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Surfarzt Constantin Reiber

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Zwischen Arztkittel und Boardshorts – Interview mit „Surfarzt“ Constantin Reiber

Eine einsame Tropeninsel, kristallklares Wasser und perfekte Wellen. Und das Beste: Du teilst sie Dir nur mit Deinem Surfbuddy. Denn der nächste Surfer ist einen Tag Bootsreise entfernt. Ein Traum – so lange alles gut geht. Doch auch der nächste Arzt ist weit weg und seien wir ehrlich: Wer weiß schon genau was bei einem tiefen Reefcut oder einer Ohrenentzündung zu tun ist? Das sind Fragen, die sich Dr. Constantin Reiber stellt, Arzt und begeisterter Surfer. Als „Surfarzt“ möchte er genau dieses Wissen auf seiner Website an die Surfcommunity weitergeben – weltweit und kostenlos abrufbar. Wir haben ihn getroffen und für euch interviewt.

Surfarzt Constantin Reiber
Foto – Christian Weigand

Hallo Constantin, wie bist Du auf die Idee gekommen, dein Hobby Surfen mit Deinem Beruf als Mediziner zu verbinden?

Hi! Die Idee zu „Surfarzt“ Projekt ist ganz natürlich entstanden. Meine Freizeit vom Berufsalltag nutze ich für Surftrips, gerne auch an abgelegene Orte. Und weil Surferinnen und Surfer alle möglichen medizinischen Probleme haben, wird man als Arzt immer wieder nach Rat gefragt. Anderen Surfern gebrochene Zehen zu tapen, während ich in Boardshorts am Strand stehe, oder improvisierte Ohrentropfen zur Behandlung einer Infektion zu mischen waren neue und spannende Herausforderungen. Die medizinischen Fragestellungen im Surfurlaub sind super abwechslungsreich und auf viele Surfer-Krankheiten wird man im Medizinstudium nicht vorbereitet. Deshalb musste ich häufig erstmal selbst recherchieren, um helfen zu können. Es gab aber kaum verlässliche Informationen zu surfmedizinischen Themen. Viele Infos, beispielsweise in Surf-Blogs, haben sich nach kurzer Recherche sogar als schlichtweg falsch herausgestellt. So ist die Idee entstanden, mich nicht nur selbst auf medizinische Herausforderungen im nächsten Surftrip vorzubereiten, sondern die Informationen auch anderen zur Verfügung zu stellen. Ich recherchiere die Inhalte wissenschaftlich und versuche die Informationen so aufzubereiten, dass Surferinnen und Surfer auf eine verlässliche und verständliche Quelle bei gesundheitlichen Problemen zurückgreifen können.

Auf deiner Website surf-arzt.de versorgst du die Surfszene kostenlos mit surfmedizinischen Inhalten. Ist es eine Herzensangelegenheit, oder wieso gibst Du Dein Wissen gratis weiter?

Einerseits finde ich die Surfmedizin inhaltlich super spannend, weil ich so meine Leidenschaft Surfen und mein medizinisches Wissen verbinden kann. Es mach mir einfach Spaß, mich in die Themen einzulesen und spannende Infos zu recherchieren. Und andererseits ist es sehr erfüllend zu sehen, dass meine Inhalte Surferinnen und Surfern tatsächlich weiterhelfen. Besonders das positive Feedback ist eine große Motivation. Durch meine Website kann ich außerdem viel mehr Menschen helfen, als ich das im direkten Arzt-Patient-Kontakt kann. Trotzdem ersetzen die Informationen auf meiner Website keine ärztliche Behandlung, denn gesundheitliche Probleme sind zu individuell, um allgemeingültige Empfehlungen auszusprechen. Deshalb hoffe ich, Surferinnen und Surfer bald auch eine individuelle ärztliche Behandlung anbieten zu können.

Surfarzt Constantin Reiber
Foto - Julius Beckers

Es gibt viele Gerüchte, die sich unter Surfern verbreitet haben. Themen wie Limettensaft auf Reefcuts, Eigenurin zur Desinfektion und viele mehr. Gibt es eine Weisheit, die Du schon immer widerlegen oder bestätigen wolltest?

Es gibt wirklich viele solcher Gerüchte und es ist super interessant ihrer Entstehung auf den Grund zu gehen. Da freue ich mich schon auf unsere zukünftige Zusammenarbeit, in der wir möglichst viele dieser Gerüchte unter die Lupe nehmen werden. Trotzdem… um einigen Surferinnen und Surfern fiese Schmerzen zu ersparen bevor der ausführliche Artikel erscheint: Limettensaft auf Reefcuts zu tröpfeln bringt keinen relevanten Vorteil gegenüber einer gründlichen Spülung mit Trinkwasser.

Welches sind die größten Gefahren beim Wellenreiten aus medizinischer Sicht?

Beim Surfen denken die meisten an Haiangriffe oder Riesenwellen. Es gibt allerdings weniger offensichtliche Gefahren, die Surferinnen und Surfer deutlich ernster nehmen sollten.

Als „versteckte“ Gefahr ist dabei vor allem die Sonne wichtig. Denn beim Surfen können wir uns nur schlecht vor der Sonne schützen und dadurch haben wir ein erhöhtes Risiko für den gefährlichen schwarzen Hautkrebs. Gerade Surferinnen und Surfer mit hellem Hauttyp sollten sehr vorsichtig sein und sich neben einem guten Sonnenschutz regelmäßig hautärztlich untersuchen lassen.

Eine weitere echte Gefahr ist das Ertrinken. Wir haben zwar immer unser eigenes Rettungsboard dabei, doch bereits eine kurze Bewusstlosigkeit, Desorientiertheit oder starke Erschöpfung kann in der Brandung lebensgefährlich sein. Deshalb sollten Surferinnen und Surfer den Ozean ernst nehmen und in Bedingungen surfen, die zu ihrem Skill-Level passen. Außerdem ist es sicherer mit Surfbuddies zu surfen, die im Idealfall auch wissen, wie sie Ertrinkende aus der Brandung fischen können.

Surfarzt Constantin Reiber

Was sind denn so die klassischen Surf-Verletzungen?

Die klassischste aller Surf-Verletzungen ist wahrscheinlich der Fin-Cut durch das eigene Board. Denn die Mehrzahl aller Surf-Verletzungen betreffen die Haut und die häufigste Verletzungsursache sind die Finnen des eigenen Surfboards.

Insgesamt ist Surfen zum Glück ein ziemlich sicherer Sport: Relevante Verletzungen ziehen sich Surferinnen und Surfer durchschnittlich nur alle 41 Surfwochen zu. Allerdings nimmt das Verletzungsrisiko in großen Wellen, die über hartem Untergrund brechen, deutlich zu. Etwas überraschend ist, dass erfahrene Surferinnen und Surfer ein größeres Verletzungsrisiko haben als Beginner.

Neben den häufigen Verletzungen gibt es auch Verletzungen die zwar selten, aber typisch fürs Surfen sind. Dazu gehören beispielsweise Stiche durch verschiedene Meeresbewohner oder der Trommelfellriss beim Aufprall auf die Wasseroberfläche bei einem heftigen Wipeout.

Außerdem gibt es „exklusive“ Surfer-Krankheiten, die vor allem bei Surferinnen und Surfern auftreten. Dazu gehören neben dem berühmten Surfer’s Ear auch das Surfer’s Eye und die sehr seltene Surfer Myelopathie, eine Schädigung des Rückenmarks bei Surfanfänger*innen.

Surfarzt Constantin Reiber

Musstest Du schon häufiger bei Unfällen im Wasser eingreifen und wenn ja, was war so das Heftigste?

Zum Glück sind heftige Unfälle selten und ich habe noch keine lebensgefährliche Situation erlebt. An einem Pointbreak in Portugal musste ich bei großen Wellen und heftigem Offshore eine Surferin beruhigen, die völlig erschöpft gegen den Rip anpaddelte. Am Ufer war alles wieder entspannt, aber das ist eben das Trügerische: Wäre sie da in Panik geraten, hätte es schnell sehr ernst werden können.

Typische Probleme auf Surftrips, bei denen ich als Arzt helfen kann, sind zum Beispiel Wunden, Außenohrinfektionen, Durchfallererkrankungen, Seeigel- oder Quallenstichen und Wirbel- und Rippenblockierungen. Das klingt zwar nicht besonders spektakulär, kann unbehandelt aber das Ende des Surftrips bedeuten. In solchen Situationen zur Rettung des Surftrips beizutragen, ist ein gutes Gefühl.

Seit zwei Jahren bist Du auch Mitglied der internationalen Ärzteorganisation Surfing Medicine International. Was genau bedeutet das?

Surfing Medicine International ist eine internationale Ärzteorganisation, mit dem Ziel, etwas für die Gesundheit und Sicherheit in der weltweiten Surfcommunity zu tun. In der Vereinigung engagieren sich surfende Ärztinnen und Ärzte mit unterschiedlichem fachlichem Hintergrund für die surfmedizinische Bildung und Forschung. Als ehrenamtliches Mitglied führe ich als Teil eines kleinen Teams aktuell eine Studie durch. Und natürlich kann ich im Austausch mit anderen Surfmedizinerinnen und -medizinern wahnsinnig viel lernen.

Wir freuen uns auf eine Zusammenarbeit und lesen demnächst mehr von Dir.

Surfarzt Constantin Reiber
Foto: Constantin Reiber
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