die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben, der eigentlich seine Schokoladenvorräte auffüllen wollte – vergeblich.

Am frühen Morgen verlassen wir den Ankerplatz. Die Wolken sehen so Unheil verkündend aus wie das Meer. Starker Wind kommt auf. Eine Stunde später fährt unser Schiff auf einem heftigst bewegten Meer, wir steuern direkt in einen Sturm hinein. Auf dem Boot herrscht helle Aufregung. Alles muss vertäut werden, damit nichts von unserem Material verloren geht. Martin, permanent am Ruder, steuert die „Indian“, so gut es geht, mit dem Bug zu den Wogen, die es erst nach oben heben und dann wieder mit riesigem Lärm nach unten in die brodelnde See krachen lassen. Dierücke verschwindet im Schaum, der durch den Wind wie verrückt über das Meer geschleudert wird. Tonnen von Wasser reinigen das Deck. Es läuft die Stege entlang über unsere Köpfe hinweg, die sich schützend hinter dem Glas der Brücke verstecken. Jonathan und Jeremy hängen krank in ihrer Kabine. Die Situation erfordert Geduld. Während der vier Stunden im Sturm knallt das Boot von Welle zu Welle bei Gegenwind zwischen 40 und 50 Knoten. Hinter einem Riff finden wir dann endlich Zuflucht… die Ruhe nach dem Sturm.

Uns bleiben noch zwei Tage auf dem Surf-Frachter und wir entschliessen uns, zu unserer Lieblingsinsel zurückzukehren. Wellenreiten, Tauchen in türkisblauem Wasser, Surfen hinter dem Jet-Ski… die restliche Zeit vergeht wie im Fluge auf der Schokoladeninsel.

text: bernard testemale
photos: bernard testemale

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