Mentaltraining kann aber auch dazu eingesetzt werden, um das Gehirn auf Erfolg zu programmieren. Dieser Ansatz der Leistungssteigerung geht eher in Richtung Coaching. Hier schaut man nach Blockaden oder Glaubenssätzen, die einen davon abhalten, die eigene Leistung zum richtigen Zeitpunkt optimal abzurufen. Dazu nutzt man Techniken wie das Neuro-Linguistische Programmieren (NLP) oder Hypno-Rhetorik, um diese Blockaden oder Glaubenssätze aufzulösen. Auch Entspannungs- und Anregungstechniken sowie Motivationstraining können dem Mentaltraining zugeordnet werden. Wenn jemand beim Anpaddeln einer Welle total nervös wird, kann man durch bewusste Steuerung der Aufmerksamkeit und den Einsatz von Entspannungsankern wahre Wunder bewirken.
Was sind die typischen Probleme von Surfern, die der Kopf verursacht, und die durch ein solches Mentaltraining gelöst werden können?
Da gibt es einige. Wie oft machen wir uns selbst Druck oder haben den Take-off gedanklich schon vermasselt, bevor wir die Welle überhaupt angepaddelt haben? Auch Gedanken wie „Ich bekomme die Welle doch sowieso nicht!“ werden schnell zur selbsterfüllenden Prophezeiung.
Gerade Frauen haben oft Schwierigkeiten, sich in einem vollen Line-Up zu behaupten und selbstbewusst ihre Welle zu beanspruchen. Mentaltraining kann helfen, das Selbstbewusstsein im Wasser zu steigern und Fehler zu korrigieren.
Wie genau arbeitet man dann am Take-off?
Sicherlich kennen viele von uns das Problem, dass man eine Welle anpaddelt, perfekt positioniert ist und dann kurz vorm Drop das Board zurück zieht. Hier kann Mentaltraining erreichen, dass man beim nächsten Mal mit Selbstbewusstsein den Drop macht und sicher auf das Board springt. Typische Fehler, wie beispielsweise beim Take-Off den Blick auf die Füße zu richten oder das Knie zu benutzen, kann man mit Mentaltraining an Land auflösen, indem man die korrekte Technik immer wieder im Geiste trainiert. Auf dem Wasser wird der Körper dem Geist folgen und automatisch das neu erlernte Muster abrufen.
Geht es dabei mehr um das Bewältigen von Ängsten oder um das Lernen von Bewegungsabläufen?
Wie die Beispiele oben schon zeigen, geht es tatsächlich eher weniger um Ängste. Hier wären wir eher im therapeutischen Bereich und da kann Mentaltraining nur unterstützend eingesetzt werden. Vielmehr geht es darum zu schauen, was einem beim Abrufen der eigenen Leistung blockiert und darum, Techniken zu vermitteln, damit umzugehen.
Blockiert einen beispielsweise die Angst vor einem bestimmten Surf-Spot, weil man an diesem schon einmal ein heftiges Wipe-out erlebt hat, kann Mentaltraining ansetzen und helfen, die Angst vor diesem Spot zum Beispiel durch den Einsatz der Kinotechnik zu überwinden. Bei Wipe-outs gelassener zu reagieren, ist durch das mentale Training auch möglich. Wenn uns unser Gehirn weismachen möchte, wir müssten in der nächsten Sekunde ertrinken, können wir meist noch ein bis zwei Minuten ohne Luft auskommen. Hier kann Mentaltraining ganz klar helfen, beim längeren Unter-Wasser-Sein ruhiger zu agieren und nicht in Panik zu geraten.
“Alles, was man beim Sport-Mentaltraining in Bezug auf den Sport lernt, kann man auch in allen anderen Bereichen des Lebens anwenden.”
Das Surf-Mentaltraining wirkt sich bestimmt nicht nur auf die Surf-Fähigkeiten aus. Was sind die positiven Nebeneffekte im normalen Leben?
Tatsächlich werden Methoden aus dem Mentaltraining auch im unternehmerischen Bereich angewendet. Ich gehe einen Schritt weiter und behaupte: Alles, was man beim Sport-Mentaltraining in Bezug auf den Sport lernt, kann man auch in allen anderen Bereichen des Lebens anwenden. Mit Goalsettingtechniken beispielsweise lassen sich nicht nur sportliche Ziele erreichen, sondern auch berufliche und persönliche. Wenn man dazu neigt, vor Vorträgen oder Präsentationen nervös zu sein, kann man sich mithilfe der erlernten Techniken aus dem Mentaltraining in einen entspannten Zustand versetzen.