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River / Rapid Surfing

FLOW LIKE WATER – Janina Zeitler über ihren neuen Film

Vom River zum Ocean – Janina Zeitlers Geschichte

Die Münchnerin Janina Zeitler kennen viele: Entweder vom Eisbach, aus Fuerteventura oder zumindest von Instagram, wo die 23-Jährige inzwischen über 84 k Follower hat. Ihre Geschichte ist mehr als beeindruckend, denn vom Fluss-Surfen am Eisbach hat sie es bis in den deutschen Kader für Wellenreiten geschafft.

Kürzlich hat sie die QS-Saison in Europa abgeschlossen und nebenbei ihren ersten Kurzfilm veröffentlicht: “Flow Like Water”. Wir haben uns Janina geschnappt und mit ihr über ihren neuen Film, ihren Surfbackground, Social Media und und die Qualifying Series gesprochen.

Hey Janina! Schön, dass es klappt. Du hast jetzt deinen ersten Kurzfilm herausgebracht. Wie kam es dazu? 

Das fing alles damit an, dass mich der Founder der BOFF gefragt hat, ob ich nicht Lust hätte, Teil des Bayrischen Outdoor Filmfestivals zu sein. Sie hatten schon viele Jungs in die Richtung Mountainbike, Outdoor und Ski mit dabei und ich wäre als Surferin eine coole Abwechslung gewesen. Die ganze Sache war allerdings super spontan, wir hatten drei Wochen Vorlaufzeit. Deshalb haben wir die Filmszenen auch nicht extra vorher gedreht, sondern auf bereits vorhandener Footage, das wir während meiner Winterseason gesammelt haben, was Spannendes gebastelt. Am Ende ist es doch super cool geworden. Ich habe vor, “Flow Like Water” am 17. November 2023 auch auf meinem Youtube-Channel zu teilen.

Foto: Manu Miguelez

Worum geht’s in “Flow Like Water”?

Es geht um meinen Weg im Surfen, meine Story mit Höhen und Tiefen. Es ist eine Art kurzes Porträt geworden.

Ok, wir sind gespannt. Dann lass uns ein bisschen in deine Surf-Story eintauchen: Wie bist du zum Surfen gekommen? 

Gerne. 2012 habe ich zusammen mit meiner Freundin, Rosina Neuerer, an der Floßlände mit dem River-Surfen begonnen. Ich war damals elf Jahre alt. Wir kommen beide aus Windsurfer-Familien, und wollten das Wellenreiten unbedingt mal ausprobieren. Ich habe mit fünf Jahren mit dem Windsurfen angefangen und diese Sportart auch relativ gerne gemacht. Aber als ich das Wellenreiten entdeckt habe, hat es mich mehr fasziniert. Die Idee, am Fluss zu surfen, kam damals von Rosina, sie hat mich dazu ermutigt. Wir haben gemeinsam den Film “Soul Surfer” gesehen und ich war danach voll begeistert.

Wie seid ihr das River-Surfen genau angegangen? 

Wir sind zusammen mit unseren Eltern zur Floßlände gegangen. Dort haben wir uns erstmal die Location angeschaut und andere Leute gefragt, wie das River-Surfen funktioniert. An der Floßlände gibt es eine kleinere Welle, das Schaukelpferd, dort ist der Einstieg für kleine Kids recht einfach.Wir sind eine Weile dort geblieben und haben geübt. Danach sind wir zur größeren Floßlände gewechselt.

Habt ihr am Anfang noch Tipps bekommen oder war das River Surfen eher Learning by Doing?

Es gab definitiv Leute, die uns geholfen haben. Einmal hat mir jemand sein kleineres Brett geliehen, weil er meinte, dass es einfacher sei als meins. Aber größtenteils haben wir es durch Ausprobieren gelernt. Je öfter wir es gemacht haben, desto einfacher wurde es. Besonders als Kind lernt man Bewegungen ja sowieso sehr schnell.

Janina Zeitler, Rosina Neuerer

Erinnerst du dich noch an deinen ersten Versuch? Wie war das genau? 

Ich glaube, es war ein total ungewohntes Gefühl. Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt. Das Wasser kam irgendwie von vorne und hatte extrem viel Druck. Das war total komisch, weil ich nicht wusste, wo ich hinschauen sollte. Ich habe dann nur nach unten geschaut. Es war ein ganz neues und ungewohntes Gefühl, das ich erst nicht richtig einordnen konnte. Erst nach ein paar Versuchen habe ich es besser verstanden.

Wie war es für dich als junges Mädchen, mit den Locals am Eisbach anzufangen? 

Die Zeiten an der Floßlände waren entspannt und auch die Zeit an der E2, der kleineren Eisbachwelle, war total unkompliziert. Die Leute dort haben uns eher gesagt, dass wir doch mal die E1, die große Eisbachwelle, ausprobieren sollten. Sie meinten, dass wir dafür bereit wären. Aber wir waren noch nicht so selbstsicher und wollten erst mehr Erfahrungen sammeln. Schließlich haben wir den ersten Schritt gewagt und sind an einem Sonntagnachmittag zur großen Eisbachwelle gegangen. Das war vielleicht nicht die beste Zeit, um es auszuprobieren. Beim ersten Versuch durften wir auf jeden Fall surfen, aber es hieß schon: “Okay, ein oder zweimal, dann reicht es auch”. Ich glaube, die anderen konnten noch nicht wirklich einschätzen, dass wir schon viel Training hinter uns hatten und uns gut informiert haben. Aber die Leute haben dann schnell gemerkt, dass wir wissen, was wir tun. Außerdem haben wir uns schnell verbessert. Von da an gab es keinen Grund, uns wegzuschicken. Alles war entspannt, uns wurde geholfen und wir haben auch Tipps ausgetauscht. Das erste Mal war vielleicht etwas schwierig, weil uns die Leute nicht kannten und nicht einschätzen konnten. Aber danach war alles super entspannt.

Wie fühlt es sich an, jetzt am Eisbach zu surfen? Jeder kennt dich vermutlich, oder?

Ja, das könnte man sagen. Allerdings bin ich nicht mehr so oft dort anzutreffen. Es ist cool, dass so viele neue Leute dazukommen, aber dadurch kenne ich fast niemanden mehr. Trotzdem gibt es immer noch diejenigen, die schon seit Jahren dort sind. Es ist schön, die vertrauten Gesichter wiederzusehen, auch wenn es mittlerweile viele neue Leute gibt.

Und der Localism am Eisbach ist mit den Jahren auch entspannter geworden, oder? 

Ich denke generell schon. Meiner Meinung nach ist es heutzutage vielleicht einfacher und entspannter, in der Community am Eisbach anzufangen, möglicherweise auch aufgrund von Geschichten wie der von Rosina und mir. Andere Leute haben gesehen, dass es möglich ist, und jetzt kommen viele junge Frauen. Das ist wirklich toll zu sehen.

JZ Media Productions

Vor dem River Surfen bist du recht professionell Ski gefahren, oder? Warum hast du damit aufgehört?

Ja, das Alpin Skifahren war meine Hauptsportart. Ich habe mich darauf konzentriert. Allerdings hatte ich aufgrund der langen und frühen Skisaison kaum Zeit für das River-Surfen. Je besser ich jedoch im Fluss-Surfen wurde, desto mehr Spaß hat es mir gemacht und desto öfter habe ich das Skifahren in Frage gestellt. Trotzdem habe ich es eine Weile nebenbei weitergemacht. Irgendwann wurde es jedoch zu viel für mich. Nach so langer Zeit, in der ich auch im Kader und bei internationalen Rennen mitgemacht habe, war ich einfach erschöpft. Ich wollte etwas Neues ausprobieren. Deshalb habe ich komplett mit dem Skifahren aufgehört. Ehrlich gesagt, habe ich seit Jahren nicht mehr auf Skiern gestanden. Im Winter bin ich normalerweise nicht in München. Der Eisbach ist dann eiskalt und in den Wintermonaten gibt es die besten Wellen in Europa.

Wie bist du genau vom River zum Ocean gekommen? 

Das war etwa zwei Jahre nachdem ich mit dem River-Surfen begonnen hatte, ich war ungefähr 13 Jahre alt. Ich wusste, dass das Surfen ursprünglich aus dem Meer stammt und war neugierig darauf, wie es wohl sein muss, eine Welle im offenen Ozean zu reiten. Während unseres Familienurlaubs in Frankreich hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit, das Wellenreiten auszuprobieren. Das war eine völlig neue Erfahrung, hat mir aber unglaublich viel Spaß gemacht. Plötzlich musste ich auch das Paddeln und die Strömung berücksichtigen und befand mich wieder am Anfang. Alles, was ich vom Fluss kannte, war auf einmal irrelevant, denn es war ein langer Weg, bis ich überhaupt auf dem Board stehen konnte. Das habe ich nicht erwartet. 

Was meinst du, kann man das Fluss-Surfen mit dem Wellenreiten vergleichen oder sind es zwei verschiedene Sportarten?

Es sind beides Disziplinen derselben Sportart. Sobald man auf dem Board steht, (nachdem man sich durch das Paddeln im Meer gekämpft hat), lassen sich die beiden Disziplinen gut vergleichen. Das Gefühl ist ähnlich. Das ständige Wiederholen der Manöver im Fluss hat mir auch geholfen, sie im Meer umzusetzen. Umgekehrt gilt das genauso. Beim Wellenreiten geht es um den Flow und den Style, und das kann definitiv auf das River-Surfen übertragen werden. Beide Surfarten ergänzen sich, sind aber dennoch individuell unterschiedlich. Nicht jeder, der River surft, kann sofort im Meer surfen.Und auch die Ocean Pros, die den Eisbach surfen wollen, brauchen ein paar Versuche.

In letzter Zeit surfst du viel mehr im Ozean als auf dem Fluss, oder? 

Ja, genau. In diesem Jahr habe ich mich auf den Ozean konzentriert und versuche, an so vielen Wettbewerben wie möglich teilzunehmen. Ich musste Prioritäten setzen, da es einfach nicht möglich ist, beide Disziplinen auf einem so hohen Niveau zu vereinbaren. Das betrifft auch das Training. Wenn ich in München bin, kann ich natürlich nicht im Meer trainieren und umgekehrt. Da ich derzeit auch Teil des deutschen Nationalteams fürs Wellenreiten bin, liegt mein Fokus momentan auf dieser Sportart. Das bedeutet jedoch nicht, dass ich mit dem Rapid Surfen komplett aufhöre oder dass es für mich weniger wichtig ist. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt einfach auf dem Wellenreiten, aber das kann sich im nächsten Jahr wieder ändern. Ich denke, es ist wichtig, sich auf eine Sache zu konzentrieren. Letztes Jahr habe ich versucht, beides gleichzeitig zu machen, und das war extrem anstrengend.

Foto: JZ Media Productions

Ocean- oder Riversurf was macht mehr Spaß?

Schwierige Frage. Grundsätzlich bin ich natürlich lieber am Meer in der Sonne. Doch auch das River-Surfen hat seinen Reiz. Für mich liegt der Spaß in der Kombination beider Disziplinen. Einerseits freue ich mich darauf, am Meer zu sein, andererseits genieße ich auch die Zeit in München dazwischen. Beide Surfsportarten sind mir sehr wichtig. 

Wenn du dich zwischen den beiden Surfarten entscheiden müsstest, welche würdest du wählen?

Diese Frage kann ich nicht beantworten, da eine Antwort nicht richtig wäre. Zwar surfe ich derzeit öfter im Meer, aber das bedeutet nicht, dass ich mehr Spaß daran habe als auf der stehenden Welle. Ich würde sagen: Beide.

Wie ist die Umstellung vom River zum Ozean für dich? 

Früher fiel mir dieser Wechsel viel schwerer. Doch da ich das mittlerweile regelmäßig mache, habe ich mich daran gewöhnt. Wenn ich aber zwischendurch wieder das erste Mal auf einer stehenden Welle surfe, bekomme ich starken Beinmuskelkater, da die Bewegung im Meer so natürlich nicht vorkommt. Das belastet den Körper auf eine ganz andere Art. Bei einem Wettkampf muss man in Topform sein. Wenn ich dann eine Weile nicht im Meer war, fängt es schon an: Die Positionierung stimmt nicht, die Paddelkondition fehlt, und nach der ersten Session tun die Arme weh, usw.

Was hältst du von Wavepools/Wavegardens? Warst du schon mal in einem? 

Ich war schon einmal in Bristol in einem Wavepool und das hat total viel Spaß gemacht. Ich sehe ein enormes Potenzial in dieser Technologie. Ähnlich wie bei Wavepools mit stehenden Wellen bietet sich die Möglichkeit, Turns und Manöver immer wieder zu wiederholen. Das ist natürlich etwas, das man im Meer nicht hat. Aus diesem Grund sehe ich den Wavepool als echten Game Changer. In München wird demnächst auch der neue Wavepool eröffnet, was natürlich völlig neue Möglichkeiten für das Nationalteam bietet. Dort können wir dann auch Trainingslager abhalten. Ich freue mich auf jeden Fall darauf.

Foto: JZ Media Productions

Jetzt bist du seit einiger Zeit auf Fuerte. Kann man sagen, dass du dorthin ausgewandert bist oder wie siehst du das? 

Seit 2020 verbringe ich viel Zeit am Meer. Ich bin für Wettkämpfe oft in Europa unterwegs. Im Winter bin ich dann mehr auf Fuerte, im Sommer dann in München. Aber das kann sich wieder ändern. Also würde ich nicht sagen, dass ich ausgewandert bin. München ist immer noch mein Lebensmittelpunkt und wird es vorerst auch bleiben.

Du arbeitest gemeinsam mit Mario, deinem Freund, oder? 

Wir haben uns in Portugal kennengelernt. Mario war anfangs nicht so stark in der Surfszene involviert. Er hat zwar schon gesurft, aber dass er jetzt noch mehr mit dem Surfen zu tun hat, kam vor allem durch mich, denke ich. Es wäre extrem anstrengend und schwierig, all diese Wettkämpfe alleine zu bewältigen. Ich bin sehr dankbar, dass ich mit Mario jemanden an meiner Seite habe. Außerdem kümmert er sich komplett um meinen Social Media Content. Es passt perfekt, dass er so viel Spaß am Filmen und der Content-Creation hat. Das ergänzt sich ideal für Sponsoren. Wir sind ein starkes Team.

Wie finanzierst du dich derzeit? Hauptsächlich durch Sponsoren und Social Media?

Genau. Ich finanziere meine Reisen und Wettkämpfe komplett mit dem Geld oder der Unterstützung meiner Sponsoren und Kooperationspartner. Social Media ist also meine wichtigste Einnahmequelle. Außerdem werde ich als Surferin im Nationalteam finanziell unterstützt. 

Das ist schon sehr nice für die deutsche Surfszene!

Ja, auf jeden Fall. Ohne finanzielle Unterstützung wäre es einfach nicht möglich. Die Kosten für Reisen, Unterkünfte und meine Saison in Frankreich sind extrem hoch.

JZ Media Productions

Kannst du dich noch an dein erstes Sponsoring erinnern?

Ja, es war ein Material-Sponsoring, das ich zusammen mit Rosina bekommen habe. Das war etwas ganz Besonderes für uns, da wir gerade erst in das Thema eingestiegen waren. Wir hatten Sticker auf dem Board und dachten: “Oh mein Gott, wir haben einen Sponsor!” Als ich genug Zeit in Instagram investiert habe und verstand, wie es funktioniert, kamen mehr Product-Sponsorings dazu. Mein Content war am Anfang natürlich nicht so gut wie jetzt. Es ist ein Prozess.

Macht dir Social Media Spaß? 

Ja, grundsätzlich schon. Ich würde es sogar als eine Art Hobby bezeichnen. Es ist natürlich großartig, dass Mario auch Lust auf Conten-Creation hat, so können wir gemeinsam arbeiten. Auf Instagram zeige ich auch nur die Momente, die ich zeigen möchte. Das ist ein Teil meiner Identität. Im Moment dreht sich alles ums Surfen.

Ich bin keine Influencerin, sondern eine Athletin, die ihre Sportart auf Instagram präsentiert.

Es gibt natürlich andere Influencer, die jeden Tag die Kamera mitnehmen und jedes Detail erzählen. Das wäre mir zu anstrengend. Ich bevorzuge qualitativ hochwertigen Inhalt. Schöne Bilder, ästhetisch ansprechend. Das ist es, was mir Spaß macht. 

Hast du bestimmte Marken im Kopf, mit denen du gerne mal zusammenarbeiten möchtest? Und gibt es Marken, mit denen du auf keinen Fall kooperieren würdest?

Natürlich achte ich darauf, dass mir die Produkte gefallen und dass sie zu mir passen. Das ist entscheidend, wenn es darum geht, mit welchen Marken ich zusammenarbeiten möchte. Es gibt Marken, deren Produkte mir nicht zusagen oder deren Konzept ich nicht gut finde. Auf der anderen Seite gibt es Marken, mit denen ich gerne zusammenarbeiten würde. Im Surfbereich gibt es zum Beispiel große Unternehmen, die viel in die Surfszene investieren und auch Filme produzieren. Generell gilt: Je größer die Marke, desto besser. Aber ich bin auch sehr zufrieden mit dem, was ich bereits habe, vor allem mit VW als Auto-Sponsor.

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Wie war es für dich, Abi und Surfen unter einen Hut zu bekommen?

Es war eine herausfordernde Zeit. Das Surfen im Ozean war mir nur während der Schulferien möglich. River-Surfen war in der Schulzeit der perfekte Ausgleich. Aber auch da war ich recht eingeschränkt und konnte nur spät abends in die Jochen-Schweizer-Arena gehen. Außerdem  musste ich immer eine Schulbefreiung beantragen, wenn coole Events stattfanden. Also Surfen war im Schulalltag möglich, aber sehr anstrengend und ich war sehr erleichtert, als das Schulthema endlich durch war.  

Wie oft konntest du während deiner Abiturzeit trainieren?

Ich habe regelmäßig am Wochenende am Eisbach trainiert, manchmal auch unter der Woche nach der Schule. Zusätzlich war ich etwa zweimal pro Woche abends in der Jochen-Schweizer-Arena. Da ich mein Abitur im Jahr 2020 gemacht habe, fiel der Lockdown zusammen mit meiner Prüfungszeit. Dadurch waren der Eisbach und die Arena gesperrt. Für mich persönlich war das sogar eine Art Glück, da ich nie das Gefühl hatte, etwas zu verpassen, weil andere surfen gingen und ich lernen musste.

Wie bist du zum Contest-Surfen gekommen? 

Mein erster Contest war die Europameisterschaft im River-Surfen. Damals bin ich bei den Juniors angetreten. Eigentlich habe ich mich vor allem angemeldet, um Trainingszeiten zu bekommen, da die Welle nur einen Monat lang am Flughafen aufgebaut war. In den Ferien sind wir öfter nach Frankreich gefahren und zu dieser Zeit fand auch immer die Deutsche Meisterschaft im Wellenreiten in Hossegor statt. Die Leute dort haben mich ermutigt, mich anzumelden. Ich dachte mir, warum nicht, ich hatte ja nichts zu verlieren. So habe ich dann  jedes Jahr an der Deutschen Meisterschaft teilgenommen.

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Foto: Matze Ried

Wie stehst du zum Contest- vs. Freesurf? 

Eine schwierige Frage. Also grundsätzlich ist Freesurfen ohne Druck immer das Beste. Aber das Gefühl, seine Leistung auf den Moment genau abrufen zu müssen, um sich selbst zu testen, macht Spaß. Ich habe schon seit meiner Zeit beim Skifahren mit diesem Wettkampfgedanken zu tun und bin da hineingewachsen. Mir bereitet dieser Nervenkitzel einfach unglaublich viel Freude. Und die Idee, das Freesurfen auf den Wettkampf zu übertragen, finde ich faszinierend. Das wäre natürlich das Optimum, wenn man es schafft, den Heat genauso zu surfen wie beim Freeurf. Das ist das Gefühl, das man gerne haben möchte.

Und wenn man einen Heat gewinnt, ist das irgendwie das beste Gefühl überhaupt. Man möchte dieses Gefühl immer und immer wieder erleben!

Wie ist dieses Gefühl denn genau? 

Das Gefühl des Gewinnens ist schwer in Worte zu fassen. Aber das Gefühl hat damit zu tun, dass sich die harte Arbeit, die ich die ganze Zeit investiere, lohnt und auszahlt. In diesem Moment vergesse ich den ganzen Stress und die vorherigen Niederlagen.

Was passiert in deinem Kopf während eines Heats? 

Mein Ziel ist es, stets konzentriert zu bleiben und mich nicht auf meine Gegner zu fixieren. Vor einigen Jahren, als ich noch nicht so stark auf mein Mindset geachtet habe, war ich oft während des Wettkampfs mit meinen Gedanken in der Zukunft. Es ist natürlich sehr unvorteilhaft, wenn man gerade im Wettkampf ist und sich fragt:Was passiert, wenn ich jetzt verliere oder gewinne? Gegen wen werde ich antreten?” Ich habe hart daran gearbeitet und bin jetzt viel fokussierter. Ich versuche immer, bei mir zu bleiben und im Hier und Jetzt zu sein, während ich alles andere ausblende.

Was bedeutet dir das Freesurfen?

Ich widme meine gesamte Freizeit meinem Training. Dabei achte ich ständig auf die Uhr oder habe einen Trainer am Strand, der simuliert, dass ich 20 Minuten lang den Heat durchpower. Deshalb komme ich tatsächlich nicht oft in den Genuss des Freesurfens. Natürlich gehe ich ab und zu mit Freunden surfen, aber selbst dann fällt es mir schwer, nicht auf die Uhr zu schauen, weil ich es einfach gewohnt bin. 

Vermisst du den richtigen Freesurf? 

Ich habe mich mittlerweile an mein Trainings-Surfen gewöhnt und bin ein ehrgeiziger Mensch. Wenn ich in eine Surfsession gehe, möchte ich gute Turns machen. Ich versuche auch immer, jede Gelegenheit im Wasser für ein Training zu nutzen. Aber es gibt natürlich auch Tage, an denen die Wellen klein sind, und dann gehe ich mit einem Funboard raus. Das ist dann entspannend. 

Wie sieht dein Alltag aus? 

Wenn ich in der Wettkampfvorbereitung bin, trainiere ich so viel wie möglich. Mein Tag beginnt gegen 06:30 Uhr, manchmal etwas früher oder später. Ich gehe zweimal täglich surfen, manchmal mit meinem Coach, manchmal alleine. Wir planen immer wöchentlich. Ich verbringe also viel Zeit im Wasser und habe wenig Raum für andere Aktivitäten. Zusätzlich arbeite ich an meinem Social Media Auftritt. Außerdem absolviere ich Off-Water-Trainingseinheiten wie Stretching, um die entgegengesetzte Bewegung nach der Zeit im Wasser auszugleichen. An Tagen, an denen ich nur einmal ins Wasser gehe, mache ich ein zusätzliches Workout. Jeder Tag sieht anders aus, je nach den vorherrschenden Bedingungen, da ich mich immer den Wellen anpassen muss.

Mein Leben richtet sich nach den Wellen.

JZ Media Productions

Du warst bereits Teil des deutschen Kaders, bist dann für eine Weile nicht mehr drin gewesen und bist jetzt aber wieder dabei! Wie kam es dazu? 

Der heutige Kader unterscheidet sich stark von dem damaligen. Früher konnte man sagen, dass man Teil des deutschen Kaders ist, aber es steckte nicht viel dahinter. Zu der Zeit gehörte ich zum sogenannten Ergänzungskader im Juniorenbereich bei der EM und der WM. Doch seitdem Surfen olympisch geworden ist, hat der Verband nun ganz andere Fördermöglichkeiten. Das führte jedoch dazu, dass der Ergänzungskader aufgrund von Strukturveränderungen im Verband nicht mehr fortgeführt wurde. Gleichzeitig gab es im deutschen Team keinen zusätzlichen Platz mehr, und so war ich vorerst ohne Kader-Status. Zu diesem Zeitpunkt lag mein Fokus nicht ausschließlich auf dem Ozean-Wellenreiten, sondern auch auf dem River-Surfen. Dadurch konnte ich nicht die gleiche Zeit ins Training investieren wie die anderen. Ich verstehe vollkommen, dass es zu diesem Zeitpunkt einfach nicht gereicht hat. Nach meinem Abitur im Jahr 2020, als ich mehr Zeit investieren konnte, wurde ich schnell besser und dann kam der Anruf: “Wie sieht es aus?” Jetzt profitiere ich wirklich von meinem Kaderstatus.

Welche Fördermöglichkeiten gibt es?

Es gibt verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten. Unsere Head Coaches begleiten die Athlet:innen bei Wettkämpfen. Didier lebt in Frankreich, daher können wir ihm Videos zuschicken, um Feedback zu erhalten. Es gibt auch Trainingslager. Im Bereich der Ausbildung haben wir die Möglichkeit, maßgeschneiderte Studiengänge oder Ausbildungen für Leistungssportler zu nutzen, da Präsenzstudien schwer umsetzbar sind. Für mich ist der Olympiastützpunkt in München sehr interessant. Wir erhalten auch finanzielle Unterstützung, was definitiv eine große Erleichterung ist. Zudem bieten sie mentalen Support an. Ich persönlich habe auch eine Sportpsychologin. Anfangs habe ich ihre Bedeutung unterschätzt und wusste nicht, worüber ich mit ihr sprechen sollte. Aber wenn man sich darauf einlässt, ist es äußerst hilfreich.

Welche Themen besprichst du mit deiner Sportpsychologin?

Wir arbeiten an meinen Zielen. Vor der neuen Saison ist es extrem wichtig, dass wir uns zusammensetzen und überlegen, was ich erreichen will. Am Ende des Jahres sprechen wir noch einmal darüber, wie es gelaufen ist und darüber, was wir noch verbessern können? Aber das Hauptthema ist eher die Wettkampforientierung. Es geht darum, Selbstvertrauen zu bekommen und unter Druck gut zu surfen. Das Mindset, also die Einstellung, ist dabei entscheidend.

Wie wichtig ist das Mindset beim Contest-Surfen?

Das Mindset ist entscheidend. Das zeigt sich deutlich bei den QS-Events.

Es geht nicht unbedingt darum, wer technisch am besten ist, sondern vielmehr darum, wer selbstbewusst auftritt.

Manchmal wirkt das vielleicht arrogant, aber es ist einfach dieses selbstsichere Gefühl, das man im Surf-Sport braucht. Es ist extrem wichtig, alles andere auszublenden und im Hier und Jetzt zu sein. Viele Surfer:innen schotten sich ab. Es gibt zwar kleinere Grüppchen, aber oft ist es ein einsamer Sport, besonders auf Top-Level. Natürlich gibt es Ausnahmen.

Foto: JZ Media Productions

Wie gehst du mit Rückschlägen um?

Im Surfen gibt es viele Rückschläge. Man verliert öfter, als man gewinnt. Wenn man im Surfen nicht widerstandsfähig ist, schafft man es nicht, über einen längeren Zeitraum dabei zu bleiben. Es kommt häufig vor, dass Surfer:innen kein starkes Mindset haben und einfach aufgeben. Ich versuche, jede Niederlage positiv zu nutzen und mir zu sagen: “Okay, das motiviert mich, es besser zumachen.” Natürlich hat jeder auch mal einen schlechten Tag. Das ist ganz normal.

Hast du jemals darüber nachgedacht, mit dem Surfen aufzuhören?

Ich denke nicht, dass ich jemals so weit gehen würde. Surfen ist ein Sport, den ich grundsätzlich aus Freude mache. Ich würde nie aufhören, dafür macht es mir zu viel Spaß. 

Wie gehst du mit dem ganzen Travel Stress während der QS-Season um?

Grundsätzlich ist es ziemlich herausfordernd. Es gibt kaum Zeit für Pausen, da die Wettkämpfe direkt aufeinanderfolgen. Deshalb stehe ich in regelmäßigem Austausch mit meiner Sportpsychologin, um eine gewisse Struktur zu schaffen. Wenn ich lange unterwegs bin, versuche ich immer, AirBnBs mit einem kleinen Außenbereich zu buchen. Es ist gut, auch mal abseits des Strandes draußen zu sein. Im Sommer bin ich viel mit meinem eigenen Auto unterwegs und habe daher immer meine persönlichen Sachen dabei, um es mir so gemütlich wie möglich zumachen. Es ist nicht immer einfach, aber ich habe mich daran gewöhnt. Ich weiß, dass der Sommer meine Wettkampfzeit ist und ich viel unterwegs bin. Im Winter habe ich dann ruhigere Phasen. 

Wäre Studieren mal eine Möglichkeit für dich? 

Auf jeden Fall. Also Plan A ist eigentlich immer ein Studium zu machen. Allerdings ist es gerade jetzt wichtig, meine ganze Zeit in das Surfen zu investieren. Weil wenn ich jetzt ein Studium mache und dann sage, okay, in fünf Jahren fokussiere ich mich aufs Surfen, dann ist es zu spät. Das heißt aber nicht, dass ich deswegen nicht an meinen späteren Weg denken würde. Weil natürlich ist mir bewusst, dass ich mit 50 wahrscheinlich keine Wettkämpfe mehr surfe. Man braucht natürlich immer eine Alternative. Ich denke, nächstes Jahr strebe ich schon ein Studium an. Ich würde dann auch das Angebot der Olympiastützpunkte annehmen und so ein angepasstes Studium machen. Dadurch, dass Marketing bei mir momentan so eine große Rolle spielt und ich jeden Tag Berührungspunkte damit habe, wird es definitiv in diese Richtung gehen.

Janina Zeitler River Surf
Foto: JZ Media Productions

Bereust du etwas? Wünschst du dir, dass du dich früher auf das Meer konzentriert hättest?

Grundsätzlich stellt sich natürlich die Frage, was passiert wäre, wenn ich am Meer aufgewachsen wäre oder früher mit dem Surfen begonnen hätte. Andererseits ist meine Geschichte vielleicht gerade deshalb so besonders, weil ich einen schwierigen Weg gegangen bin. Viele Marken, wie zum Beispiel Ripcurl, sind auch stolz auf meinen Weg, das funktioniert auf ihren Kanälen. Wenn ich am Meer aufgewachsen wäre, wäre ich wohl eine von vielen. Jetzt habe ich irgendwie ein Alleinstellungsmerkmal, dass ich anders bin. Deshalb würde ich es mir nicht anders wünschen. 

Welchen Rat würdest du deinem jüngeren Ich geben?

“Glaube immer an deine Träume!”. Als ich damals mit dem Surfen begonnen habe, hätte ich nie gedacht, dass ich einmal professionell darin sein würde, an Wettkämpfen teilnehmen und Sponsoren haben würde. Auch dass ich es ins Nationalteam schaffe, hätte ich niemals für möglich gehalten. Deshalb ist es wichtig, an seinen Träumen festzuhalten, so surreal sie auch klingen mögen. 

Hast du ein sportliches Ziel, das du unbedingt noch erreichen willst?

Ich glaube, jeder Surfer hat das Ziel, die höchstmögliche Stufe zu erreichen, nämlich Olympia und die Championship Tour der WSL. Gleichzeitig bin ich ein realistischer Mensch und weiß, dass diese Ziele viel Zeit erfordern. Um sie zu erreichen, setze ich mir kleinere Zwischenziele. Wenn ich weiß, dass ich diese Zwischenziele erreichen kann, bin ich vielleicht meinem großen Endziel näher. Deshalb betrachte meine Herangehensweise eher “step by step”. 


Danke dir! Ganz viel Erfolg weiterhin! :)​

Janina Zeitler: Youtube, Insta ,TikTok 

JZ Media Productions
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