Du hattest schon länger den Traum von Olympia. Wie ist dieser Traum entstanden?
Leon Glatzer war eine sehr große Inspiration für mich. Als Leon sich 2021 für Olympia qualifiziert hatte, habe ich wirklich zu ihm aufgeschaut. Ich dachte mir, okay, es ist tatsächlich möglich, dass ein Deutscher das schafft. Es ist nicht unerreichbar, und er hat mich in den letzten Jahren sehr inspiriert. Er und ich haben uns in den letzten Trainingslagern stark gepusht. Er war für mich das Paradebeispiel dafür, dass es möglich ist.
Wie hast du dich gefühlt, als du die Nachricht bekommen hast, dass du durch Puerto Rico wirklich die Chance bekommst, dich für Olympia zu qualifizieren?
Als Athleten lernen wir, dass wir nur das kontrollieren können, was in unserer Macht liegt. Wir haben viel mit unserem Sportpsychologen Martin Walz daran gearbeitet, Dinge zu akzeptieren und mit den Folgen umzugehen. Wir wurden sehr gut mental auf den Wettkampf vorbereitet.
Als ich dann in Puerto Rico war, habe ich realisiert, dass dies meine Chance ist, mich für Olympia zu qualifizieren. Mit jeder Runde nahm der Druck zu. Als ich in der Hauptrunde 4 ankam, wurde mir bewusst, dass ich bereits 50% meines Weges in diesem Event hinter mich gebracht hatte. Dann kamen die schwierigeren 50%. Leider bin ich in Runde 4 ausgeschieden und musste in die Repechage 6, wo ich gegen den amtierenden Weltmeister und einen der besten Europäer der letzten Dekade antreten musste.
Ich sagte zu meinem Vater: “Ich werde alles geben, aber wenn ich ausscheide, dann ist es halt so. Meine Gegner sind einfach besser als ich. Niemand wird enttäuscht sein, wenn ich es nicht schaffe.”
Obwohl ich nichts zu verlieren hatte, war ich super nervös, sodass ich von den 25 Minuten in meinem Heat 24,5 Minuten nur Mist gebaut und nichts wirklich gut hinbekommen habe. In den letzten 30 Sekunden hat Frederico, der Portugiese, einen riesigen Fehler gemacht und mir eine Welle überlassen. Auf dieser Welle, meiner letzten Chance, habe ich alles gegeben. Ich habe mir das Hirn aus dem Kopf gesurft.
Nach dieser einen Welle war der ganze Strand am Ausflippen; nicht nur Team Deutschland, sondern einfach alle. Dann kam das Ergebnis und es war klar, dass es gereicht hatte, um weiterzukommen. Ich konnte nicht fassen, dass ich mich gegen diese starke Konkurrenz durchgesetzt hatte.
Das war der wichtigste Heat meines Lebens.
Doch es war noch nicht vorbei. Die Nervosität stieg mit jeder weiteren Runde, aber ich habe es geschafft, meine Nerven im Wasser zu kontrollieren.
An dem Tag, an dem ich mich für Olympia qualifiziert habe, war der Druck gewaltig. Ich konnte kaum etwas essen und hatte während des ersten Heats am Morgen das Bedürfnis, mich zu übergeben. Der mentale Druck war enorm und die Gedanken und Gefühle, die ich in diesen letzten 24 Stunden hatte, wünsche ich niemandem, wenn nicht danach auch der entsprechende Erfolg kommt.