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Nick Uricchio

Shaper

Retracing Surfculture: Nick Uricchio im GesprĂ€ch über die AnfĂ€nge des Surfens in Ericeira

„It’s been a really good ride.” - Nick Uricchio

Text: Alba Asensi 

Als Nick Uricchio Anfang der 80er Jahre Portugals erste Surfboard-Manufaktur grĂŒndet, legt er damit den Grundstein fĂŒr die Surfkultur im heutigen Tophotspot Ericeira. Seit ĂŒber 40 Jahren shaped er Surfboards direkt neben einer der besten Wellen Europas: Coxos. Heute ist Nick Uricchios Homebreak als Trainings-Ground fĂŒr SurfgrĂ¶ĂŸen wie Marlon Lipke, Nic von Rupp und Tiago Pires bekannt.

WĂ€hrend eines Backpacking-Trips durch Europa in den 70ern entdeckt der kalifornische Surfer Nick Uricchio quasi zufĂ€llig die Wellen an der AtlantikkĂŒste rund um Lissabon und beschließt, Monterey in Kalifornien den RĂŒcken zuzukehren und nach Portugal zu ziehen. Wenig spĂ€ter grĂŒndet er gemeinsam mit seinem Freund und Partner Miguel Katzenstein die legendĂ€re Marke Semente in Ericeira und verankert damit das Fischerdorf fest auf der Landkarte des europĂ€ischen Surfens.

Nick Uricchio

Heute ist Ericeira ein Surf-Reservat von Weltklasse, das 2011 als World Surfing Reserve anerkannt wurde. Surfer und Surferinnen aus der ganzen Welt reisen an, um hier Wellen an legendĂ€ren Breaks zu surfen. Kaum vorstellbar, dass der Ort in den 80ern noch ein absoluter Geheimtipp war. Als einer der erfolgreichsten Shaper Portugals trifft Nick Uricchio die besten Surfer weltweit, prĂ€gt die Surfkultur maßgeblich und fördert junge Talente.

Wir sprechen mit Nick Uricchio über die AnfĂ€nge des Surfens in Portugal, über seine ersten Tage als Shaper in Ericeira, über aufstrebende Talente und über das, was er sich für die Surfkultur wünscht.

Nick, du hast in Kalifornien Surfen gelernt, einem der Epizentren des Surfens. Was hat dich dazu bewegt, nach Portugal zu ziehen?

Nick Uricchio: Der letzte Stop auf meiner Reise durch Europa war Portugal, das ich ehrlicherweise vorher gar nicht auf dem Schirm hatte, und als ich im Zug von Lissabon nach Cascais fuhr und aus dem Fenster schaute, sah ich wie die Wellen abgingen und dachte:

„Wow, hier kann man ja surfen!“

Also bin ich spontan an der nĂ€chsten Station ausgestiegen, das war Carcavelos. Ich habe mir da das Board von einem Typen am Strand geliehen und bin in Badehose ins Wasser. Ein paar Stunden spĂ€ter saß ich dann im Zug nach Saint Jean de Luz in Frankreich. Das war damals der nĂ€chste Spot, um ein Surfboard zu kaufen. Da hatte ich noch drei Tage auf meinem Europapass übrig. Also bin ich in den Zug gestiegen, habe mir ein Natural Progression Surfboard, geshaped von Robbie Dick, und einen Wetsuit gekauft und bin gleich wieder zurück. Da war mir klar, dass ich herziehen würde.

Nick Uricchio

Wie bist du dann in Ericeira gelandet?

Am Anfang habe ich an der Costa da Caparica Skateboards und Ohrringe verkauft, bin viel gesurft und habe viele Leute getroffen. Ein Freund von mir lernte in England, wie man Surfboards shaped, und nach seiner Rückkehr gründeten wir die erste Surfboard-Manufaktur Portugals, Lipstick. Aber die 80er in Portugal waren wild und es waren viele Drogen im Spiel, hartes Zeug wie Heroin. Miguel Katzenstein und ich waren da schon miteinander befreundet und als er dann eines Morgens zum Surfen vorbeikam und ich mich nach einer durchzechten Nacht nicht aufraffen konnte, beschloss ich, dass sich was Ă€ndern musste. Ich habe viele Freunde an die Drogen verloren und bin froh, dass ich dann mit Miguel nach Ericeira gekommen bin. Von da an galt Surf-First. Ericeira war damals der absolute Geheimtipp und so sind wir hier am Break von Coxos gelandet.

Du hast mit Semente eine der einflussreichsten und Ă€ltesten Surfboard-Marken Portugals gegründet. Wie kam es dazu?

Wir haben den Ort wegen des Surfs ausgewĂ€hlt, zu der Zeit war das fürs GeschĂ€ft keine gute Entscheidung. Wir waren ja zwei Stunden von der Stadt entfernt und es gab weder Autobahn noch Zug. Wir hatten kein Auto, meins wurde mir von der Polizei weggenommen, weil es ein französisches Kennzeichen hatte. Unsere ganzen Materialien waren in Lissabon, unsere ganzen Kunden waren in Lissabon und Cascais. Wir saßen jetzt also in Coxos und haben auf das Wochenende und Vorbeiziehende gewartet, die sich vielleicht ein Board kaufen würden. Es war am Anfang ein sehr langsames GeschĂ€ft, aber wir brauchten auch nicht viel Geld. Wir hatten ja noch keine Kinder, auch wenn ich meine Frau schon im ersten Sommer in Portugal kennengelernt hatte. (Nick schmunzelt) Ich habe sie am Strand kennengelernt und sie fragte mich nach Feuer für eine Zigarette, ich schaute sie kaum an, sondern immer in die Wellen und sie pustete das Feuerzeug aus, bis ich sie richtig wahrnahm. Vier Jahre spĂ€ter haben wir geheiratet.

Nick Uricchio

Was ist ein Höhepunkt in Eurer Karriere?

Ein Höhepunkt war sicherlich, als Tiago Pires als Teil unseres Teams, wĂ€hrend der World Qualifying Series (WQS) 2008 seinen ersten großen Erfolg erzielte und bei der Sunset Beach Pro und Makaha Challenge auf den hawaiianischen Inseln den zweiten Platz belegte. Da hatte er sich gegen den legendĂ€ren Sunny Garcia durchgesetzt und ist direkt hinter Kelly Slater gelandet.

Dann ist da noch Marlon Lipke, der auch bis heute Teil unseres Teams ist und es zur Champions Tour (CT) geschafft hat. Ich mache jetzt gerade vier Boards für Marlon. Über die Jahre hatten wir viele talentierte Surfer im Team, darunter Jonathan Gonzalez, Gony Zubizarreta, Vasco Ribeira und Nic von Rupp. Es ist immer ein Highlight, wenn die Athleten Erfolg haben und als Shaper ist es eine große WertschĂ€tzung, die eigenen Boards bei Contests oder wie bei Nic von Rupp in Filmen zu sehen.

Ericeira wurde 2011 zum World Surfing Reserve erklĂ€rt. Wie hast du diese Entwicklung miterlebt? HĂ€ttest du damals gedacht, dass sich der Ort so verĂ€ndern würde?

Ericeira war ein Paradis. Als wir hier angekommen sind, gab es eine Handvoll Locals und ein paar Australier in Vans, die hier im Summer gesurft sind. Ich erinnere mich an viele Tage, an denen ich ganz allein im Wasser war und wenn dann jemand aufgetaucht ist, hat man sich gefreut und gewunken. Als Ericeira dann zum World Surfing Reserve erklĂ€rt wurde, hatte das natürlich Konsequenzen, es ist hier alles explodiert.

Mittlerweile hast du an Breaks wie Ribeira d’Ilhas manchmal über 60 Leute im Wasser. Doch diese Entwicklung hat auch ihre positiven Seiten. Ericeira zieht mittlerweile einige der besten Surfer der Welt an, große Talente wachsen hier heran, und immer mehr außergewöhnlich talentierte Surfer wie zum Beispiel Aritz Aranburu oder Kanoa Igarashi lassen sich hier nieder.

Nick Uricchio

Gony Zubizarreta, Nick und Marlon Lipke

Du hast viele der besten Surfer Portugals begleitet und unterstützt. Gibt es aktuell junge Talente, auf die du besonders setzt?

Wir haben mit Miguel Fortes angefangen. Das erste Board habe ich geshaped, da war er gerade mal 15. Miguel macht jetzt übrigens die Forecasts für die Contests. Seit 40 Jahren shape ich jetzt Boards für ihn und seine Söhne. Martim Fortes, einer seiner Söhne, surft für uns. Martim ist jetzt 18 und hat in nur drei Monaten sein Gewicht von 63 kg auf 83 kg gesteigert. Wenn ich lang genug lebe, dann mache ich vielleicht noch Boards für Martims Kinder.

Ich schaue mir die junge Generation an und da ist es schwer zu sagen, wer den Sprung macht in dem Alter, da kann ja noch so viel passieren. In die Challenger Series zu kommen, ist sehr schwer, aber wenn, dann würde ich sagen, dass Francisca Vaselka wahrscheinlich am besten darauf vorbereitet ist.

Als jemand, der die Surfkultur von den AnfĂ€ngen nicht nur mitbekommen, sondern auch mit aufgebaut hat: Was wünscht du dir für die Zukunft des Surfens in Ericeira?

Ich glaube nicht, dass ich etwas verĂ€ndern will, Dinge nehmen ihren Lauf, ob es uns gefĂ€llt oder nicht. Aber vielleicht brĂ€uchten wir mehr Kontrolle darüber, wie viele Menschen zur gleichen Zeit ins Wasser gehen. Viele wissen nicht, wie man sich im Line-up verhĂ€lt. Es fehlt an Anleitung, an Respekt, an Grundwissen.

Als ich angefangen habe zu surfen, gab es noch viele Surfer, die keine Leash benutzt
haben, das waren richtige WassermĂ€nner, die brauchten keine. Ich paddelte damals durch die grünen Wellen rein und kam einem Surfer in die Quere, der von seinem Board springen musste und wie gesagt keine Leash umhatte. Das Erste, was er machte, war mir eine pfeffern, dann blĂ€ute er mir ein, dass man nicht über die grünen Wellen reinpaddelt, sondern immer durch das Weißwasser, damit man niemandem die Welle versaut. Das habe ich da gelernt.

Ich will nicht der Grumpy Old Guy sein, aber viel der Schönheit des Surf geht damit verloren. Surfen ist ein grausamer Sport. Stell dir vor: 60 Leute im Wasser, und alle zehn Minuten kommt ein Set mit vielleicht vier oder fünf surfbaren Wellen. Anders als bei anderen Sportarten gibt es hier keine zweite Chance, du kĂ€mpfst oder gehst leer aus.

Wie fühlt es sich an, auf über 40 Jahre Surfgeschichte in Ericeira zurückzublicken?

Ich hĂ€tte nie gedacht, dass Ericeira sich zu dem Surf-Mekka entwickeln würde, das es heute ist. Für mich als Surfboard-Shaper ist es der perfekte Ort: Wir arbeiten mit den besten Surfern zusammen, testen die neuesten Shapes und erleben die Weiterentwicklung des Sports hautnah. Hier gibt es mittlerweile mehr Contests als in Kalifornien, von der World Surf League (WSL) über die WQS-Events auf den Azoren bis hin zum Rip Curl Pro in Peniche. Es waren einfach gute Entscheidungen, die uns hierhergeführt haben. Ericeira bietet eine der besten Wellen Europas und wenn ich die neuen Talente im Wasser sehe, weiß ich: Es hat sich gelohnt.

‘It’s been a really good ride.’

Nick Uricchio
Nick und Lipsticks Surfboards 1981
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