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Manu Miguelez - Swell Charger

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Swell-Jäger und Surf-Fotograf Manu Miguelez im Interview

Über ein Leben auf der Jagd nach den besten Wellen

Foto: Gorka Ezkurdia

Manu Miguelez ist Surf-Fotografen, Filmer und Swell-Charger. Wir haben den 42-jährigen Spanier auf einem Surftrip in Irland getroffen und ihn gefragt, wie er vom Entenmuschel-Taucher zum Swell-Jäger wurde und was ihn an seinem Job so reizt.

Hey Manu. Warum treffen wir uns gerade hier in Irland? 

Mein Freund Tim Elter aus Fuerteventura und ich hatten geplant, zum Surfen nach Irland zu reisen. Tim wollte unbedingt einen ganz bestimmten Spot surfen, also habe ich regelmäßig die Wellenvorhersage gecheckt, um herauszufinden, wann es am besten funktioniert. Plötzlich tauchte der Swell für Irland im Forecast auf. Eine ganze Woche lang haben wir die Vorhersage verfolgt und ich habe meine Freunde gefragt, die die Welle dort besser kennen. Wir haben hin und her überlegt, uns aber schließlich entschieden und dann ging es direkt los.

Manu Miguelez - Tim Elter

Wie würdest du deinen Job genau beschreiben? 

Ich bin Swell-Chaser, also Wellen-Jäger und Surf-Fotograf. Das ist mein Job. Um den richtigen Moment für die besten Wellen zu erwischen, verfolge, tracke und prognostiziere ich regelmäßig Swells, reise mit den Surfern zum Spot und filme und fotografiere sie dann. 

Du warst nicht immer Swell-Chaser, was hast du davor gemacht? 

Ich bin in Asturien an der Nordwestküste Spaniens aufgewachsen. Nach der Schule war ich völlig verloren und habe eine Zeit lang versucht, Wirtschaftswissenschaften zu studieren, aber das hat nicht wirklich geklappt. Damit habe ich drei Jahre meines Lebens verschwendet. Danach habe ich mich auf meine Leidenschaft konzentriert – das Meer. 

Ich habe einen lokalen Abschluss als Kapitän für die Fischerei gemacht und als professioneller Taucher gearbeitet. Vor allem für Entenmuscheln. Das Sammeln dieser Muscheln ist wirklich gefährlich, sie sind sehr teuer. Ich habe mein eigenes Boot gekauft und mich eine Zeit lang nur darauf konzentriert.

Manu

Wie bist du vom Entenmuschel-Taucher zum Surf-Fotografen geworden? 

Die Entenmuscheln waren ein lukratives Geschäft und ich hatte viel Zeit, da wir nur 10 Tage im Monat gearbeitet haben. So konnte ich gleichzeitig surfen und reisen, um nach Wellen zu suchen. Dieses Leben hat viel Spaß gemacht, aber dann kam die Wirtschaftskrise und alles ging schief. Das Geld war es nicht wert und ich begann, mich nach etwas anderem umzuschauen. 

Ich reiste nach Indonesien, verliebte mich in das Land und begann mein Leben zu ändern. Die Jungs in Indo meinten, Fotografieren sei der Weg, um hier Geld zu verdienen. Also verkaufte ich all meine Sachen zu Hause, kaufte mir eine Kamera und wurde Surfguide in einem Resort in Canggu. Ich fing an, mich für die Fotografie zu interessieren, wurde langsam besser und begann, es zu lieben. Und nun mache ich das Hauptberuflich. 

Woher kommt deine Leidenschaft für das Meer? 

Meine Leidenschaft für den Ozean kommt daher, dass ich in einer Küstenregion in Spanien aufgewachsen bin. Ich habe das Meer schon als Kind geliebt, die Fische, die Felsen und die Wellen. Als ich dann mit dem Surfen angefangen habe, wurde meine Leidenschaft für den Ozean noch viel größer und intensiver.

Wie bist du zum Surfen gekommen? 

Ich habe mit 13 Jahren angefangen zu surfen. Heutzutage ist das nicht besonders früh, aber damals hatte Surfen einen schlechten Ruf. Es galt als Sport für Leute, die Drogen nehmen,  deshalb war das Surfen bei meiner Familie auch nicht wirklich beliebt. Aber ich habe mich sofort verliebt und bin trotzdem drangeblieben. Ich wurde besser und besser und habe immer weitergemacht. Seitdem reise ich viel zum Surfen. Ich suche nach Wellen und Swells. Das ist mein Fokus. Alles dreht sich um das Surfen.

Manu Miguelez - Swell Charger

Du bist schon viel rumgekommen. Was war dein Lieblingsort zum Surfen bisher?

Ich war schon in Australien, Indonesien, Afrika, in den USA, in Irland, Schottland, Portugal, Frankreich und auf den Malediven. Aber mein Lieblingsort ist definitiv Indonesien. Seit 15 Jahren reise ich jedes Jahr dorthin, um zu arbeiten. Früher habe ich zwischen vier und acht Monaten dort verbracht. Jetzt ist es weniger, da ich eine Familie habe und mehr Zeit zu Hause bleiben muss. Aber ich liebe einfach alles an Indonesien – das Wetter, die Kultur und vor allem die Wellen. Es gibt einen Break namens Macaronis, auf den Mentawais. Das ist meine absolute Lieblingswelle auf der ganzen Welt. 

Es ist die perfekteste Linke, die man sich vorstellen kann. Der Take-off ist nicht einfach, besonders wenn die Welle drei bis vier Meter hoch ist, aber das Face ist einfach perfekt. Jede Welle ist genau wie die andere. Das ist die mechanischste Welle, auf der ich je gesurft bin. Sie gibt dir das Gefühl, ein guter Surfer zu sein. 

Was hältst du davon, dass Indonesien jedes Jahr überfüllter wird?

Ja, das ist leider überall auf der Welt so. Nicht nur in Indonesien. Aber was sollen wir machen? Ich bin vermutlich Teil des Problems, weil ich Fotos und Videos von Surfspots verkaufe und somit Träume schaffe. Die Menschen wollen weg, wollen reisen und surfen. Wir leben in einer Zeit, in der wir uns mehr auf uns selbst konzentrieren. Es ist nicht mehr wie früher, als sich die Menschen vor allem auf Arbeit und Familie fokussiert haben. Das ist einfach die Realität. Selbst hier in Irland. Es ist nicht so überfüllt wie in Indonesien, aber gestern waren wir bei einer Welle, die etwa 10 bis 12 Fuß hoch war, und selbst da waren mehr als 20 Leute draußen. Das ist nun mal so.

Manu Miguelez - Swell Charger

Kannst du mir ein bisschen mehr über den Spot erzählen, wo wir gestern waren? Oder darfst du nicht zu viel darüber reden?

Ja, natürlich. Eileen’s an den Cliffs of Moher ist wahrscheinlich eine der bekanntesten Wellen in Europa. Es ist sogar eine der besten rechten Wellen weltweit. Eileen’s ist eine super verrückte Welle an einem wirklich besonderen Ort. Man spürt die Magie dort, die Klippen, die Umgebung. Die Welle ist heavy, eine perfekte Tiefwasserwelle. Eine Double-Up-Barrel, die vielleicht sogar größer als 15 Fuß werden kann. Eileen’s ist ein einschüchternder Ort. Das Wasser ist trüb. Es ist kalt. Man kann die Energie spüren. 

Ist es manchmal schwierig, bei einer guten Surf-Session im Wasser Shooten zu müssen und nicht selber surfen zu können? 

Früher hatte ich große Probleme damit. Jetzt werde ich beim Surfen immer fauler, vor allem wegen der Menschenmassen. Wenn ich eine perfekte Session sehe und niemand da ist, bin ich ein wenig gestresst. Aber im Allgemeinen genieße ich es wirklich, zu fotografieren oder zu filmen. Es ist Teil meines Jobs und ich kann gut damit umgehen. Besonders gerne filme ich, wenn die Bedingungen schwierig und anspruchsvoll sind. An solchen Tagen bin ich vielleicht nicht gut genug zum Surfen, aber ich fühle mich trotzdem als Teil der Session und des Tages. Das Shooten aus dem Wasser ist sehr intensiv. Wenn du einen richtig guten Shot von jemandem machst, ist das auch ein tolles Gefühl. Es macht dich glücklich, es gibt dir das Gefühl, dass du gescored hast und einen guten Job gut gemacht hast. Es müssen viele Dinge zusammenkommen, um ein gutes Foto zu bekommen. Es ist nicht so einfach, aber manchmal passiert es und das kann sich sehr belohnend anfühlen. 

Manu Miguelez - Swell Charger

Was machst du, wenn du den besten Moment verpasst oder den Shot des Tages verlierst?

Am Anfang bin ich wirklich wütend geworden. Aber jetzt habe ich mehr Erfahrung und weiß, dass sowas passieren kann. Es ist etwas, was man nicht immer kontrollieren kann, vor allem, wenn man im Wasser filmt. Es gibt so viele Dinge, auf die man achten muss. Wenn es so groß ist wie gestern, muss man höllisch aufpassen, wo man sich positioniert. Man muss an der richtigen Stelle sitzen, damit man nicht von den großen Wellen zerfetzt wird. Man muss immer bereit sein. Manchmal verpasst man den richtigen Moment, aber das gehört dazu, das ist Teil des Spiels.

Gibt es so etwas wie einen Filmer-Lokalismus im Wasser?

Klar gibt es sowas. Auf den Kanarischen Inseln kann es manchmal wirklich schlimm sein, aber hier in Irland sind die Leute super freundlich und höflich, es ist unglaublich. Es gibt ein paar Regeln, an die man sich halten muss, wenn man nicht von dort kommt, aber mit einem gesunden Menschenverstand ist es meistens kein Problem. 

Manu Miguelez - Swell Charger

Für wen arbeitest du normalerweise? 

Das hängt von der Jahreszeit ab. Im Sommer arbeite ich viel mit Surfern in Indo zusammen, auch mit professionellen Surfern, die ins Resort kommen, um Swells zu jagen und Clips und Fotos zu machen. Im Winter habe ich viel mit  Benjamin Sanchez gefilmt. Er ist ein berühmter europäischer Big-Wave-Surfer und ein guter Freund von mir. Wir reisen schon seit acht Jahren gemeinsam den Swells hinterher. 

Wie hast du Benjamin Sanchez kennengelernt? 

Benjamin Sanchez ist ein wirklich berühmter Typ in Europa. Seit ich ein Kind bin, habe ich ihn auf Fotos und Videos gesehen. Er war eine große Inspiration. Er kam nach Indonesien zu dem Charterboot, auf dem ich eine Weile gearbeitet habe. Wir hatten gemeinsame Freunde und irgendwann haben wir am selben Ort auf den Kanarischen Inseln gelebt. Wir sind gute Freunde geworden und er bot mir an, mit ihm zu arbeiten und den Swells hinterherzujagen. 

Manchmal verkaufst du deine Surf-Footage auch an Surfline, oder? Woher kam die Connection? 

Ja, ich verkaufe meine Videos an Surfline. Ich habe die Kontakte bekommen, weil ich oft an den richtigen Spots war. Die Leute von Surfline wissen, dass ich viel reise, um Swells zu jagen und fragen mich nach Footage. Irgendwann vertrauen sie dir, wissen, dass du gute Aufnahmen machst, und dann kontaktieren sie dich immer wieder. So entsteht die Beziehung. 

Manu Miguelez - Swell Charger

Warum weißt du so viel über Swells und Wellen? Woher kommt deine Erfahrung? 

Es ist meine Leidenschaft. Seit meiner Kindheit interessiere ich mich für Swells und das Wetter, erst wegen des Surfens, dann wegen des Fischens. Wenn mir jemand etwas über die Bedingungen eines Spots erklärt, vergesse ich es nie wieder. Es bleibt in meinem Kopf, ganz natürlich. Ich liebe es, mir Forecasts und Wellenvorhersagen anzuschauen und Stürme zu beobachten. Wenn ich morgens aufwache, checke ich immer zuerst die Swell- Vorhersage für Europa. Wenn ich mein Handy entsperre, habe ich ungefähr 12 verschiedene Forecasts offen, für verschiedene Spots weltweit. Mit der Zeit habe ich einfach unglaublich viel Erfahrung im Vorhersagen von Swells gesammelt. 

Was machst du, wenn du einen Swell kommen siehst? 

Ich werde nervös. Ich beobachte die Swells, verfolge sie und plane mit meinen Freunden. Wir schauen uns Flüge an und überlegen, wie wir an den richtigen Ort kommen können. Wir werden total verrückt.

Was stoked dich so sehr am Swell Chargen? 

Es ist ein unglaubliches Gefühl: Du siehst einen Sturm, du verfolgst ihn, du weißt, dass er unter bestimmten Bedingungen an diesem einen Spot ankommen wird, du checkst den Forecast, es sieht aus, als ob es funktionieren wird… Und wenn du dann schließlich dort bist und alles klappt, ist das unbeschreiblich belohnend. 

Manu Miguelez

Kommt es manchmal vor, dass du den Swell verfolgst und am Ende enttäuscht wirst? 

Ja, das passiert manchmal. Man plant alles, aber am Ende funktioniert irgendwas nicht. Es kann frustrierend sein, aber das gehört dazu. Meistens reisen wir erst in letzter Minute zu einem Swell. Manchmal fahre ich mit Sancho (Benjamin Sanchez) ganz spontan zum Flughafen, ohne Ticket. Auf dem Weg dorthin checken wir nochmal den Forecast und dann kaufen wir die teuersten Flugtickets. Meistens kommen wir am Spot an, ohne geschlafen zu haben und müssen dann schon ins Wasser. 

Aber oft bereiten wir alles vor, wachen auf und das letzte Swell-Update ist nicht gut und wir müssen alles absagen. 

Passiert es manchmal, dass ihr am Flughafen steht und dann doch nicht fliegt? 

Ja, das ist mir und Sancho dieses Jahr schon passiert. Wir hatten alles vorbereitet. Wir wollten einen großen Slab auf einer anderen Insel auf den Kanaren surfen. Wir hatten das Jetski, das Auto, die Surfbretter, alles. Wir sind sehr früh am morgen aufgestanden. Zwei Stunden, bevor es losgehen sollte, haben wir den Forecast ein letztes Mal überprüft. 

Dann haben wir telefoniert: „Scheiße, es hat sich verschlechtert. Denkst du, das ist es wert?” – “Ich weiß nicht. Ich denke, es ist ein bisschen zu wenig Swell, nicht genug.”  – “Okay. Wir gehen nicht“. 

Das gehört dazu. Du fühlst dich gut, wenn du siehst, dass der Swell dann wirklich nicht angekommen ist, dann hast du nichts falsch gemacht. 

Manu Miguelez - Swell Charger

Wie funktioniert dieser Lebensstil mit Familie?

Es ist nicht einfach. Die Entscheidung, dass du doch nicht fährst, kommt dann, wenn alles bereit ist. Deine ganze Familie wird verrückt: „Scheiße, du machst mich wahnsinnig. Du telefonierst seit einer Woche mit Sancho und redest ununterbrochen, und jetzt, wo alles geplant ist, gehst du doch nicht”.  Für Ehefrauen ist es das Schlimmste, dieser Job. 

Ich bin super unentspannt, wenn ich eine lange Zeit zu Hause festsitze. Wenn ich die Wettervorhersage sehe, juckt es mich total, und ich will los. Und wenn ich nicht los kann, werde ich sogar richtig genervt. Wenn man so spontan reist, ist es super schwierig, Pläne mit der Familie zu machen. Ich hasse planen, denn wenn ein Swell kommt und ich nicht losfahren kann, bin ich gestresst. Deshalb schaue mir immer den Forecast an und sage: „Scheiße, da ist nichts in Sicht. Okay, morgen fahren wir in den Urlaub.” 

Kannst du vom Swell-Chargen und Fotografieren gut leben? 

Das Geschäft ist wirklich schlecht geworden. Es gibt kein Budget. Viele Surfer haben kein Geld mehr dafür. Es ist eine Herausforderung. 

Gibt es noch etwas, was du loswerden möchtest? 

Ich denke, wir hatten eine gute Unterhaltung. Ich muss jetzt gleich das Filmmaterial von heute kopieren. Surfline setzt mich unter Druck, sie brauchen die Namen der gestrigen Surfer und die Clips. Und dann muss ich meine Sachen packen, weil ich morgen ganz früh wieder nach Hause fliege. 

Alles klar, viel Erfolg und danke für das Gespräch. 

Danke euch. 

Hier gibt’s das Interview als Podcast!

Manu Miguelez
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