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Valeska Schneider und Luis Carvalho von Rivver

Shaper

Im Shape-Talk mit Luis Carvahlo von RIVVER Surfboards

Über die Kunst des Custom Surfboard Shapens | Interview

Mit Luis Carvahlo zu sprechen fühlt sich an wie eine Reise an die Anfänge des modernen Surfboard Shapens – in eine Zeit, in der noch keine CNC Fräsen genutzt und Boards in Garagen per Hand geformt wurden.

Luis Carvahlo ist Shaper aus Portugal und seit über 20 Jahren mit seiner Marke Lacrau in der Szene. Sein erstes Board baute er mit gerade mal 14 Jahren gemeinsam mit seinem Großvater. Danach folgten 30 weitere Boards, die er in seinem Schlafzimmer shapte. Seitdem hat Luis mit namhaften Brands wie Rusty und Legenden wie Garret McNamara zusammengearbeitet. Heute, mit 57 Jahren, arbeitet Luis Carvahlo unter anderem als Head-Shaper von RIVVER Surfboards – einer Marke, die er gemeinsam mit Valeska Schneider ins Leben gerufen hat.

Im Interview erzählt er, was die Kunst des Costum Board Shapens für ihn bedeutet, warum er sich für seine Kunden besonders viel Zeit nimmt und was er in über 20 Jahren Berufserfahrung gelernt hat. Außerdem gibt es jede Menge guter Stories aus einer Zeit, in der Surf-Magazine in Portugal noch eine Seltenheit und Surf-Werbespots im Farbfernseher ein echtes Highlight waren.

Luis Carvalho Rivver Surfboards
Luis Carvahlo

Im Interview mit Shaper Luis Carvahlo:

Hey Luis, du bist seit über 20 Jahren Shaper und hast mit einigen spannenden Brands und Surfern zusammengearbeitet. Hol uns mal ab ;) 

Olá. Im Laufe meiner Karriere hatte ich das Glück, mit großartigen Shapern und Brands zusammenzuarbeiten. Zum Beispiel mit DHD, Pedro Battaglin von Rusty oder Jason Rod. Auch Bill Stewart, ein erfahrener Shaper aus Kalifornien und eine Legende der Oldschool Longboard-Szene, hat mich sehr geprägt.

In Frankreich wurde ich eingeladen, Modelle für The Farm zu entwerfen – eine Marke, die vom renommierten Surfer Alain Riou und Buffalo gegründet wurde und ihren Sitz in Hossegor hat. Darüber hinaus führe ich mein eigenes Label Lacrau Surfboards. Zusätzlich entwerfe ich Designs für portugiesische Marken wie Wanted und Mar Surfboards, die zur Marke des 58 Surf Shops gehören – einem der größten Anbieter für Surfzubehör im Land.

Hammer. Du hast auch Boards für die Big Wave Legende Garrett McNamara geshaped. Wie kam es dazu? 

Ein guter Freund von mir, ein Ingenieur, stellte den Kontakt her. Er arbeitete damals mit verschiedenen Kork-Unternehmen zusammen und fragte mich, ob ich Interesse hätte, Boards aus Kork für McNamara zu bauen. Das war vor etwa 10 Jahren. Kork hat einige großartige Eigenschaften – es absorbiert Erschütterungen und Aufprallkräfte besonders gut. Das ist gerade bei den extrem schnellen und unruhigen Wellen in Nazaré ein entscheidender Vorteil, da die Boards dort enormen Belastungen ausgesetzt sind.

Als McNamara nach Portugal kam, testete er mein Board und war sofort begeistert. Es sei eines der vorhersehbarsten Boards, die er je gefahren sei. So begann unsere Zusammenarbeit. Später kam eine größere Marke, die mit McNamara sprach und die Produktionskapazitäten hatte, um die Kork-Boards in größerer Stückzahl herzustellen. Trotzdem arbeite ich bis heute mit ihm zusammen.

Momentan entwickeln wir ein neues System, das sich auf die Gewichtsverteilung im Board konzentriert. Normalerweise stabilisieren wir Boards mit Bleigewichten im Inneren. Das Besondere an unserem neuen Ansatz ist, dass sich diese Gewichte verschieben lassen. So kann man das Board individuell kalibrieren – je nach Bedingungen oder gewünschtem Fahrstil.

Man kann beispielsweise die Gewichtsverteilung so anpassen, dass das Board mehr oder weniger Trägheit für bestimmte Manöver hat. Ich habe dieses System auch schon an ultra-leichten Ocean-Boards getestet, und es zeigt vielversprechende Ergebnisse. Besonders für Airs und Rotationen ist es extrem hilfreich, da der Schwerpunkt optimal ausgerichtet werden kann. Diese Technologie möchte ich jetzt auch für unsere RIVVER-Boards nutzen. Es ist eine spannende Entwicklung, an der wir aktuell intensiv arbeiten.


Luis Carvalho Rivver Surfboards

Luis Carvahlo and Friends / Back in The Days

Wir haben schon viel von deinen Stories von früher gehört. Erzähl uns doch mal die Geschichte deines ersten Surfboards. Fünf Freunde, kein Money und ein geliehenes Board? 

Ich war damals 12 oder 13 Jahre alt. Ein Freund von mir hatte ein MR Twin-Fin – eine legendäre Boardform, damals wie heute. Aber so ein Board konnte ich mir nicht leisten. Ein anderer Freund kaufte es sich, konnte aber nicht surfen.

Ich hatte zu der Zeit Kopfhörer, und so machten wir einen Deal: Jedes Wochenende tauschten wir – er bekam meine Kopfhörer für eine Woche, und ich durfte mit dem Board surfen.

Wir waren eine kleine Crew von vier oder fünf Freunden und teilten uns das Board. Jeder durfte zwei Wellen surfen, dann wurde gewechselt – egal, ob man die Welle erwischt hatte oder nicht. Das waren die Regeln. Unsere Wochenenden drehten sich komplett ums Surfen, und es war eine unglaubliche Zeit. In Portugal gab es damals keine Surf-Magazine oder Bilder vom Surfen. Wenn jemand zufällig ein Magazin aus Australien, Kalifornien oder Brasilien auftreiben konnte, versammelten wir uns alle darum und studierten jede Seite gemeinsam. Das war unser Zugang zur Surf-Welt.

Mit 14 Jahren hast du dann dein erstes eigenes Board geshaped. Wie lief’s? 

Mein erstes Board habe ich mit meinem Großvater gebaut. Er war Möbeltischler und hat alle Möbel in unserem Haus selbst gemacht – auch für die Nachbarn. Für mich baute er Spielzeug, alles handgemacht.

Ich hatte das Glück, dass es in der Nähe einen Händler für Harz und Glasfaser gab. Ein älterer Mann dort erklärte mir viel über die Materialien – das war eine riesige Hilfe. Mein erstes Board war eigentlich ein Boogie-Board zum Üben.

Danach wagte ich mich an ein echtes Surfboard: Ich wollte ein südafrikanisches Instinct-Board nachbauen. Die Form war gar nicht so schlecht – aber das Laminieren war eine absolute Katastrophe.

Ich erinnere mich genau daran, wie ich das Board aus der Tasche nahm und zum Strand brachte. In der Ferne standen ein paar Surfer. Als sie das Board sahen, fingen sie an zu rennen, um es aus der Nähe zu betrachten. Doch je näher sie kamen, desto langsamer wurden sie. Ihr anfänglicher Enthusiasmus wich einer Mischung aus Verwirrung und Skepsis. Denn das Board sah einfach verrückt aus – chaotisch, unfertig, und völlig durcheinander.

Luis Carvalho Rivver Surfboards
Luis Carvahlo in jungen Jahren

Wie lange hat es gehalten? 

Die Finnen waren viel zu dünn und brachen bereits in der ersten Session. Außerdem sog das Board Unmengen an Wasser auf. Jedes Mal, wenn ich es aus dem Wasser hob, lief es nur so heraus – es war ein Desaster. Aber das hat mich nicht aufgehalten.

Ich habe bestimmt 20 oder 30 Boards in meinem Schlafzimmer geshaped. Dafür habe ich die Fenster ausgebaut, damit der Geruch rauszog.

Ich habe Plastikfolien an den Wänden und auf dem Boden befestigt, um alles gut zu schützen. Ich habe geshaped, laminiert und geschliffen. Meine Eltern waren natürlich nicht so begeistert.

Dann hast du Industriedesign studiert. Wie hat sich deine Herangehensweise an das Shapen dadurch verändert? 

Als ich meine ersten Surfboards gebaut habe, wusste ich nichts über Strömungsdynamik oder Designprinzipien. Ich habe einfach ein Board nachgebaut, das mir gefiel. Erst viel später beim Industriedesign-Studium wurde mir klar, dass das Shapen, was ich instinktiv gemacht habe, mit dem richtigen Wissen noch viel besser werden konnte.

Dieses Studium hat meine Art zu Shapen komplett verändert. Ich habe begonnen, Surfboards aus einer ganz neuen Perspektive zu verstehen – nicht nur in ihrer Form, sondern auch in ihrer Funktion und Performance. Das hilft mir enorm, weil ich viele unterschiedliche Boards baue: Longboards, Shortboards, SUPs und eben auch Boards für die riesigen Wellen von Nazaré. Jedes dieser Boards hat seine eigenen Anforderungen, und durch mein jetziges Wissen kann ich die feinen Unterschiede viel besser nachvollziehen und gezielt optimieren.

Ich möchte meine Learnings auch weitergeben, denn am Ende ist es wichtig, dass wir alle die gleiche Sprache sprechen, wenn es um gutes Boarddesign geht.

Luis Carvalho Rivver Surfboards
Luis Carvahlo in seinem Element

Lass uns über die Gründung von RIVVER Surfboards sprechen. Wie kamen Valeska Schneider und du dazu, RIVVER ins Leben zu rufen?

Ich habe Valeska über einen gemeinsamen Freund kennengelernt. Damals sprachen wir nicht über stehende Wellen, sondern über die im Ozean. Valeska erzählte mir, dass sie ein Custom-Surfboard wollte, und zeigte mir Videos von sich beim Surfen. Für einen Shaper ist es besonders spannend, mit guten Surfern zu arbeiten, weil ihr Feedback uns enorm weiterbringt. Wir kamen ins Gespräch, und ich merkte, dass Valeska zuvor schlechte Erfahrungen mit anderen Shapern gemacht hatte.

Viele Shaper nehmen sich heute nicht die Zeit, intensiv mit ihren Kunden zu sprechen. Sie entwickeln ein paar Modelle, bringen sie auf den Markt, aber passen sie nicht individuell an. Ich sehe das anders. Shapen ist ein fortlaufender Prozess, bei dem wir Modelle ständig verbessern.

Mir wurde klar, dass ich mit Valeska neue Boards entwickeln konnte – vor allem für stehende Wellen, für die ich bis dahin noch nie ein Board gebaut hatte. Anfangs war es meine Marke, aber nach ein, zwei Jahren wuchs die Nachfrage enorm. Das lag vor allem daran, dass Valeska die Boards so überzeugend präsentierte.

Da dachte ich, es wäre sinnvoller, eine neue, spezialisierte Marke zu gründen. Valeska übernahm die Verantwortung für die Entwicklung von RIVVER Surfboards. Für mich war das ideal: Ich konnte mich auf das Shapen konzentrieren, während Valeska das Marketing und die Vermarktung vorantrieb. So entstand RIVVER.

Für RIVVER hast du deine ersten Boards für stehende Wellen geshaped. Gab es bestimmte Aha-Momente? 

Riverboards haben für mich eine völlig neue Welt eröffnet, denn sie funktionieren ganz anders als klassische Surfboards für den Ozean. Beim Wellenreiten im Meer spielt das Volumen des Boards eine entscheidende Rolle, weil man paddeln muss, um die Welle zu erwischen. Bei stehenden Wellen hingegen gibt es diese Herausforderung nicht – die Geschwindigkeit der Welle ist konstant, und wir treffen auf sie, ohne paddeln zu müssen – das einzige funktionale Prinzip des Surfboards ist also das Gleitverhalten.

Am Anfang war das für mich eine spannende Lernkurve. Valeska hat mir irgendwann gesagt: „Ich habe einen Kunden, der nur 80 Kilo wiegt und unsere Boards liebt.“ Als ich mir die Datei ansah, stellte ich fest, dass das Board gerade mal 19 Liter Volumen hatte – eine Zahl, die für ein Surfboard im Meer völlig absurd wäre!

Diese neuen Anforderungen haben mir geholfen, meine Herangehensweise an das Shapen weiterzuentwickeln. Es fühlt sich manchmal an wie wissenschaftliche Forschung – mit jeder neuen Erkenntnis verstehe ich besser, wie sich Boards für stehende Wellen optimieren lassen.

Genau diese Neugier und dieses Streben nach Perfektion sind das Herzstück unserer Philosophie bei RIVVERSurfboards.

Valeska Schneider und Luis Carvalho von Rivver
Valeska Schneider und Luis Carvalho von RIVVER

RIVVER Surfboards konzentriert sich also auf Custom-Boards. Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen euch ab?

Wir entwickeln im Laufe der Zeit verschiedene Modelle, die wir stetig anpassen. Wir haben etwa vier bis fünf Hauptmodelle sowie einige experimentelle Designs, die wir mit unseren Testfahrern testen. Manchmal probieren Leute unsere Testboards aus und bestellen sie direkt, weil sie perfekt passen.

In anderen Fällen wollen sie individuelle Anpassung, um das Optimum herauszuholen. Dann schickt mir Valeska Videos der Surfer, und ich analysiere, welche Anpassungen nötig sind, um das Board für den jeweiligen Surfer und die Welle besser abzustimmen.

Außerdem gibt es Kunden, die Custom-Boards wegen des Designs bestellen – zum Beispiel das Modell „Phoenix 5’5“ mit pinken Rails.

Welche Materialien verwendet ihr für eure Boards?

Wir nutzen zwei Bauweisen: EPS/Epoxy oder PU/Polyester. PU/Polyester ist die konventionelle Bauweise – sie ist weniger steif, altert aber schneller. EPS/Epoxy ist langlebiger, aber etwas steifer. Eine Mischung aus beiden Materialien ist ebenfalls möglich. Wir können auch das gleiche Harz verwenden, das wir in der EPS-Epoxy-Konstruktion nutzen, für einen PU-Schaumkern.

Wir testen kontinuierlich verschiedene Konstruktionen, um das optimale Gleichgewicht zwischen Performance und Widerstandsfähigkeit zu finden. Es gibt kein Material, das gleichzeitig extrem stark und hochperformant ist – es ist immer ein Kompromiss.

Außerdem verwenden wir Innegra für die Rails. Wir haben viele Materialien getestet, darunter Carbon, und festgestellt, dass Innegra den besten Schutz gegen Stöße bietet. Unsere Boards haben sogar Wände in Wavepools getroffen, ohne dass die Rails gebrochen sind – das Material ist extrem widerstandsfähig.

Luis Carvalho Rivver Surfboards

Die Boards von RIVVER by Luis Carvahlo x Valeska Schneider 

Wie siehst du die Zukunft der Materialien im Surfboard-Shapen?

Das ist eine interessante Frage, weil sich Materialien ständig weiterentwickeln. Ich denke, dass in Zukunft nachhaltigere Materialien immer wichtiger werden. Derzeit sind PU/Polyester Boards nicht besonders umweltfreundlich. Nachhaltigere Alternativen sind Epoxy/EPS, da es Epoxy-Harze gibt, die bereits zu 60 % aus Biomaterial bestehen. Auch die Arbeitsbedingungen verbessern sich: Epoxy gibt kaum schädliche Dämpfe ab, während Polyesterharze sehr giftig sind. Zudem kann man EPS-Kerne recyceln, und PU-Kerne nicht.

Es gibt auch Holz- und Kork-Boards, die besonders umweltfreundlich sind, aber bisher nicht die gleiche Performance bieten. Vielleicht werden sich diese Materialien in Zukunft weiterentwickeln. Oder wir müssen unser Mindset ändern und akzeptieren, dass ein nachhaltigeres Board nicht die gleiche Performance wie ein High-Performance-Board hat.

Aber ich bin sicher, dass die Entwicklung weitergeht und wir bald bessere umweltfreundliche Alternativen haben werden.

Welche Boards sind eure Bestseller?

Ich denke, das Phoenix ist unser beliebtestes Modell. Es ist unser High-Performance-Board für schnelle Wellen. Ich habe es mit Valeska über Jahre hinweg entwickelt, und die Rocker, Rails, und Bauweise perfektioniert.

Mehr Infos zu den Boards gibt es hier!

Rivver Surfboards
Rivver Surfboards
Rivver Surfboards
Rivver Surfboards

RIVVER Boards / Luis Carvahlo x Valeska Schneider

Hast du selbst einmal River- oder Rapid-Surfing ausprobiert?

Ja. Es war schrecklich. Ich musste ins Krankenhaus, weil ich mir eine kleine Schnittwunde an der Stirn zugezogen habe.  Nach ein paar guten Runs auf einem Softtop meinte Valeska, ich müsse doch mal meine eigenen Boards testen.

Ich denke, das ist fast so, als würde man einem Ingenieur, der eine Rakete baut, sagen, dass er selbst zum Mond fliegen muss. Zum Mond fliegt der Pilot, aber der Ingenieur entwirft die Rakete. Und obwohl ich Surfer bin – ein alter Surfer – fahre ich einfach andere Boards. Als ich anfing, längere Boards auszuprobieren, hatte ich mehr Spaß. Jetzt fahre ich Mid-Length-Boards.

Doch mit so einem kleinen Board auf einer stehenden Welle unter meinen Füßen – ich wusste einfach nicht, was ich tun soll.  ;)

Owei. Woran arbeitet ihr gerade bei RIVVER Surfboards?

Wir sind gerade dabei, neue Modelle zu entwickeln, ein Twin Fin zum Beispiel und ein Retro-Modell. Ich finde es spannend, Surfboard-Designs aus dieser Perspektive zu betrachten: Alte Designs kommen gerade wieder zurück – mit einigen Modifikationen. Solche Boards können spaßig und nicht so schwierig zu fahren sein. Es sind eher tolerante Modelle – und ich denke, dass man solche Boards auch in seinem Quiver haben sollte.

Wo siehst du die Zukunft von RIVVER? 

Ich denke, dass RIVVER eine sehr große Marke werden kann, eine Weltmarke für diese Art von Wellen. Wenn man viele Surfboards baut, lernt man sehr viel, weil man viel Feedback bekommt. Wir haben bereits einige Jahre Erfahrung, und das gibt uns Sicherheit. Wir wissen, was funktioniert – und dadurch können wir wachsen und höhere Ziele setzen. Ich denke, Valeska ist die perfekte Person, um diese Marke aufzubauen und weiterzuentwickeln.

Valeska Schneider Rivver Surfboards
Valeska Schneider

Was gefällt dir so sehr am Shapen?

Ich mag das Shapen, weil es mir hilft zu verstehen, warum ich das Surfen so sehr liebe.

Ich liebe das Surfen, weil ich dabei in der Natur bin und mich schwerelos fühle. Ich denke an nichts – es ist einfach nur Instinkt, der mich leitet, und das ist das Gefühl, in dem ich mich verliere. Zu verstehen, wie ein Objekt dieses Gefühl beeinflusst, ist faszinierend.

Ich sage immer: Jeder weiß etwas über Surfboards. Und ich höre jedem zu – selbst jemandem, der gerade erst seine erste Welle gesurft ist. Ich weiß, dass er mir trotzdem etwas sagen kann, das für mich wichtig ist.

Du machst vor allem Custom Shapes und nimmst dir oft viel Zeit für deine Kunden. Warum? 

Viele Jahre habe ich fast ausschließlich Custom-Boards gebaut. Die Kunden kamen zu mir in die Werkstatt, haben mir ihre alten Boards gezeigt und erklärt, wonach sie suchen. Das hat mir unglaublich viel Wissen eingebracht. Viele Shaper arbeiten fast nur mit Profis und leiten daraus Modelle für Anfänger ab, ohne sich wirklich mit durchschnittlichen Surfern auseinanderzusetzen.

Aber ich höre zu. Selbst wenn jemand nicht besonders gut surfen kann, kann er mir beschreiben, wie sich das Board für ihn anfühlt. Und genau dieses Feedback hat mich enorm weitergebracht. Durch die Arbeit mit so vielen verschiedenen Surfern konnte ich meine Shapes immer weiter verfeinern und anpassen.

Heutzutage können wir die meisten Dinge, die wir kaufen, nicht mehr individuell anpassen – aber das Surfboard bleibt hartnäckig die letzte Bastion echter Individualisierung, zweifellos eine glückliche Ausnahme! Es ist so einfach, ein Surfboard individuell anzupassen – man muss sich nur die Zeit dafür nehmen. Ich erinnere mich, dass früher einige dachten, Surfboards würden irgendwann wie Autos hergestellt: Große Fabriken produzieren sie, man geht in den Laden, sucht sich eine Farbe aus, wählt eine Größe – und das war’s.

Aber die sogenannten „Garage-Shaper“ hat es immer gegeben. Und solange es sie gibt, wird es immer möglich sein, Surfboards individuell anzupassen.

Das Lustige ist, dass viele dieser Garage-Shaper außergewöhnlich talentiert sind und Boards bauen, die sogar besser sein können als die der großen Marken. Wenn man das einmal erkannt hat, denkt man sich: „Nein, ich will mein Board von meinem Shaper – weil er mich kennt, weil er mein letztes Board gemacht hat.“ Und so entsteht eine Beziehung zwischen Shaper und Surfer.

Was ich überhaupt nicht mag, ist Boards für Surfshops zu bauen, von denen ich keinerlei Feedback bekomme. Meistens haben die Verkäufer dort wenig Ahnung von Surfboards – sie wollen einfach nur verkaufen. Und dann treffe ich irgendwann einen Surfer am Strand mit einem Board von mir, das offensichtlich nicht zu ihm passt. Und er erzählt mir, dass der Verkäufer im Shop ihm gesagt hat: „Das ist genau das richtige Board für dich.“

Luis Carvalho Rivver Surfboards
Luis Carvahlo im Shaping Room

Was ist dein Lieblingsprozess beim Shapen?

Es gibt zwei Phasen im Shaping-Prozess, die ich besonders liebe: Zum einen das Design am Computer – hier lege ich Maße und Eigenschaften fest, feile an den Details und genieße die geistige Herausforderung. Ich entwerfe jedes Board mit viel Sorgfalt, und dieser kreative Prozess fasziniert mich immer wieder.

Dann kommt der handwerkliche Teil, den ich genauso schätze. Zwar übernimmt heute eine Maschine 90 % der Arbeit, was eine unglaubliche Hilfe ist, aber die letzten Feinarbeiten mache ich nach wie vor von Hand – und genau diese Details sind mir besonders wichtig.

Wenn ich viele Boards an einem Tag fertigstellen muss, vielleicht 10 oder 15, fühlt sich das fast wie Surfen an. Ich denke nicht mehr bewusst nach, sondern folge den Bewegungen meines Körpers – es ist wie ein Tanz. Ich bewege mich um das Board herum, höre Musik, arbeite im Flow. Und am Ende des Tages macht mich das glücklich.

Gibt es einen Part beim Shapen, den du nicht so gerne magst?

Ja, ich mag es nicht, zu viel Arbeit zu haben. :)

Und ich mag einige Teile der Herstellung nicht, wie das Schleifen oder das Auftragen von Harz. Das erfordert viel Schutzkleidung, und man fühlt sich, als wäre man in einer aggressiven Umgebung. Das gefällt mir nicht.

Außerdem gefällt es mir nicht, in der Shaping Bay zu arbeiten, ohne dass Sonnenlicht hereinkommt. Um genau zu sehen, was wir tun, brauchen wir spezielles Licht, und unsere Shaping-Räume haben keine Fenster.

Oft stelle ich mir vor, wie schön es wäre, draußen in der Sonne ein Board zu shapen.

Rivver Surfboards Luis Carvahlo
Luis Carvahlo in der Shaping Bay

Was hast du in all den Jahren über die Kunst des Surfboard Shapens gelernt? 

Ich habe mit vielen Shapern gearbeitet und denke, dass ich von allen etwas Wichtiges gelernt habe. Manche sind sehr detailverliebt, andere achten darauf, keine Zeit zu verlieren.

Ich habe mal mit jemandem gearbeitet, für den es entscheidend war, ein Board in 20 Minuten fertigzustellen – nicht nur wegen des Geldes, sondern weil man die Bewegungen schnell und in einem Durchgang machen sollte. Zu viel Zeit kann manchmal die Form ruinieren.

Doch derjenige, der mir am meisten über die Kunst des Handwerks beigebracht hat, war mein Großvater. Ich war noch sehr klein, als er mir Spielzeuge zu Weihnachten baute. Ich erinnere mich so gut an das Gefühl, das er mir beim Arbeiten vermittelte – der Geruch des Holzes, die Art und Weise, wie er mit seinen Händen arbeitete.

Ich denke, heutzutage verlieren wir das Handwerk, diese Verbindung zum Material. Manchmal rede ich darüber und habe das Gefühl, dass niemand mehr versteht, was ich meine. Aber wenn man mit den Händen arbeitet, wenn man die Materialien riecht – das ist etwas Besonderes. Es ist fast wie Kochen.

Verschiedene Menschen machen Dinge auf unterschiedliche Weise. Mein Großvater hatte dabei einen bestimmten Rhythmus, den ich bis heute zu wiederholen versuche. Eine Tradition, die ich von ihm übernommen habe: Am Ende des Tages fege ich immer meine Werkstatt aus – genau wie er es damals tat. Das fühlt sich gut an.

Weißt du ungefähr, wie viele Boards du in deinem Leben gemacht hast?

Ich kenne die genaue Zahl nicht, aber ich habe mal überschlagen: Ich baue durchschnittlich 500 Boards pro Jahr, über 20 Jahre hinweg. Keine Ahnung, wie viel das ist. :)

Das sind ungefähr 10.000 Boards.

Okay. Aber ich bin kein besonders schneller Shaper. Es gibt Leute, die viel schneller arbeiten als ich. Mir ist es wichtiger, dass die Boards perfekt werden.

Luis Carvalho Rivver Surfboards

Luis Carvahlo and Friends / Spotcheck

Wie sieht ein normaler Tag in deinem Leben aus?

Gute Frage. Ich habe Familie und Kinder – die sind jetzt schon größer – und bald werde ich Großvater. Im Sommer starte ich den Tag mit meinem Hund und einem Spaziergang. Dann fahre ich entweder mit dem Zug oder mit dem Auto zur Arbeit. Wenn ich das Auto habe, schaue ich, ob es Wellen gibt, und surfe eine Stunde, bevor ich in die Werkstatt gehe.

Den Vormittag verbringe ich mit dem Shapen in der Fabrik. Nach dem Mittagessen arbeite ich dann zu Hause oder in einem Café am Strand, beantworte E-Mails und designe Boards für Kunden. Ich versuche, spätestens um 19 oder 20 Uhr Feierabend zu machen. Früher habe ich bis spät in die Nacht gearbeitet, aber das ist nicht gut für die Familie, nicht gut für die Gesundheit, nicht gut für mich.

Es ist schon witzig, wenn man die eigene Passion zum Beruf macht: Selbst wenn ich abends den Computer ausschalte, greife ich zu Hause als Erstes nach einem Board, überprüfe die Rails und die Finnen – und am nächsten Morgen geht es genauso weiter.

Hast du noch einen Traum? 

Ja! Ich arbeite täglich mit Boards, aber manchmal wünsche ich mir eine kleine Werkstatt, um Boards einfach nur aus Spaß zu shapen – ohne Druck, ohne Bestellungen und per Hand.

Beim Shapen von Hand entscheidet man alles im Moment. Es ist wie Bildhauerei.

Eines Tages werde ich mir diesen Raum schaffen – vielleicht, um ein Board für mein Enkelchen zu bauen. :)

Danke für das nette Gespräch und die guten Stories, Luis Carvahlo!


Rivver Surfboards Luis Carvahlo
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