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Matthias Niederer Riversurfing Schweiz

River / Rapid Surfing

Im Gespräch mit Matthias Niederer über seine Doku zum Flusssurfen in der Schweiz

Fotos: Balz Kubli

Matthias Niederer hat eine große Leidenschaft – Riversurfing.

Seit vielen Jahren ist er in der Schweiz auf der Suche nach surfbaren Flusswellen und hat diese Abenteuer auf Film gebannt. Nun hat er eine 3-teilige Doku über das Flusssurfen in der Schweiz veröffentlicht, um nicht nur tolle Bilder mit uns zu teilen, sondern auch mit den Vorurteilen aufzuräumen. Wir haben ihn zu einem Gespräch in seiner Heimat getroffen. 

Hallo Matthias, erstmal Gratulation zu der spannenden Doku des Riversurfens in der Schweiz. Wie lange hast Du daran gearbeitet?

Angefangen habe ich im April 2020 als meine Australien-Ferien aufgrund von Corona ins Wasser gefallen sind. Den Aufwand habe ich aber massiv unterschätzt und der Abschluss des Projekts hat sich stark verzögert. Das Projekt habe ich komplett in meiner Freizeit erstellt, wann immer es die Zeit zu liess.

Riversurfen freut sich immer größerer Beliebtheit, vor allem in “landlocked” Ländern, wie der Schweiz, Österreich oder auch in Deutschland. Wie siehst Du die Entwicklung?

Gerade auch in diesen «landlocked» Ländern gibt es immer mehr Surfer. Überall auf der Welt gibt es richtig gute Surfcamps, surfen zu lernen ist sehr einfach geworden. Die vielen Surfer möchten natürlich auch zu Hause gute Alternativen haben, weshalb es auch immer mehr künstliche Wellen gibt. Ansonsten geniesst Riversurfen meiner Meinung nach immer noch ein starkes Nischendasein.

In Deutschland und Österreich sind bereits einige neue, künstlich angelegte Flusswellen entstanden. Wie schaut es in der Schweiz aus?

In der Schweiz sind einige Projekte in Planung, künstliche Anlagen in Flüssen haben aber einen schwierigen Stand. Dafür wurden 2 Citywaves in Betrieb genommen und ein absolutes Highlight ist natürlich seit letztem Jahr das Surfbecken Alaia Bay mit der Wavegarden Technologie.

Matthias Niederer Riversurfing Schweiz

In Deiner Doku geht es aber weniger um künstlich angelegte Wellen, sondern Hochwasserwellen. Wie bist Du zu dieser Leidenschaft gekommen?

Wie so oft, aus einer Not heraus. Uns fehlte schlichtweg die Möglichkeit zu Hause zu surfen, also haben wir uns auf die Suche nach surfbaren Wellen vor der eigenen Haustüre gemacht. Der Fluss vor unserer Haustür, die Thur, generiert aber nur bei Hochwasser surfbare Wellen. Bei normalem Wasserstand reicht die Abflussmenge nicht aus. Die Hochwasserwellen entstehen aber auch nur, weil die Thur begradigt wurde und mit diversen Schwellen verbaut ist. Natürlich entstanden sind diese Hochwasserwellen daher auch nicht wirklich.

Natürlich birgt das Surfen bei Hochwasser auch große Gefahren. Gab es schon mal brenzlige Situationen?

Das ist für die meisten sehr überraschend, aber nein, eigentlich gab es in den 17 Jahren, seit wir den Sport ausüben, keine brenzligen Situationen. Ein Surfer aus unserer Crew hat sich mal bei einer paddle-in Welle die Schulter ausgekugelt. Ohne unsere Hilfe wäre er kaum wieder zurück zum Ufer gekommen. Es macht keinen Spass mit ausgekugelter Schulter zu schwimmen. Das hat aber nichts mit dem Hochwasser zu tun. Die für den Laien einfach erkennbaren Gefahren, wie Schwemmholz und Strudel, sind in Wirklichkeit nicht so dramatisch, wie es aussieht. Wir sind immer gut vorbereitet, haben die nötige Ausrüstung und Erfahrung, um die Gefahren zu minimieren, das wird in der Doku sehr detailliert erläutert. Es gibt aber Gefahren, welche für den Laien nicht einfach erkennbar sind. Über diese Gefahren klärt die Doku ebenfalls auf. Ich wollte die Erfahrungen, welche wir beim Flusssurfen gemacht haben, festhalten und anderen zugänglich machen.

Leider sind in München und im Umland im Zuge der Renaturalisierung einige grandiose Hochwasserspots zerstört worden. Wie ist die Lage in der Schweiz und kannst Du uns ein paar “bekannte” Spots nennen?

Es gibt 2 bekannte Flusssurfspots in der Schweiz in Thun und Bremgarten, welche beim richtigen Wasserstand zuverlässig und regelmässig laufen. Über diese 2 Surfspots weiss ich aber, im Gegensatz zu den Spots auf der Thur, nicht besonders gut Bescheid. Die Thur soll tatsächlich auch im Rahmen eines Generationenprojektes grossräumig renaturiert werden, da wird sicher auch die eine oder andere Schwelle verschwinden. Vermutlich tanze ich da in der Riversurf-Community stark aus der Reihe, aber ich freue mich sehr über die Renaturierung der Thur. Flussbegradigungen haben verheerende Auswirkungen auf das Ökosystem und sind meiner Meinung nach, eine riesige Fehlkonstruktion, abgesehen von den schönen Wellen, die sie manchmal produzieren. Obwohl das Flusssurfen eine meiner grössten Leidenschaften ist, erachte ich die Erhaltung und Wiederherstellung von natürlichen Lebensräumen für Pflanzen und Tiere als eine der wichtigsten Aufgaben überhaupt für unsere und kommende Generationen. Ich würde mich natürlich freuen, wenn einige der Surfspots erhalten bleiben, aber Naturschutz und Artenerhaltung sollte viel öfter Vorrang haben vor wirtschaftlichen und persönlichen Interessen. Das darf mich ruhig auch etwas kosten.

Matthias Niederer Riversurfing Schweiz

In dem Film beschreibst Du auch, wie ihr auf der Suche nach neuen Wellen viel Zeit mit Recherche investiert, somit braucht es jahrelange Erfahrung um zu wissen wann, welcher Spot funktioniert, oder?

Ja das ist richtig, es braucht sehr viel Zeit und Flexibilität. Besonders bei Hochwasserspots, da die Wellen nur beim richtigen Pegel jeweils nur für ein paar Stunden laufen.

Teilt ihr dieses Wissen auch, oder sind das eure “Secrets”?

Wir teilen grundsätzlich keine Informationen über Spots, auch in der Doku wird über die einzelnen Spots nichts verraten, weder über die Location noch über die Abflussmengen. Ohne dieses Wissen ist es fast unmöglich diese Spots jemals zu surfen. Nur wer absolut angefressen ist, selber genug recherchiert und die Spots immer wieder anfährt bei verschiedenen Hochwasserständen, wird irgendwann belohnt für seinen Enthusiasmus.
Wenn wir vor Ort auf andere Surfer treffen, freuen wir uns aber eigentlich immer darüber. Wir surfen diese Wellen fast immer allein und es macht Spass diese Wellen mit Gleichgesinnten zu teilen. Man muss sich die Welle aber verdienen. Vor Ort tauschen wir uns auch gerne mit anderen Surfern aus und informieren über die besten Ein- und Ausstiegsmöglichkeiten sowie die besten Sicherheitsvorkehrungen. Wir wollen das Risiko für andere ja ebenfalls so tief wie möglich halten, so dass die Spots weiterhin unfallfrei bleiben.

Sicherlich gab es auch einige Anfeindungen, wenn man eine Dokumentation über teilweise noch recht unbekannte Spots dreht, oder?

Ich verrate zwar viel über die Vorgehensweise, um potenzielle Surfspots zu finden und einzuschätzen, aber ich verrate nichts über die uns bekannten Spots. Ansonsten räumt die Doku hauptsächlich mit Vorurteilen gegenüber dem Hochwassersurfen auf, macht auf Gefahren aufmerksam und gibt Einblick in eine unserer grössten Leidenschaften. Wir wurden in der Vergangenheit sehr oft zu Unrecht scharf kritisiert. Viele Hochwassersurfer begrüssen, dass endlich mal unsere Perspektive aufgezeigt wird, und was wirklich dahinter steckt. Bisher habe ich viele gute Feedbacks erhalten, aber natürlich gibt es wie bei allem immer Leute, die einen kritisieren, egal, was man macht.

Matthias Niederer Riversurfing Schweiz

Auch die Mainstream Medien sind dem Hochwasser-Surfern sehr skeptisch gegenüber. Wie verargumentiert ihr hier eure Leidenschaft?

Hauptkritik ist, dass wir nicht nur unser eigenes Leben, sondern auch das der Rettungskräfte aufs Spiel setzen. Schlussendlich ist es einfach die Angst vor dem Unbekannten, welche sowohl von den Medien als auch von den Lesern sehr falsch eingeschätzt wird. Es ist ja bis dato noch zu keinem einzigen Rettungseinsatz an irgendeinem unserer Spots gekommen und das halt eben nicht ohne Grund. Auch das wird in der Doku sehr gut beleuchtet, wieso es bei uns noch nie zu Unfällen gekommen ist. Schlussendlich ist es wie bei allen Sportarten, wie Klettern, Skifahren oder einfach nur Autofahren. Ohne die nötige Erfahrung sind diese Tätigkeiten sehr gefährlich, mit der nötigen Erfahrung und Ausrüstung aber relativ sicher zu betreiben. Übrigens ist das Surfen auf der Thur auch bei Hochwasser nicht verboten, und muss nicht der Polizei gemeldet werden. Das hat auch die Polizei schon mehrfach öffentlich kommuniziert. Sie hat nämlich bei Hochwasser ganz andere Probleme. Anscheinend stören sich einfach sehr viele Leute daran, dass wir es wagen bei dem ganzen ärgerlichen Regenwetter auch noch Spass zu haben. So was aber auch, wo wären wir denn, wenn wir ein glückliches Volk wären.

Du bist in Südafrika geboren und surfst auch im Ozean, würdest Du das Meer dem Fluss vorziehen?

Ich liebe surfen, egal wo. Aber meine unvergesslichsten Momente hatte ich auf dem Fluss. Das ganze Abenteuer rundherum angefangen von der Suche und Erkundung neuer Wellen, welche teilweise noch nie gesurft wurden, ist einfach absolut genial. Was ich am Surfen im Meer gar nicht mag, ist die gegenseitige Missgunst. Surfen im Meer ist, besonders in touristischen Regionen, ein absolut egoistisch geprägter Sport. Jeder andere Surfer im Wasser ist einer zu viel, Locals first, ja nicht Blickkontakt haben und schon gar nicht lächeln oder miteinander reden, es ist vor allem ein Gegeneinander. Das ist auf dem Fluss ganz anders, es wird gejauchzt und gejubelt für jeden Surfer und Kayaker. Die Freude wird miteinander geteilt. Das ist so viel schöner als sich ständig über andere Surfer zu ärgern.

Wir wünschen Dir weiterhin viel Erfolg bei der Suche nach neuen Wellen und hast Du uns noch einen Tipp bei der Suche vor unserer Haustür?

Geniesst jeden Moment von der Suche nach neuen Wellen bis zum wirklichen Surfen. Nehmt euch bekannte Sicherheitsmassnahmen zu Herzen und seid vorsichtig. Google Maps kann euch die Suche stark vereinfachen.

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