30 Meter breit ist der Strandabschnitt für Menschen mit dunkler Hautfarbe. 30 Meter, die durch Seile vom Rest des 5,6 Kilometer langen Santa Monica Beach abgetrennt werden. Die kleine Sandfläche, auf der sich die Black Community dicht an dicht quetschen muss, nennen die Weißen Inkwell Beach. Tintenfass Strand. Andere sprechen vom Negro Beach. Für den jungen Nick Gabaldon, Sohn einer Afroamerikanerin und eines Latinos, ist das Stück Land dennoch heilig. Es ist der einzige Zugang zum Meer für ihn, der einzige Zugang zu den Surfspots rund um Los Angeles. Wenn er sein Longboard durch das Menschengedränge hindurch bis ans Wasser trägt, kann er Orte erreichen, die für Afroamerikaner wie ihn eigentlich unerreichbar sind. Häufig paddelt er gen Norden. In Malibu ist Gabaldon längst ein respektierter Surfer – und kommt bei einem Versuch, unter dem Pier hindurch zu fahren, viel zu früh ums Leben.
Nick Gabaldon ist der erste dokumentierte afroamerikanische Surfer. 1927 in Los Angeles geboren, bringt er sich selber das Surfen an jenem Inkwell Beach in Santa Monica bei. Vorerst ohne Board. Sein Talent als Bodysurfer fällt zwei weißen Rettungsschwimmern auf, die sich mit dem jungen Nick anfreunden und ihm sein erstes Surfbrett geben. Buzzy Trent und Pete Peterson heißen die beiden – zwei absolute Surfstars der kalifornischen Nachkriegszeit. 1949 laden sie Gabaldon ein, mit ihnen in Malibu rauszugehen.
Das Problem: Malibu ist für Nick Gabaldon nicht zu erreichen. Er besitzt kein Auto und kaum jemand nimmt einen Tramper samt Surfboard mit. Schon gar nicht, wenn dieser dunkelhäutig ist. Zu Fuß gehen ist auch keine Option, schließlich führt der Weg an all den reichen Orten vorbei, wo jemand wie er nicht gerne gesehen wird. Also schnappt sich der 22-Jährige sein Board, läuft zum Inkwell Beach und paddelt übers offene Meer nach Malibu. 12 Meilen, knapp 20 Kilometer ist die Länge einer Strecke. Zum Vergleich: Von Spanien nach Marokko misst die engste Stelle 14 Kilometer. Hin- und Rückweg zusammengerechnet würde Gabaldon pro Session die Straße von Gibraltar mehr als dreimal überqueren. Und da ist die Paddelarbeit an dem langen Point Break von Malibu noch nicht mal berücksichtigt.