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Gerry Lopez: Im Interview mit Mr. Pipeline

Riversurfing, Yoga und seine ganz persönliche Beziehung zu Pipeline

Header Pic: James Cassimus

„Just keep on paddeling!“

Dieser Spruch von Gerry Lopez hat uns nicht nur einmal zum schmunzeln gebracht, denn er passt zu fast jeder Lebenssituation. Manchmal muss man einfach durchhalten und weitermachen – egal was kommt. Nur zu gut können wir uns vorstellen, wie Gerry sich diese Worte in den Kopf gezimmert hat, wenn er an seinem  Homebreak Pipeline in der Insight festgehalten wurde, oder ein Freakset auf ihn zugerollt kam.

Pic: Art Brewer

Er war und ist nicht nur der Stylemaster von Pipeline, sondern auch eine unglaubliche Persönlichkeit, die uns bereits beim ersten Aufeinandertreffen vor einigen Jahren fasziniert hat. Er war wegweisend bei der Shortboard-Revolution in den 60ern und gründete damals mit Jack Shipley die legendäre Brand „Lightning Bolt“. Parallel zu seinem Aufstieg im Surfen widmete er sich schon früh dem Thema Yoga. Die letzten 30 Jahren hat er mit seiner Frau Toni und seinem Sohn Alex in Bend, Oregon verbracht, wo er neben seiner neuen Leidenschaft, dem Snowboarden auch gerne die ansässige Flusswelle surft. Mit seinem Umzug vom Strand in die Berge hat seine Liebe zum Surfen nicht nachgelassen. Ganz im Gegenteil.

Anlässlich des neuen Dokumentarfilms „The Yin & Yang of Gerry Lopez“ von Stacy Peralta und Patagonia haben wir ihn in Anglet zu einem Gespräch getroffen, und waren trotz Medienrummel von seiner inneren Ruhe und Gelassenheit beeindruckt.

Foto: T. Davis

Interview von Zoé Levit 

Hallo Gerry, danke, dass du dir die Zeit genommen hast. Wir wissen das wirklich zu schätzen und legen auch direkt los, denn wir haben Gerüchte gehört, dass du bereits vor vielen Jahren in Deutschland eine Flusswelle gesurft bist. Stimmt das?

Gerry Lopez: Hallo zusammen. Ich freu mich sehr heute hier sein zu dürfen. Das Gerücht ist korrekt, auch wenn wir damals kein Geheimnis daraus gemacht haben. Ich war im Englischen Garten in München bei der „Standing Wave“, wie wir sie einfach nannten. Wir kannten das Riversurfen bis dato noch nicht und auch das Thema der stehenden Wellen war noch nicht sehr geläufig. Ich war mit zwei jungen Surfern aus Maui unterwegs, die wirklich große Schwierigkeiten hatten, sich in der Welle zu halten. Sie waren damals wenig erfolgreich und sind wie nasse Hunde aus der Welle gespült worden.

Das heisst du hattest es damals gar nicht probiert?

Gerry Lopez: Damals nicht, aber ein paar Jahre später wurde ich zu einem Event von Swatch (Anm. d. Red Swatch Wave Tour 1999) nach München eingeladen und konnte das Surfen auf einer stehenden Welle zum ersten Mal ausprobieren. Da das Wasser hier gegen eine Rampe gespült wurde, war es eine große Umstellung zum Ozean, aber es hat am Ende ganz gut geklappt.

Tatsächlich haben wir von der Veranstaltung damals gehört. Wenn uns nicht alles täuscht, waren da auch einige Skimboarder und Snowboarder, wie Terije Haakonsen dabei. Aber wie schaut es mit dem Thema Riversurfing aus? Ist das was für dich?

Gerry Lopez: Da ich in Oregon lebe, gibt es tatsächlich einige Flusswellen und in Bend haben wir auch eine ziemlich gute Welle, die ich gerade im Sommer ziemlich regelmässig surfe.

Ist es für dich vergleichbar mit dem Surfen im Ozean?

Gerry Lopez: Schwer zu sagen – man steht auf einem Surfbrett und ist im Wasser. Diese Faktoren sind schon mal gleich, aber viel mehr Gemeinsamkeiten gibt es eigentlich nicht. Gerade weil es sich um ein fließendes Gewässer handelt. Am Anfang ist es gewöhnungsbedürftig sich hier anzupassen, aber wenn man es einmal raus hat, macht es wirklich Spaß.

Etwas nördlich von Washington wurde eine Citywave gebaut, die über 50 Fuß breit ist. Die Konstruktion kommt aus München, wahrscheinlich kennt ihr die Kollegen sogar. Ich war hier mit zwei Freunden beim Bau involviert und ich gehe da ziemlich oft hin. Beim letzten Mal habe ich Jamie O’Brien mitgenommen und ihm hat es richtig Spaß gemacht.

Hast du ein spezielles River-Quiver, bzw. welches ist dein Lieblingsbrett in stehenden Wellen?

Gerry Lopez: Ja klar. Ich habe ein spezielles Brett für den Fluss. Es ist 4’6 Fuß und somit sehr kurz. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich damit jemals eine Welle im Ozean anpaddeln könnte ;).

Wir haben mittlerweile auch eine Reihe von deutschen Shapern, die sich auf das Thema Riversurfing spezialisiert haben und zumeist sind diese Boards auch relativ kurz und mit wenig Volumen. Bist du aber auch noch „normal“ am Surfen? Also im Ozean?

Gerry Lopez: Ja klar. Wir haben ein Haus in Mexiko, auf der Baja California und ich verbringe so viel Zeit wie möglich dort. Als wir vor 30 Jahren nach Oregon gezogen sind, war mein Sohn noch sehr klein und ich wollte einen Tapetenwechsel und unbedingt Snowboarden lernen. So hat es uns nach Bend in Oregon verschlagen und für meinen Sohn war es wirklich ein toller Ort um aufzuwachsen. Er liebt das Snowboarden und wurde sogar ein professioneller Snowboarder. Ich wollte eigentlich immer, dass er mit dem Surfen anfängt, aber er hatte lange Zeit kein Interesse daran. Erst mit 21 Jahren hat er damit angefangen und auch da hatte es ihm anfangs nicht so richtig Spaß gemacht. Er kommt aber mit seinen Freunden öfter mit nach Mexiko und hat mehr und mehr Spaß dran. (lacht)

Mittlerweile surft er nicht nur gerne, sondern baut auch eigene Surfboards. Es war hart für ihn als vor 2 Jahren die Pandemie begann und alles abgeriegelt wurde. Alle mussten in ihren Häusern bleiben und durften nur noch rausgehen, um Lebensmittel oder lebenswichtige Dinge zu kaufen.

Mein Sohn hat dann beim lokalen Surfshop angefangen zu arbeiten und hat sich hier jeden Schritt des Surfboard-Buildings beigebracht. Da es in Bend aber wenig Surf-Industrie gibt, ist er nach Südkalifornien gezogen. Hier kann er jeden Tag Surfbretter bauen und genießt sein Leben am Meer. Es erinnert mich an wenig an mein Leben damals. Mittlerweile ist er mehr mit dem Surfbrett unterwegs als mit dem Snowboard.

Gerry Lopez
Pic: Kampion Drew

Bei uns sagt man „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, auch wenn er wohl anders herum angefangen hat. Also erst das Snowboarden und nun das Surfen.

Gerry Lopez: Ja genau. Das ist wirklich lustig. Surfen ist der „Muttersport“ und daraus sind  Skateboarding, Windsurfing und auch Snowboarding entstanden. Mittlerweile gibt es ja auch Kiteboarding und Foil-Surfing. All diese unterschiedlichen Arten auf den Wellen zu reiten kommen eigentlich vom Surfen. Auch wenn mein Sohn mit dem Snowboarden aufgewachsen ist, hat er irgendwann gemerkt, dass das Snowboarden vom Surfen kommt. Es ist einfach wie Surfen im Schnee. Ich sehe das sehr oft, dass Kinder mit dem Kitesurfen, Windsurfen oder Skateboarden aufgewachsen sind und irgendwann wollen sie alle Wellenreiten lernen.

Das Surfen ist wie ein Angelhaken, der sich irgendwann verfängt und dich nicht mehr loslässt. So ist es eigentlich immer gewesen. Ich wurde einfach schon früher erwischt und habe an einem bestimmten Punkt in meinem Leben beschlossen Surfer zu werden. Es war wohl meine Bestimmung und es hat mir ein wunderbares Leben ermöglicht.

Wir hängen auch wortwörtlich am Haken und lieben das Surfen, aber uns interessiert auch deine Leidenschaft für Yoga. Erzähl uns doch mal bitte wie es dazu kam.

Gerry Lopez: Yoga und Surfen gingen bei mir immer Hand in Hand und haben sich perfekt ergänzt. Es muss im Jahre 1968 gewesen sein, als ich damit begonnen habe. Schon damals waren mir Themen wie Bewegungsabläufe, Atmung, Entspannung, gesunde Ernährung, positive Gedanken und Meditation wichtig und diese fand ich im Yoga wieder. Das ist und war der Yoga-Lifestyle, aber eben auch der Surf-Lifestyle. Das war bei mir immer genau das gleiche.

Spannend. Aber abgesehen von der Tatsache, dass sich Yoga und Surfen vom Lebensstil wohl sehr ähnlich sind, gibt es für dich eine konkrete Unterscheidung?

Gerry Lopez: Ja klar, (Lacht) Surfen ist im Ozean, Yoga ist an Land.

Haha, stimmt und entschuldige die komische Frage. Am Ende geht es wohl darum, seinen Weg zu finden, um glücklich zu sein. Dürfen wir noch fragen welchen Yogastil du hauptsächlich praktizierst und wie deine tägliche Routine aussieht?

Gerry Lopez: Ja klar. Bei Yoga ist es ähnlich wie beim Surfen. Beides ist in den letzten Jahren im Westen sehr beliebt und populär geworden. Zu der Zeit als ich mit meiner Yogapraxis angefangen habe, gab es nur „Yoga“. Nach und nach entstanden verschiedene Yogaschulen, aber ich bin der festen Überzeugung, dass sie alle auf demselben Yoga basieren. In Indien ist Yoga einfach eins. Natürlich macht es einen Unterschied, wer dein persönlicher Guru oder Lehrer ist, aber es ist und bleibt eben Yoga. Yoga ist ein sehr großes Thema und mittlerweile eben auch mit ganz verschiedenen Facetten.

Ich habe von Anfang an den Sivananda-Yogastil studiert und praktiziert. Auf dem Weg dorthin habe ich mich mit Bikram befasst. Das war in der Zeit als ich nach Oregon gezogen bin. Damals gab es keine Studios und es war wirklich schwer überhaupt einen Yogakurs zu finden. Manchmal war eine Lehrerin auf der Durchreise und hat einen Aushang gemacht. Aber es gab nie ein regelmässiges Angebot und somit habe ich mir meinen eigenen Stil angewöhnt.

Pic: Ben Moon

Ich habe damals auch versucht meine Frau dafür zu begeistern, aber sie sagte immer „Ich bin einfach zu steif.“ Das war sie natürlich nicht, aber diese Ausrede habe ich damals wirklich oft gehört. Als in der Region ein Bikram Studio aufgemacht hat, war ich direkt begeistert. Man schwitzt ziemlich viel, was gut ist, um die Giftstoffe loszuwerden. Jeder kann von der ersten Stunde an spüren, dass etwas im Körper passiert und so hat das einen sehr großen Anreiz.

Aber seither habe ich viele verschiedene Yogastile ausprobiert, und sie sind alle toll. Sie haben alle etwas Gutes. Vor allem in den langen Lockdown-Tagen hatte ich immer meine eigene Routine und ich hatte wirklich viel Zeit dafür, vor allem, wenn man im Haus bleiben musste. Ich habe also drei Stunden, manchmal vier oder fünf, manchmal sechs Stunden am Tag praktiziert und habe festgestellt, dass es mir wirklich gut tut.

Und ich glaube, dass Yoga – egal wie man es macht – jedem von Vorteil ist. Vor allem in den heutigen Zeiten. Vielleicht ist das der Grund, warum Yoga immer beliebter wird. Weil wir es einfach brauchen.

Du hast lange Zeit Pipeline gesurft und dieses Jahr haben die Frauen zum ersten Mal Pipe als CT-Event gesurft. Gab es in den sechziger oder siebziger Jahren bereits Pionierinnen, die mit dir in Pipe gesurft sind?

Gerry Lopez: Es gab damals ein paar Frauen, die rausgepaddelt sind, aber Pipeline ist ein unheimlicher Ort. Gerade als es anfing voll zu werden, waren wir ein sehr harter Kern. Es war kein sehr einladendes Lineup und jeder war nur darauf konzentriert, nicht zu stürzen.

Als ich damals dort gesurft bin, war niemand an Pipe interessiert, weil die Wellen damals zu groß für die Surfbretter waren. Die Surfboards mussten sich erst noch entwickeln. Ich habe meine eigenen Bretter gebaut und jedes Mal, wenn mein Brett in zwei Hälften zerbrach, habe ich ein neues gemacht. Ich habe mir immer überlegt, wie ich es für Pipeline besser machen kann und irgendwann hatte ich dann einen Shape entwickelt, der wirklich gut für Pipeline geeignet war. So ging es damals los. Es kamen nach und nach immer mehr Surfer, aber ich hatte damals schon viel Zeit an dem Spot verbracht und somit einen Vorteil.

Das ist für uns wirklich kaum vorstellbar, dass du damals alleine in Pipe gesurft bist und es war uns wirkliche eine große Ehre. Danke für das Gespräch. Wir freuen uns nun auf den Film und wünschen dir auf deinem Weg alles Gute. „Keep on paddeling;)“

In dem neuen Dokumentarfilm „The Yin & Yang of Gerry Lopez“ wird zum ersten Mal seine Geschichte komplett erzählt. Wer sich den Film ansehen möchte, der findet HIER die aktuellen Termine für die Screenings.

Hier noch ein paar abschließende Worte von Stacy Peralta, der Skatelegende und dem Regisseur des Films:

,,Beim Surfen gibt es eine seltsam spirituelle Verbindung. Nicht religiös. Spirituell. Es hat etwas Einzigartiges, auf einer Welle zu reiten, die 3000 Meilen zurückgelegt hat, um von einem Sturm über die Erde zu dir zu gelangen. Das Surfen hat eine solche Kraft auf uns, dass wir unser Leben danach ausrichten. Wir ziehen an andere Orte, um in der Nähe der Wellen zu leben. Wir ändern unsere Berufe, um sie um das Surfen herum aufzubauen. Es ist so kraftvoll. Und es gibt einen spirituellen Aspekt in diesem Film, den wir meiner Meinung nach eingefangen haben und auf den ich sehr, sehr stolz bin, weil so viele von uns so empfinden.

Und so gibt es hier eine echte stille Verbindung durch das Yoga, durch Gerrys Fleiß, durch sein lebenslanges Streben nach dieser Sache. Die andere Sache ist, dass Gerry seinen Traum auf die unnachgiebigste Weise gelebt hat. Er hat nie einen Zentimeter nachgegeben. Er ist seinem Traum sein ganzes Leben lang treu geblieben. Und ich glaube, die Leute finden das inspirierend. Ja, denn sie schauen es sich an. Sie denken: Das muss ich in meinem Leben auch tun.“

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