Jedes Jahr um Ostern herum ist es wieder soweit: Immer noch dicke Mädchen stopfen sich mit Schoko-Osterhasen voll, weil die Fastenzeit vorbei ist, dein Lieblings-Club hat wegen einem von katholischen Fundamentalisten durchgesetztem Tanzverbot zu und ca. eine Stunde westlich von Melbourne finden die Bells Beach Easter Classics an dem Spot statt, der nach der Farmer-Familie benannt ist, der das dortige Land gehört.
Hier handelt es sich um den ältesten und am längsten laufenden Surf-Contest der Geschichte. Seit 51 Jahren läuft er nun und seine Bedeutung für den Surfsport kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Marken wie Rip Curl und Quiksilver sind im Schatten dieses Events geboren worden und wuchsen dank ihm (angeblich musste Jeff Hackman nach seinem ersten Sieg in Bells eine Serviette essen, um von Quiksilver-Gründer Alan Green die Vertriebsrechte für die USA zu bekommen). Simon Anderson stellte der Surfwelt den Thruster vor, indem er auf einem von ihm selbst geshapten Brett die Easter Classics 1981 gewann und sogar der Surf-Guru Bodhi (Patrick Swayze in„Point Break“) soff dort ab. Naja, letzteres war vielleicht nicht so das wichtige Ereignis für den Sport, aber es zeigt, dass von diesem Spot eine gewisse Faszination ausgeht. Bei keinem anderen Event auf der Tour fühlt sich der Zuschauer so wie in einem Stadion wie hier. Dafür sorgen die großen Tribünen am Strand, die es tausenden Zuschauern ermöglichen, sich die Action reinzuziehen. Genau das ist der Standortvorteil von Bells. Genau daneben befindet sich nämlich eine ungemein bessere Welle namens Winkipop. Diese ist in der Regel länger, hohler und größer als Bells Beach, aaaber extrem Scheiße für die Zuschauer vor Ort. Mit der zunehmenden Bedeutung von Live-Webcasts dürfte es interessant werden zu sehen, ob sich die Organisatoren nicht doch öfters für die bessere, aber weniger bekannte Schwester entscheiden.
Das dürfte generell weniger im Interesse etablierter Surfer wie Joel Parkinson (dreifacher Bells-Sieger) und Kelly Slater (einer mehr; natürlich) sein. Denn Bells ist alles andere als eine New School Welle. Vielmehr wird hier der alten Schule gehuldigt. Fette Carves, dicke Floater und das eine oder andere Barrelchen sind hier der Schlüssel zum Erfolg. Lediglich die semi-close-out Endsection bietet wirklich genug Pop um die Aerials rauszuhauen. Es wird interessant sein wie Kolohe, Gabriel und John John an diesem Spot der Legenden klar kommen. Das Hauptaugenmerk wird nämlich auf der Bells Bowl liegen, wo sich die fetten kraftvollen Wände heranschieben, die es zu bearbeiten gilt. Bei den passenden Bedingungen und High Tide läuft allerdings weiter auf der Inside noch eine kleinere Welle namens Little Rincon, auf der schon der eine oder andere Heat mit einem Buzzer Beater gewonnen wurde, wenn an der Bowl nichts mehr ankam.
Lässt der Swell auf sich warten und neigt sich die Waiting Period dem Ende zu, heißt es für die Surfer die Mietautos bespringen und nach Johanna zu heizen. Das ist ein Strand, der jetzt nicht gerade Wellen mit dem Prädikat „Geile Sau“ produziert, aber dafür kommt hier immer was an und die Heats können gesurft werden. Niemand ist über diesen Umzug begeistert, sollte er notwendig werden. Nicht zuletzt, weil jeder Pro, der schon ein paarmal bei den Easter Classics dabei war diverse Tiere (Kängurus, Wombats, Opposums, Wallabies etc.) plattgefahren hat. Ratet mal, wer mit zwei Wombats und einem Känguru den Rekord für die meisten erlegten Tiere hält. Ihr könnt es euch vermutlich denken.
Andere, nähere Ausweichmöglichkeiten wären die Beach Breaks Jan Juc, 13th Beach oder sogar Philip Island, wobei das eher selten der Fall ist, in den letzten Jahren aber öfters der Fall war.
Jedenfalls darf man sich auf einen Event an einem Spot freuen, den man guten Gewissens als das Wembley des Wellenreitens bezeichnen darf. Wenn ich drei Favoriten nennen müsste, wären das allen voran Joel Parkinson, Taj Burrow und Jordy Smith, wobei ich KS an dieser Stelle nur auslasse, weil ich nicht unkreativ wirken will. Aber schau mer mal, dann seng mas scho!
text: bernd bliemel
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