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Lena Kemna

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Lena Kemna über ihre erste Saison in Nazaré und ihren Film L E N A

Lena Kemna im Interview über ihre ersten Erfahrungen im Big-Wave-Surfen und Tow-in

Von Bremen nach Nazaré – die Geschichte von Lena Kemna ist alles andere als gewöhnlich. Wir kennen Lena bisher vor allem vom Surfen in größeren Wellen bei Ericeira oder vom Freediven. Doch jetzt hat sich die 29-jährige als wahrscheinlich erste deutsche Big-Wave-Surferin auch nach Nazaré getraut. Der Film L E N A dokumentiert ihre Debütsaison in Nazaré und zeigt ihre ersten Tow-in-Sessions.

Für dieses Interview erwischen wir Lena in Brasilien, wo sie gerade ein Jetski-Training als Vorbereitung auf ihre nächste Saison in Nazaré absolviert. In ein paar Tagen reist sie dann weiter nach Deutschland, wo die Filmtour von L E N A beginnt – zunächst bei der Surf Film Nacht in zahlreichen deutschen Städten, bevor der Film dann durch Europa und rund um den Globus tourt.

Lena Kemna

Hey Lena. In deinem Film L E N A sagst du: „I never dreamed about Nazaré, because I knew it would become reality.“ Wie hat deine Beziehung zu Nazaré angefangen?

Schon kurz nachdem ich Surfen gelernt habe, hat es mich immer zu größeren Wellen gezogen – und das hat sich bis heute nicht geändert. Die Größenverhältnisse variieren zwar von Jahr zu Jahr, aber das Gefühl bleibt dasselbe. Nachdem ich nach Portugal gezogen bin, habe ich mein Surfen maßgeblich weiterentwickelt. Der raue Atlantik, besonders die Kraft der Winterswells, hat mich von Anfang an geprägt – und mir gezeigt, dass ich gezielt trainieren muss, um diesen Kräften standzuhalten. Durch intensives Krafttraining habe ich knapp zehn Kilo Muskelmasse aufgebaut und bin über das Apnoe-Training schließlich auch zum Freediven gekommen.

Nazaré hatte ich schon seit einigen Jahren konkret im Kopf. Ich habe dort schonmal einen Safety-Kurs gemacht, aber hatte damals noch keinen Zugang zum Surfen vor Ort – und habe gespürt, dass ich noch nicht bereit war. Körperliche Fitness ist das eine, doch mir haben einfach noch einige Jahre an Erfahrung im Meer gefehlt. Ich verfolge einen sehr konservativen Ansatz, wenn es um Vorbereitung und Sicherheit geht.

In den letzten fünf Jahren hat sich mein Surfen enorm weiterentwickelt – und parallel dazu mein Freediving. Double- und Triple-Overhead-Wellen wurden regelmäßiger, beim Freediving bin ich an die 50 Meter-Tiefe gekommen. Ich glaube, das hat auch viel mit persönlicher Reife zu tun. Als sich dann die Chance bot, in Nazaré zu surfen, wusste ich intuitiv: Jetzt bin ich bereit.


Lena Kemna

Du bist vermutlich die erste deutsche Big-Wave-Surferin. War das schon immer dein Ziel – oder hat sich das so ergeben?

Tatsächlich wurde mir dieser Titel schon seit Jahren zugeschrieben, obwohl es damals gar nicht stimmte. Ich bin zwar größere Wellen gesurft – aber nicht die 20-Fuß-Marke, ab der man offiziell vom Big-Wave-Surfen spricht. Ich habe das in Interviews immer wieder korrigiert, weil es mir unangenehm war, mich mit falschen Aussagen zu rühmen. Nach dieser Nazaré-Saison konnte ich endlich aufhören, das zu korrigieren.

Und nein, ich habe das nicht schon immer manifestiert. Ich stehe ja eher am Rand der deutschen Surfszene und habe mich dort nie so richtig zugehörig gefühlt. Vielleicht ändert sich das jetzt, wo immer mehr Frauen größere Wellen surfen – das würde mich freuen. Bei den Männern gibt es ja schon einige, die in diesem Bereich unterwegs sind.

Wie kam es dazu, dass du Nazaré in der Saison 2024 wirklich in Angriff genommen hast?

Im November bekam ich einen Anruf von einem sehr erfahrenen Jetski-Fahrer, der mich einlud, mit ihm in Nazaré zu trainieren. Wir vereinbarten, dass ich ein Medienbudget organisiere und das Ganze dokumentiere. Ich weiß noch genau, wie sich dieser Moment angefühlt hat – als würde plötzlich alles zusammenfallen und genau so passen, wie es sollte.

Also habe ich trainiert, organisiert, alle vorbereitet – und stand ein paar Monate später in Nazaré. Nur kam dann alles ganz anders: Ich wurde letztlich links liegen gelassen, und das gesamte Projekt ist zerplatzt. Die erste Woche war frustrierend. Ich hing nur am Telefon und habe versucht, mich zurechtzufinden. Es hat sich angefühlt wie ein geplatzter Traum.

Doch nach einer Woche habe ich beschlossen, die Sache selbst in die Hand zu nehmen: Irgendwie das Budget zu strecken, ein eigenes Jetski-Team zu finden, meinen eigenen Weg zu gehen. Und das hat funktioniert. Trotz allem bin ich dem ursprünglichen Jetski-Piloten dankbar – ohne diesen Anruf hätte ich vielleicht nie den entscheidenden Schritt nach Nazaré gemacht.

Lena Kemna Film

Tow-in-Surfen in Nazaré ist sehr teuer – Jetskis, Safety-Team, Kameras. Wie hast du das finanziert?

Es ist unglaublich teuer, vor allem, wenn man das Ganze filmt – was wiederum nötig ist, um Sponsoren ins Boot zu holen. Ich habe das Projekt deshalb als Medienproduktion aufgezogen: ein Film, begleitet durch Social Media. Das Budget habe ich dabei extrem genau im Auge behalten. Jede Session kostet über 1.000 Euro – an großen Tagen deutlich mehr, weil man zusätzliche Jetskis für die Sicherheit braucht. Die Kamera hat ihren eigenen Jetski und Piloten, es gibt einen Spotter – Big-Wave-Surfen ist ein Teamsport, bei dem der Surfer nur ein kleiner Teil des Ganzen ist.

Das Budget hat gerade so gereicht, um alles umzusetzen. Einfach war es nicht – vor allem, weil ich darauf bestanden habe, zunächst in kleineren Wellen zu trainieren, in denen ich auch paddeln konnte. Erst als das Tow-in wirklich saß, wollte ich mich in größere Bedingungen wagen. Trotz finanzieller Einschränkungen habe ich daran festgehalten. Außerdem war mir wichtig, dass alle Teammitglieder fair bezahlt werden – wichtiger, als möglichst viele Sessions zu haben.

Oft habe ich dabei gedacht: Eigentlich liegt mir das Management fast mehr als das Surfen. Ich habe einen Master in Management, promoviere gerade in Marketing und habe jahrelange Berufserfahrung. Das hat mir enorm geholfen, das Ganze professionell auf die Beine zu stellen und gleichzeitig den Fokus aufs Surfen zu behalten.

Lena Kemna Film

Wie genau hast du dich auf deine erste Big-Wave-Saison vorbereitet? Hattest du einen Trainingsplan oder eine Strategie?

Ich konnte auf mehr als zehn Jahre Erfahrung in größeren Wellen zurückgreifen – und auf das Vertrauen in meine Fähigkeiten aus dem Freediving. Das war meine Basis. In den drei Monaten vor Nazaré habe ich dann alles noch einmal hochgefahren: gezieltes Krafttraining, Apnoe-Einheiten, Ausdauer.

Mein Ziel war klar: verletzungsfrei bleiben und die Saison positiv erleben – innerhalb meiner Komfortzone.

Das klingt vielleicht unspektakulär, aber so gehe ich an Herausforderungen heran. „Rock’n’Roll – let’s go“ war nie mein Stil. Ich setze lieber auf Vorbereitung, Kontrolle und einen klaren Plan.

Wie hast du dich vor deinem ersten Mal Tow-in in größeren Wellen gefühlt?

Mein erstes Tow-in war eigentlich unspektakulär – auf flachem Wasser im Hafen. Das zweite Mal waren es winzige Wellen, das dritte Mal kleine Wellen, die ich jederzeit auch normal gepaddelt wäre. Aber trotzdem war es hart genug – und voller Adrenalin. Das Brett ist mit Blei beschwert, und ich schaffe es kaum, das auf den Schlitten des Jetskis zu wuchten. Ständig bin ich über Bumps in den Wellen gefallen. Man wird durchgehend in verschiedenen Sprachen angebrüllt – alles muss schnell gehen, der Umgang ist rau. Dazu die Dauerbelastung: Ich war in jeder Session komplett erschöpft. Geweint oder mich vor Erschöpfung übergeben habe ich nie – aber in jeder einzelnen Session war ich kurz davor. Es ist wirklich eine ganz eigene Welt.

Gab es einen Moment, in dem du deine Mission aufgeben wolltest?

Nein, so einen Moment hatte ich nicht. Ich wusste von Anfang an, dass der Einstieg hart wird. Vielleicht hatte ich mit anderen Schwierigkeiten gerechnet, aber am Ende war ich auf das vorbereitet, was kam. Die Herausforderungen haben mich nur darin bestärkt, meinem eigenen Weg zu folgen und auf mein Gefühl zu hören – wie schnell oder langsam ich mich an größere Wellen herantaste. Aufgeben kam für mich nie in Frage.Trotz allem wusste ich immer, dass das genau das ist, was ich tun möchte.



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Wie fühlt es sich an, mit der Sicherheitsweste und dem ganzen Tow-in-Equipment zu surfen?

Ich bin da vielleicht etwas anders, denn ich liebe Equipment! Drei Lagen Neopren, Impactvest, CO2-Weste und Helm – her damit! In Portugal ist es sowieso kalt, und ich fühle mich in dem ganzen Outfit richtig wohl, fast wie in einer Rüstung. Sobald die Sicherheitsweste sitzt, ist mein Fokus komplett da, und ich kann voll durchstarten.

Was war für dich der härteste Part beim Tow-in Surfen in Nazaré?

Für mich ist es vor allem das Chaos im Wasser. Die ganzen Jetskis, die Bumps hinterlassen, über die man leicht fallen kann. Es herrscht zwar eine gewisse Ordnung, aber es gibt auch Ausnahmen. Dann ist da noch der Leuchtturm von Nazaré, an dessen Klippen die Schaumwalzen hochspritzen – und das alles bei riesigen Wellen. Es wird sicher noch eine Weile dauern, bis ich mich dort komplett sicher fühle und es komplett beherrsche.

Was hast du aus deiner ersten Tow-in-Season gelernt?

Ich habe gemerkt, dass ich sehr gut anderen vertrauen kann. Beim Tow-in-Surfen ist der Jetski-Pilot eigentlich der Schlüssel – er kommuniziert mit dem Spotter, sucht die Welle aus, entscheidet, wie er dich hineinzieht, und ist am Ende auch derjenige, der dich wieder aus der Gefahrenzone holt.

Wenn ich sehe, dass jemand in diesem Kontext deutlich besser ist als ich, kann ich mich komplett darauf einlassen – fast blind vertrauen. Das gefällt mir sogar, denn dieser Teamaspekt ist etwas, das mir beim normalen Surfen oft fehlt.

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Du hattest auch eine Paddle-Session in Nazaré. Wie lief das?

Den Gedanken an eine Paddle-Session hatte ich schon länger – und ganz am Ende der Saison kam der perfekte Tag: 10–15 Fuß Wellen, kaum Wind, top Forecast. Wir sind aus dem Hafen raus und ich habe quasi einen Jetski-Shuttle zum Line-up bekommen, als Safety für den Rescue und die Strömung.

Zuerst sind wir etwas weiter den Strand runter, wo die Wellen kleiner und weniger steil brechen. Dort lief allerdings gar nichts – ich habe zwei Stunden lang keine einzige Welle erwischt. Also sind wir direkt zum Haupt-Peak. Und das war eine ganz andere Liga: riesige Barrels, richtige Wasserberge. Als die erste Wand auf mich zugerollt ist, wusste ich sofort: Ich habe keine Chance, da reinzukommen, geschweige denn zu surfen, und schon gar nicht sicher.

Meine Gun war auch nicht ideal für Nazaré: 9’6”, aber mit relativ wenig Volumen, und ich habe keinerlei Barrel-Erfahrung mit ihr. Stattdessen habe ich Welle um Welle auf den Kopf bekommen. Das war jetzt nicht total beängstigend, dank des Jetskis, aber schon sehr anstrengend und fordernd. Irgendwann habe ich entschieden, die Session zu beenden. Ich war völlig erschöpft und hatte keine Lust, mich kamikaze-mäßig in etwas zu stürzen, das weit über meinem Level liegt. Nazaré ist ein extrem anspruchsvoller Paddle-Spot – das habe ich an dem Tag sehr klar erkannt. Vielleicht versuche ich es in ein, zwei Jahren noch einmal.

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Wie war die Stimmung in Nazaré? Wurdest du supported?

Von meinem Team bekam ich extrem viel Support – egal ob von Luigi Rapanelli, dem Director und meinem Lebenspartner, von Maria Fernanda, die im Wasser gefilmt hat und mit der ich immer so viel lachen konnte, wenn wir die Sessions im Café Revue passieren ließen, oder von Katrina Kruze, mit der wir als drei Frauen eine Trainingseinheit mit geliehenem Jetski absolviert haben. Auch die Sponsoren unseres Projekts – O2, G-SHOCK, ION, dryrobe und SWOX – haben mich unterstützt, noch bevor klar war, ob das Ganze überhaupt klappt. Das ist keineswegs selbstverständlich, und ich weiß das sehr zu schätzen.

Wer war der wichtigste Part deines Teams?

Jede Person in meinem Team erfüllt eine so entscheidende Rolle, dass es ohne sie nicht funktionieren würde. Ehrlich gesagt ist der Surfer dabei oft fast der am leichtesten austauschbare Part. Wenn ich einen Schlüsselfaktor nennen müsste, wäre es für mich persönlich die Organisation – die brauche ich, um wirklich gut zu funktionieren, vor allem in meiner Doppelrolle als Surferin und Filmemacherin.

Hast du ein Vorbild im Big Wave Surfen?

Ich habe mehrere. Zum einen Emily Erickson, deren Stil ich sehr mag und in dem ich mich selbst ein Stück weit wiedererkenne. Ich liebe Longboarden und Singlefin-Surfen, und sie zeigt, wie man genau das in Riesenwellen umsetzt. Außerdem beeindruckt mich, wie professionell Sebastian Steudtner in Nazaré arbeitet und den Sport insgesamt vorantreibt. Und auch Maria Fernanda, die als Fotografin viel Erfahrung in XL-Wellen hat und mit ihrer Leichtigkeit selbst in den extremsten Momenten in Nazaré für eine besondere Stimmung gesorgt hat.

Was bedeutet dir Nazaré?

Bis letztes Jahr habe ich immer gesagt, dass es die Wellen bei Ericeira sind, warum ich in Portugal lebe. Jetzt ist es auch Nazaré.

Abseits davon sieht es leider etwas anders aus: Nazaré ist ein rauer, chaotischer Ort, der Umgangston ist oft hart. Natürlich gibt es tolle Menschen dort, aber nicht nur. Ich glaube, es wird noch eine Weile dauern, bis ich dort wirklich eingefunden habe.

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Wie geht es jetzt weiter? Wirst du auch die nächsten Big Wave Saisons in Nazaré mitmachen?

Das ist der Traum und der Plan. Mit dem gleichen Ansatz, Schritt-für-Schritt aber gerne mit mehr Unabhängigkeit, am liebsten mit einem eigenen Jetski.

Wo siehst du dich in 5 Jahren?

In fünf Jahren möchte ich im Idealfall genau den Weg weitergehen, den ich jetzt eingeschlagen habe: Big Wave Surfen, Surfen, Freediving und mein öffentliches Engagement miteinander verbinden. Ich hoffe, dass ich weiterhin keine ernsthaften Verletzungen habe und meinen Weg mit anderen unglaublichen Personen teilen darf. Und ich hoffe, andere dabei zu unterstützen, besonders jetzt wo ich weiß, wie schwierig die ersten Schritte sind.

Auf welchen Festivals läuft der Film noch und kann man ihn auch online schauen?

Zunächst läuft der Film bei der Surf Film Nacht, die in vielen deutschen Städten Station macht – in Berlin, München und Hamburg werde ich auch persönlich dabei sein. Außerdem wird er weiterhin auf Festivals in Europa und weltweit gezeigt. Ganz frisch habe ich auch die Zusage eines TV-Netzwerks, das den Film im Herbst ausstrahlen wird. Alle aktuellen Infos und Updates dazu teile ich immer auf meinem Instagram.

Wie kommt euer Film an? Wie ist das Feedback der Zuschauer:innen?

Bisher haben ihn nur sehr wenige gesehen also gibt es noch wenig Feedback, aber umso mehr Spannung ; )

Willst du noch etwas loswerden?

Ich persönlich schätze traditionelle Medien deutlich mehr als Social Media. Kinos, in dem unser Film gezeigt wird, oder Magazine wie eures. Es freut mich total zu sehen, dass diese Formate wieder stärker zur Surfkultur gehören. Und ich hoffe, dass ich dazu auch in der nächsten Big Wave Saison etwas beitragen kann.

 

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L E N A könnt ihr auf der Surf Film Nacht 2025 in Deutschland sehen! Hier die Termine und mehr Infos. 

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